Dresden. Die Zahl der Coronainfektionen in Sachsen steigt sprunghaft. „Die Lage ist wirklich dramatisch“, sagte Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) noch am Freitag nach der Sondersitzung des Kabinetts. Da lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei 385,7. Nur weniger Tage später beträgt der Wert an diesem Montag 491,3 - Sachsen ist damit an der Spitze der betroffenen Bundesländer.
Die Zahl der Infektionen und der Patienten in den Krankenhäusern sei jetzt schon höher als im vergangenen Jahr, so Köpping zuletzt. „Wir haben es nicht geschafft einen Schutzwall aus Geimpften aufzubauen.“ Die Inzidenz bei Ungeimpften betrage 868, bei Geimpften sind es nur 79.
Deswegen verschärft Sachsen nun seine Corona-Regeln. Mit der neuen Verordnung zieht Sachsen einige Regelungen der Überlastungsstufe vor. Sie gelten nun schon in der Vorwarnstufe.
Die neue Verordnung ist am 8. November in Kraft getreten und soll bis 25. November gelten.
Das sind die grundsätzlichen Regelungen für Sachsen:
Der entscheidende Wert bleibt die Bettenbelegung in den Krankenhäusern. Sachsen hat derzeit die Vorwarnstufe erreicht. Sie gilt, wenn mindestens 650 Krankenhausbetten auf den Normalstationen oder 180 Krankenhausbetten der Intensivstationen mit Covid-19-Patienten belegt sind.
Die nächste Stufe ist die Überlastungsstufe. Sie tritt ein, wenn mehr als 1.300 Betten auf Normal- oder 420 Betten auf Intensivstationen mit Covid-19-Patienten belegt sind, oder die Hospitalisierungsrate 12 erreicht wird. Wird der Grenzwert drei Tage lang überschritten, treten am übernächsten Tag strengere Regeln in Kraft. Nach Prognosen des Gesundheitsministeriums wird der Wert am 10./11. November erreicht sein.
Der Wert der Krankenhauseinweisungen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Künftig gilt, dass es bereits ausreicht, wenn die Werte für die Krankenhausbetten auf der Normal- oder Intensivstation erreicht sind.
Kontakte
Kontaktbeschränkungen gibt es, wenn die Vorwarnstufe erreicht ist. Sollte diese Zahl an Covid-19-Patienten überschritten werden, dürfen sich in ganz Sachsen nur zehn Personen ohne Einschränkungen zusammenkommen – egal aus wie vielen Hausständen.
Bei Überschreiten der Überlastungsstufe sind Treffen von Angehörigen eines Haushaltes mit nur einer weiteren Person erlaubt.
Geimpfte, Genesene oder Kinder bis 16 Jahre werden bei allen Vorgaben nicht mitgezählt.
Maskenpflicht
In Bus und Bahn sowie in Taxis werden wieder FFP2-Masken Pflicht. Ausgenommen sind Schülerinnen und Schüler – sie können weiterhin eine medizinische OP-Maske tragen.
Im öffentlichen Raum unter freiem Himmel wird empfohlen eine Maske zu tragen, wenn es nicht möglich ist, anderthalb Meter Abstand zu anderen Personen einzuhalten. Bei einer Inzidenz unter 10 entfällt wie bisher die Pflicht zum Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes beim Einkaufen in Läden und Geschäften, wenn der empfohlene Mindestabstand eingehalten werden kann.
Die Maskenpflicht bei körpernahen Dienstleistungen gilt weiterhin. In ambulanten und stationären Pflegeheimen müssen geimpfte und genesene Besucher, Bewohner und Mitarbeiter keine FFP-2-Masken mehr tragen.
Testpflicht
Liegt die Inzidenz über 35, gelten Testpflichten. Wenn der Wert in einem Landkreis oder einer Großstadt an fünf aufeinanderfolgenden Tagen überschritten wird, müssen Besucher ab dem übernächsten Tag ihre Kontaktdaten hinterlassen und einen Test-, Genesenen- oder Impfnachweis vorgelegen.
Das gilt unter anderem für:
Wenn körpernahe Dienstleistungen, Fitnessstudios oder Bäder zu medizinisch notwendigen Zwecken genutzt werden, gilt keine Testpflicht.
Beschäftigte, die direkten Kundenkontakt haben, müssen sich weiterhin verpflichtend zweimal in der Woche testen lassen. Als Ergänzung sollen die Arbeitgeber allen Mitarbeitern ab Vorwarnstufe dreimal wöchentlich einen Test anbieten. Es wird „dringend empfohlen“, dass alle Mitarbeiter – wenn möglich – im Homeoffice arbeiten.
