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Landkreis SOE: Erste Arztpraxen schließen wegen Impfpflicht

Zwei Fälle sind der Kassenärztlichen Vereinigung bekannt. Betroffen sind auch Patienten in Pretzschendorf und Neustadt.

Von Gunnar Klehm & Anja Weber
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So wie hier bei einer angemeldeten Demonstration der Freien Sachsen in Heidenau protestieren jeden Montag Menschen gegen Corona-Maßnahmen wie die Impfpflicht.
So wie hier bei einer angemeldeten Demonstration der Freien Sachsen in Heidenau protestieren jeden Montag Menschen gegen Corona-Maßnahmen wie die Impfpflicht. © Marko Förster

Die einrichtungsbezogene Impfplicht, die seit 16. März dieses Jahres für Beschäftigte in medizinischen und Pflegebereichen gilt, hat dazu geführt, dass jetzt mindestens zwei Arztpraxen geschlossen wurden. Das gilt laut Kassenärztlicher Vereinigung Sachsen (KVS) für das gesamte Gebiet der Landkreise Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Meißen, Bautzen und Görlitz sowie der Stadt Dresden.

Diese zwei Praxen sind "ausdrücklich aufgrund der Impfpflicht im Gesundheitswesen aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschieden", teilt die KVS auf Nachfrage mit. Eine der beiden Praxen habe ganz geschlossen. Die zweite hat ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung "für einen bestimmten Zeitraum zum Ruhen gebracht".

Freiwillige Schließung

Das wollte die KVS zwar nicht offiziell bestätigen, aber mit großer Wahrscheinlichkeit gehört die Arztpraxis von Sissula Behnisch in Pretzschendorf dazu. Dort ist keine Ärztin mehr zu erreichen. An der Tür ist ein Hinweis auf den Grund der Schließung angebracht. Der wird mit "gesetzliche Anordnung zur (Zwangs-)Durchführung medizinischer Maßnahmen" beschrieben. Damit kann im zeitlichen Zusammenhang nur die Impfpflicht gemeint sein. Sissula Behnisch war für Sächsische.de für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Hinweis am Eingang der Arztpraxis von Sissula Behnisch in Pretzschendorf.
Hinweis am Eingang der Arztpraxis von Sissula Behnisch in Pretzschendorf. © Foto: SZ/Anja Ehrhartsmann

Ebenfalls hat jetzt Ärztin Kathrin Junghannß auf der Rosa-Luxemburg-Straße in Neustadt ihre Praxis geschlossen. Das hänge mit dem Infektionsschutzgesetz zusammen, sagt sie. Mehr wolle sie nicht sagen, da sie "in die Staatsmedien das Vertrauen verloren hat".

Bei einem Verzicht auf die jeweilige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung muss der KVS kein Grund genannt werden. Will ein Arzt die Zulassung aber nur ruhen lassen, müssen jedoch Gründe genannt werden, die auf eine Wiederaufnahme der Tätigkeit schließen lassen, heißt es von der KVS.

Kein Kinderarzt mehr

Nicht jede Praxis-Schließung ist auch auf die Impfpflicht zurückzuführen. Das gibt es immer mal wieder aus Altersgründen oder wegen Umzug. Es könnten demnächst aber weitere Praxen hinzukommen, die wegen nicht erbrachter Immunitätsnachweise schließen müssten. Das soll aber nur passieren, wenn die Versorgungssicherheit nicht gefährdet wird, heißt es vom Gesetzgeber. Noch läuft das Verfahren zur Impfpflicht. Bis das mit Anhörung und Abwägung der Verhältnismäßigkeit abgeschlossen ist, geht noch einige Zeit ins Land.

In einer Praxis in Sebnitz wurden Patienten aber schon mal darauf hingewiesen, dass für diese möglicherweise eine Schließung droht, weil das Personal nicht ausreichend geimpft ist. Ob das tatsächlich eintritt, ist weiter unklar.

Bei Facharztpraxen ist das fast ausgeschlossen, weil es daran in ländlichen Regionen in Sachsen mangelt. Nur in einigen Fachgruppen gibt es Wartelisten von Ärzten, die sich im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge niederlassen wollen. Die Versorgung nach Bedarfsplan ist dort abgedeckt. Bei Hausärzten sieht das aber anders aus. "Bei diesen Ärzten gibt es eine solche Liste nicht", teilt die KVS mit.

Erfolglose Gesprächsangebote

Bei einer zurückgegebenen Zulassung kann sich in der Regel jemand anderes darum bewerben. Es sei denn, es gibt bereits eine Überversorgung in dem betreffenden Gebiet. Im Fall von Pretzschendorf kann davon aber nicht die Rede sein.

Schon Anfang des Jahres gab es dort eine Unterschriftenaktion im Ort zum Erhalt der Arztpraxis, die auch die kinderärztliche Betreuung abgedeckt hatte. Offensichtlich ohne Erfolg. Nun müssen Eltern mit ihren Sprösslingen nach Freital oder Freiberg, um sich im Krankheitsfall einem Kinderarzt vorzustellen.

Ruht eine Zulassung aber nur, kann nicht so einfach eine andere Praxis in dem Gebiet eröffnen. Die Praxis, auch wenn sie nicht geöffnet hat, wird weiter in der ärztlichen Bedarfsplanung mitgezählt. Laut KVS ist das Ruhen einer Zulassung längstens für zwei Jahre zulässig. Bei Arztpraxen, bei denen die Inhaber die Zulassung zurückgegeben haben, entscheidet der Zulassungsausschuss Ärzte über eine Nachbesetzung.

Die Kassenärztliche Vereinigung hat den beiden Ärzten, die wegen der Impfpflicht ihre Praxen freiwillig geschlossen haben, noch mal ein Gesprächsangebot gemacht, um die Schließung möglichst abzuwenden. Das sei jedoch erfolglos gewesen, heißt es.