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Bischheim: 50 Corona-Fälle im Pflegeheim

Sowohl Bewohner als auch Mitarbeiter wurden positiv getestet. Der Alltag in der Einrichtung ist derzeit nur schwer zu bewältigen. Jetzt hilft die Bundeswehr.

Von Heike Garten
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Das Pflegeheim in Bischheim bekommt Hilfe vom Aufklärungsbataillon Gotha der Bundeswehr. Vier Soldaten sind im Einsatz.
Das Pflegeheim in Bischheim bekommt Hilfe vom Aufklärungsbataillon Gotha der Bundeswehr. Vier Soldaten sind im Einsatz. © Matthias Schumann

Haselbachtal. Von einer Katastrophe und einer Herausforderung zugleich spricht der Geschäftsführer der Pflegeheim Pulsnitz Gesellschaft Henry Mülder. Das zum Unternehmen gehörende Pflegeheim in Bischheim ist zu einem Corona-Hotspot im Landkreis Bautzen geworden.

"Trotz intensiver hygienischer Maßnahmen, umgesetzter Gesundheitskonzepte und sehr stark begrenztem Besucherverkehr hat es uns erwischt. Etwa 30 Bewohner und 20 Mitarbeiter sind vom Corona-Virus betroffen", so Henry Mülder. Tagesaktuelle Zahlen kann der Geschäftsführer nicht nennen, weil Testergebnisse noch ausstehen. Inzwischen helfen vier Bundeswehrsoldaten in der Einrichtung.

Die tägliche Arbeitssituation im Pflegeheim ist äußerst schwierig. "Da wir hier eine Mischung von positiv und negativ getesteten Personen haben, ist der Ablauf im Haus wahnsinnig kompliziert und zeitintensiv", erklärt Henry Mülder. Mann wolle auf keinen Fall, dass das Virus von einem zu anderen getragen werde.

An die Mitarbeiter in der Einrichtung werden jetzt noch höhere Anforderungen bezüglich der Hygiene gestellt. So muss zum Beispiel nach jedem Besuch im Zimmer eines Bewohners die persönliche Schutzausstattung neu angelegt werden. "Den ganzen Tag unter Vollschutz zu laufen, ist wirklich kein Vergnügen", so Mülder. Der persönliche Kontakt mit den Heimbewohnern sei auch deshalb schwierig, weil die Senioren viele ihrer Betreuer nicht erkennen und gar nicht wissen, was los ist.

Große Ausfälle beim Personal

Von den infizierten Bewohnern im Bischheimer Heim mussten fünf medizinisch behandelt werden. "Das alles passierte in enger Abstimmung mit den behandelnden Ärzten", erklärt der Geschäftsführer. Auch mehrere Mitarbeiter des Pflegeteams hat es hart erwischt. Bei ihnen sind deutliche Krankheitssymptome aufgetreten, so dass sie nicht mehr arbeiten konnten. Obwohl mehrere Mitarbeiter mit mittleren Symptomen ihre Hilfe angeboten haben, wurden sie krank geschrieben oder kamen in Quarantäne. "Sicherheit und Gesundheit geht immer vor, das gilt für die Bewohner wie auch die Kollegen", so Henry Mülder.

Das hat Auswirkungen auf die Pflegesituation insgesamt. Die Leiterin der Einrichtung, Katrin Hermann, hat sich gleich zu Beginn des Corona-Ausbruchs im Haus bemüht, entsprechende Kräfte zu mobilisieren. So gab es Gespräche mit anderen Pflegeeinrichtungen und Sozialdiensten, die zum Unternehmen gehören. "Leider hat es uns fast zeitgleich in fast allen Häusern mit Corona erwischt, und überall sind große Ausfälle bei den Mitarbeitern zu verzeichnen", so Mülder. Die Versorgung der Bewohner war und ist aber zu jeder Zeit gegeben, wenn auch unter sehr schweren Bedingungen.

Soldaten bringen Essen und räumen ab

Das ist auch ein Grund, warum seit Dienstag Soldaten der Bundeswehr im Pflegeheim in Bischheim im Einsatz sind. Der Geschäftsführer ist sehr dankbar für diese Hilfe. Das Hilfsangebot war seiner Ansicht nach "professionell organisiert". Er ist froh über die schnelle Entscheidung. Die Soldaten werden vor allem für allgemeine Tätigkeiten eingesetzt. Das heißt, sie bringen das Essen und die Getränke aufs Zimmer und räumen auch das Geschirr wieder heraus.

Außerdem unternehmen sie mit Bewohnern kleine Spaziergänge im Haus oder im Garten - natürlich immer nur mit einem Bewohner allein, um weitere Infektionen zu vermeiden. Außerdem helfen die Soldaten bei Desinfektionsarbeiten. Derzeit sind zwei Bundeswehrangehörigen im Frühdienst und zwei im Spätdienst eingesetzt.

Mit dem Einsatz der Soldaten tauchte ein weiteres Problem auf. Sie mussten in der Nähe des Pflegeheimes untergebracht werden, damit die Arbeitswege nicht so lang sind. Hier half die Gemeindeverwaltung. "Wir haben uns umgehört und Übernachtungsmöglichkeiten in Haselbachtal und im Nachbarort gefunden", erklärt Bürgermeisterin Margit Boden (Freie Wähler). Ohnehin stehe sie im ständigen Kontakt mit dem Heim und dem Betreiber, um gegebenenfalls weiter zu helfen. Kritik übt sie am Landratsamt. Man bekomme keine Informationen aus der Behörde, auch nicht vom Gesundheitsamt. "Das ist für alle Betroffenen eine schwierige Situation", sagt sie.

Besuche von Angehörigen sind nicht möglich

Auch Bürger der Gemeinde haben ihre Hilfe angeboten. "Wir sind mehrfach angesprochen worden, ob wir Hilfe brauchen. Zur Zeit lassen wir aber niemanden ins Haus, um nicht zur Verbreitung des Virus beizutragen", erklärt Henry Mülder. Er schlägt aber vor, dass etwas im Außenbereich organisiert werden könne, um alle ein wenig abzulenken. Beim letzten Lockdown im Frühjahr habe es Konzerte und Vorführungen gegeben.

Besuche von Angehörigen sind derzeit nicht möglich. Das Pflegeheim ist für Gäste komplett geschlossen. Das ist für alle Betroffenen keine leichte Situation. Henry Mülder möchte in diesem Zusammenhang aber noch einmal allen danken: den eigenen Mitarbeitern, den Soldaten, der Gemeinde, den Angehörigen und natürlich denen, die ihre Hilfe angeboten haben. Nur zusammen könne man diese Krise meistern, sagt er.

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