Die Testpflicht für Urlaubsrückkehrer bleibt unabhängig von der Inzidenz bestehen. Wer mindestens fünf Werktage wegen Urlaubs, Zeitausgleich oder vergleichbaren Dienst- oder Arbeitsbefreiungen nicht an seinem Arbeitsplatz war, muss einen negativen Test vorlegen. Geimpfte und Genesene müssen sich nicht testen lassen, aber dem Arbeitgeber einen Nachweis über ihre Impfung und Genesung zeigen. Arbeitgeber sind verpflichtet, den Beschäftigten die Tests kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
Als geimpft gilt, wer zwei Impfungen erhalten hat. Die letzte Impfung muss mindestens 14 Tage zurückliegen. Die Impfung muss mit einem in der Europäischen Union zugelassenen Impfstoff gemacht worden sein - das sind derzeit die Vakzine von Biontech, Moderna, Astrazeneca und Johnson & Johnson.
Dass man genesen ist, soll man ebenfalls belegen müssen - und zwar mit einem Nachweis eines positiven PCR-Labortests, der mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate zurückliegt oder mit einer ärztlichen Bescheinigung. Menschen, deren Covid-19-Erkrankung länger als sechs Monate zurückliegt, brauchen eine einmalige Impfung.
Die jeweiligen Nachweise sind nur im Original gültig. Wenn man den Original-Test-Nachweis nicht mehr habe, kann man sich diesen bei derselben Stelle auch noch einmal nachträglich bescheinigen lassen. Man muss außerdem frei von Krankheitssymptomen sein.
Schulen und Kitas
Schulen und Kitas sollen unabhängig vom Infektionsgeschehen offen bleiben. Alle weiterführenden Schulen müssen nicht mehr automatisch in den Wechselunterricht gehen und Grund- und Förderschulen sowie Kindertageseinrichtungen die Kinder wieder in festen Klassen oder Gruppen betreuen, wenn die Überlastungsstufe erreicht ist. Im Einzelfall kann das Kultusministerium aber Wechselunterricht und eingeschränkten Regelbetrieb anordnen sowie Schulen und Kitas ganz schließen, wenn es Corona-Ausbrüche gibt. Entscheidend dafür sei das Infektionsgeschehen an der betroffenen Schule vor Ort
Da die Vorwarnstufe erreicht ist, bleibt es dabei, dass Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer im Unterricht eine Maske tragen müssen. Das gilt ab Klasse 5 an weiterführenden Schulen. Grund- und Förderschüler müssen keine Masken im Unterricht tragen. Im Schulhaus und auf dem Schulgelände gilt weiterhin an allen Schulen Maskenpflicht, wenn die Inzidenz in dem Landkreis oder der Großstadt über 35 liegt. Das ist derzeit in allen Regionen Sachsens der Fall.
Es bleibt bei der Testpflicht für den Zutritt in Schulen. Bei Inzidenz unter 10 müssen sich alle Schülerinnen und Schüler sowie das gesamte Personal in Schulen und Kitas einmal pro Woche selbst testen oder testen lassen. Bei Inzidenz über 10 sind zwei Tests pro Woche Pflicht. Ausgenommen sind nur geimpfte und genesene Personen.
Generell gilt die Schulbesuchspflicht. Es ist also nicht mehr möglich, die Kinder mit Verweis auf das Coronavirus vom Unterricht in der Schule zu befreien.
Kultur und Freizeit
Kultureinrichtungen wie Museen, Galerien, Freizeit- und Vergnügungsparks, Zoos und botanische Gärten, Kinos, Theater, Bühnen, Opernhäuser, Konzerthäuser, Konzertveranstaltungsorte, Musiktheater und ähnliche Einrichtungen für Publikum bleiben geöffnet. Das gilt auch für Clubs, Diskotheken und Musikclubs sowie Indoorspielplätze, Zirkusse, Spielhallen und sonstige gewerbliche Freizeitaktivitäten.
Ab Inzidenz über 35 muss für bestimmte Bereiche aber ein negativer Corona-Test vorgelegt werden. Ab der Vorwarnstufe wird das 2G-Modell Pflicht. Zugang zu Veranstaltungen in Innenräumen, Freizeit- und Kultureinrichtungen, Diskotheken, Clubs und Bars haben nur noch Menschen, die geimpft oder genesen sind. In diesen Bereichen müssen abseits des eigenen Platzes auch wieder Masken getragen und Abstände eingehalten werden – damit gibt es Kapazitätsbeschränkungen.
Ausnahmen gibt es nur für Kinder- und Jugendliche bis 16 Jahre sowie Menschen, die sich nicht impfen lassen können. Sie benötigen aber einen Test.
Großveranstaltungen
Auch bei Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern ist schon ab der Vorwarnstufe das 2G-Modell Pflicht. Zugang haben nur Geimpfte und Genesene – etwa bei Fußballspielen der Bundesliga. Drinnen und im Freien gelten Höchstgrenzen für die Besucherzahl: Bei maximal 50-prozentiger Auslastung sind höchstens 25.000 Besucherinnen und Besucher gleichzeitig erlaubt.
