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Döbelner Kinderarzt: "Eltern sind verunsichert"

Die Erkältungssaison hat begonnen. Noch kann Kinderarzt Dr. Eckhardt Erdmann den Ansturm bewältigen.

Von Maria Fricke
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Herbstzeit ist Erkältungszeit. Auch in der Region Döbeln gibt es jetzt vermehrt Atemwegsinfekte.
Herbstzeit ist Erkältungszeit. Auch in der Region Döbeln gibt es jetzt vermehrt Atemwegsinfekte. © SZ/Uwe Soeder

Region Döbeln. Husten, Schnupfen, Fieber – was in den vergangenen Jahren zum Herbst und Winter als Normal mit dazugehörte, treibt in diesem Jahr manchen Eltern die Schweißperlen auf die Stirn. Sind das Anzeichen für einen Corona-Infekt? 

Trotz des Leitfadens, den der Freistaat Sachsen für Eltern herausgegeben hat, herrscht vielerorts Unsicherheit. Nicht nur bei den Eltern, auch in den Betreuungseinrichtungen und Schulen. Also machen sich viele auf den Weg zum Kinderarzt. Doch wie wird dort der Ansturm bewältig? Sächsische.de hat nachgefragt, bei Dr. Eckhardt Erdmann. Er betreibt an der Grimmaischen Straße in Döbeln gemeinsam mit Susan Bley eine Kinderarztpraxis.

Herr Dr. Erdmann, spüren Sie in Ihrer Praxis bereits die Erkältungswelle?

Ja, seit gut einem Monat kommen vermehrt Patienten mit Infekten der oberen Atemwege. Betroffen sind alle Altersgruppen vom Baby bis zum Teenager. Der Andrang ist coronabedingt größer als in den letzten Jahren zu der Zeit.

Können Sie den Ansturm noch gut bewältigen?

Ja, noch reicht die Kapazität der Praxis aus, um den Ansturm zu bewältigen. Termine für Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen werden wie geplant durchgeführt. Um die eigentlich gesunden, bestellten Patienten von den erkrankten zu trennen, gibt es die Akutsprechstunde. Inzwischen haben sich Eltern und Patienten gut daran gewöhnt, dass Krankheitsfälle nur vormittags ab 8 Uhr behandelt werden.

Wie nehmen die Patienten und Angehörigen die Hygieneregeln in der Praxis an?

Es ist wichtig, dass sich eine Arztpraxis nicht zum Hotspot entwickelt. Daher wird auch auf die entsprechenden Abstände in der Praxis geachtet. Auch wenn das mitunter bedeutet, dass bei großem Andrang Eltern und Kinder im Treppenhaus warten müssen, leider. Doch mir stehen keine weiteren Räumlichkeiten zur Verfügung. Aber ich bin froh darüber, dass sich die Patienten und Angehörige an die Hygienevorschriften halten. Es gibt niemanden, der offensichtlich dagegen verstößt.

Dr. Eckhardt Erdmann ist Kinderarzt in Döbeln. Er betreibt eine Praxis an der Grimmaischen Straße. Dort ist auch Kinderärztin Susann Bley für die Patienten da.
Dr. Eckhardt Erdmann ist Kinderarzt in Döbeln. Er betreibt eine Praxis an der Grimmaischen Straße. Dort ist auch Kinderärztin Susann Bley für die Patienten da. © André Braun/Döbelner Anzeiger

Testen Sie alle Patienten mit Erkältungssymptomen auf das Coronavirus?

Wir entscheiden von Fall zu Fall. Gerade bei Infekten der tiefen Atemwege werden aus differentialdiagnostischen Gründen oft Tests durchgeführt.. Auch wenn der Patient in Kontakt mit einem Infizierten stand oder der Verdacht besteht, dass er Kontakt gehabt hat, wird getestet. Zudem gibt es auch Anfragen von Eltern nach einem Test. Der muss dann aber selbst gezahlt werden.

Der Freistaat Sachsen eine Empfehlung für Eltern für den Umgang mit erkrankten Kindern herausgegeben. Wie hilfreich ist dieser?

Der Leifaden ist wirklich sehr hilfreich. Er wird in den nächsten Wochen noch mehr an Bedeutung gewinnen und sich durchsetzen. Aber es wurde auch Zeit, dass wir so etwas in die Hand bekommen. Der Handzettel liegt auch bei uns in der Praxis aus und wird den Eltern mitgegeben.

Wie gehen die Kindereinrichtungen und Schulen in der Region mit erkälteten Kindern um?

Alle handeln nach den gesetzlichen Vorgaben. Aber es gibt Einrichtungen, die sind kulanter und andere, die lassen keinen Spielraum. Das ist zum Teil auch Auslegungssache, verunsichert aber die Eltern und Mitarbeiter. Wir haben immer wieder auch Attestanfragen. Da gibt es schon immer noch skurrile Entwicklungen.

Im Juni wurden die Zeiten für den kinderärztlichen Bereitschaftsdienst an den Wochenenden, Feiertagen sowie Mittwoch und Freitag eingekürzt. Welche Erfahrungen haben Sie bisher damit gemacht?

Trotz der kürzeren Sprechzeiten haben wir bisher alles gut managen können. Wenn jetzt der Ansturm kommt, kann sich das aber ändern. Wichtig ist, dass die umliegenden Kinderkliniken die in der Nacht anfallenden Patienten übernehmen. Da hat bis jetzt aber immer funktioniert.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zwischenzeitlich von Fieberpraxen gesprochen. Was halten Sie als Kinderarzt davon?

Ich würde das sehr begrüßen. Aber welcher Arzt soll das machen? Denkbar wäre auch, eine Fiebersprechstunde in den Praxen einzurichten. Aber wir haben schon vier Tage in der Woche nachmittags geöffnet und jeden Tag am Vormittag. Ich wüsste nicht, wann ich das machen sollte. Schließlich arbeiten bei uns auch nur Menschen, die selbst eine Familie haben.

Haben Sie noch einen Rat an die Eltern in dieser Zeit?

Um eine Ausbreitung von Infekten zu vermeiden, rate ich dazu, dass Kinder mit nur leichten Infekten ohne Fieber lieber zu Hause auskurieren sollten, ohne dafür gleich zum Arzt zu kommen und sich dort vielleicht eine Infektion einzufangen. Denn dieses Risiko gibt es immer. Vielleicht kann ja jemand anderes die Betreuung zu Hause übernehmen.

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