Weihnachtsmärkte
Kleine Weihnachtsmärkte mit unter 1.000 Besuchern können ohne 2G-Regel, Kontakterfassung und Maskenpflicht stattfinden. Ab der Vorwarnstufe müssen die Veranstalter größerer Märkte Flanier- und Verweilbereiche einrichten, wenn sie auf die 2G-Regel, Kontakterfassung und Maskenpflicht verzichten wollen. In den Bereichen von Ständen mit Essen oder Trinken und vor den Bühnen dürfen dann aber nicht mehr als 1.000 Besucher gleichzeitig anwesend sein. Andernfalls sind Kontakte zu erfassen, die 2G-Nachweise zu kontrollieren, und es gilt Maskenpflicht.
Einzelhandel
Als Grundsatz gilt, dass „die Öffnung, Inanspruchnahme und der Betrieb von Geschäften, Einrichtungen, Unternehmen, Veranstaltungen und sonstigen Angeboten inzidenzunabhängig gestattet“ ist.
Gastronomie
In der Innengastronomie müssen Gäste ab dem einem Inzidenzwert über 35 ihre Kontakte hinterlassen und einen Test-, Genesenen- oder Impfnachweis vorgelegen. Wird die Vorwarnstufe überschritten, dürfen nur noch Geimpfte und Genesene in die Innenräume von Restaurants.
Sport
Alle Sportstätten und Hallenbäder dürfen öffnen. Besucher müssen ab Inzidenz über 35 ihre Kontakte hinterlassen und einen Test-, Genesenen- oder Impfnachweis vorgelegen. Gilt die Überlastungsstufe, haben nur noch Geimpfte und Genesene Zugang zu Hallenbädern, Saunen und Sport im Innenbereich.
Hotels und Tourismus
Touristische Angebote sind erlaubt. Auch für Touristen in Hotels und Pensionen ist bei Inzidenz über 35 bei der Anreise die Vorlage eines negativen Tests, eines Genesenen- oder Impfnachweises verpflichtend. Das gilt nicht für die Nutzung von Campingplätzen und die Vermietung von Ferienwohnungen. Auch für touristische Bus- und Bahnreisen gilt die 3G-Regel.
Wird die Überlastungsstufe erreicht, dürfen nur noch geimpfte und genesene Touristen beherbergt werden. Eine Ausnahme gilt für Dienstreisen: bei nicht-touristischen Beherbergungen reicht weiterhin ein
negativer Antigen-Schnelltest aus.
Dienstleistungen
Generell sind körpernahe Dienstleistungen wie Friseure, Kosmetik, Tattoo-Studios oder Fußpflege erlaubt. Bei einer Inzidenz über 35 müssen Kunden einen Test vorlegen oder nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Wird die Überlastungsstufe erreicht, haben nur noch Geimpfte und Genesene Zugang zu diesen Angeboten.
Wenn körpernahe Dienstleistungen, Fitnessstudios oder Bäder zu medizinisch notwendigen Zwecken genutzt werden, gilt keine Test- oder Nachweispflicht.
Pflegeheime
Um Pflegeeinrichtungen besser zu schützen, muss künftig sämtliches Personal und auch externe Dienstleister täglich getestet werden. In Krankenhäusern und Einrichtungen der Eingliederungshilfe gilt diese Testpflicht für Personal, das am Patienten tätig ist. Es wird dringend empfohlen, dass auch genesene und geimpfte Beschäftigte getestet werden.
Demonstrationen
Versammlungen und Demonstrationen sind erlaubt - es gilt die Maskenpflicht und das Abstandsgebot. Ist die Vorwarnstufe erreicht, dürfen sie nur ortsfest mit maximal 1.000 Teilnehmenden stattfinden. In der Überlastungsstufe sind nur maximal zehn Personen erlaubt. Geimpfte und Genesene werden bei den Teilnehmerzahlen mitgezählt.
Kontrollen
Sachsen will die Kontrollen verstärken. Mit einem Erlass werden alle Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet, mindestens drei Kontrollteams für die Corona-Maßnahmen aufzustellen. Sie sollen täglich im Einsatz sein und aus je einem Mitarbeiter des Ordnungs-, des Gesundheitsamtes und der Polizei bestehen. Zur Unterstützung in den Gesundheitsämtern soll auch die Bundeswehr wieder zum Einsatz kommen. Sie soll vor allem bei der Kontaktnachverfolgung helfen.
CoronaCast zur aktuellen Lage: In der am 3. November erschienen Folge des CoronaCast schildert der Dresdner Virologe Alexander Dalpke die Lage, und wieso die nächsten Wochen entscheidend werden können. Die komplette Folge hören Sie über den hier eingebetteten Player. Mehr zum Thema in diesem Artikel: "Die Dynamik ist stärker als bei früheren Coronawellen"
Hier gibt es die komplette Verordnung zum Nachlesen.