Dresden: Wie wird das Leben in der Omikron-Welle laufen?

Dresden. Bislang sind in Dresden lediglich 245 Omikron-Fälle nachgewiesen worden und die vierte Corona-Welle ist gerade am Abklingen. Die Furcht vor der nächsten Welle, angefacht von der neuen Virusvariante, ist jedoch groß. Mit einem Personalausfall von 40 bis 50 Prozent wird in der Dresdner Stadtverwaltung gerechnet, hatte Gesundheitsbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) in dieser Woche im SZ-Interview gesagt. Eine Größenordnung, die sich auf viele andere Branchen übertragen lässt und zu der Frage zwingt: Wie sollen medizinische Versorgung, Kinderbetreuung und Stromversorgung sichergestellt sein, wenn so viele Menschen nicht arbeiten können? Sächsische.de hat sich beim Kita-Eigenbetrieb und bei freien Trägern, der Ärztekammer und den Stadtwerken umgehört.
Bleibt die Kinder-Betreuung abgesichert?
Dresdner Eltern sorgen sich, ob und wie die Kinderbetreuung in Kita und Hort abgesichert wird, wenn es durch die Omikron-Welle vermehrt zu Quarantäne-Fällen kommt. "Wir sind krisenerprobt und haben Notfallpläne – allerdings sind Krankheit und damit Personalausfall nicht planbar", sagt Franziska Steingasser, Sprecherin des Trägers Outlaw, der in Dresden mehrere Kitas betreibt. Man müsse auf die aktuelle Lage reagieren, diese könne aber nicht schon heute vorgedacht werden. "Das macht vor allem die kurzfristige Information und Kommunikation mit Eltern schwierig."
Ab einer Ausfallquote von 30 Prozent würden die Einrichtungen an die Belastungsgrenze kommen. "Personal vorzuhalten, ist kaum möglich – das ist aber nicht pandemiebedingt, sondern ein grundsätzliches Problem, auf das wir schon länger hinweisen." Daher fordere man eine Anpassung des gesetzlich festgelegten Personalschlüssels.
Bei Outlaw gebe es bereits jetzt verkürzte Öffnungszeiten, um den "eingeschränkten Regelbetrieb" mit der Betreuung in festen Gruppen zu realisieren. Bei weiteren Personal-Ausfällen seien weitere Kürzungen möglich. Sollten mehr als 30 Prozent der Mitarbeiter ausfallen, müsse die Einrichtung in den Notbetrieb übergehen und es könnten nur noch die Kinder von Eltern, die in systemrelevanten Berufen tätig sind, betreut werden. Dazu gehören Feuerwehrleute, Ärzte, Pflegekräfte, Polizisten, aber auch Verkäufer im Lebensmitteleinzelhandel und Mitarbeiter der Abfallwirtschaft.
"Unser Ziel ist natürlich, die Betreuung aller Kinder und die Qualität der pädagogischen Arbeit sicherzustellen. Doch wir spüren täglich, wie wenig planbar das ist und wie sehr unser Gestaltungsspielraum von vielen verschiedenen und sich ständig ändernden Zusammenhängen betroffen ist – und das ist sehr belastend für unsere Kollegen in den Einrichtungen", so Ulrike Herlt, Bereichsleiterin Kindertagesbetreuung bei Outlaw.
Geschäftsführer Dirk Luther unterstreicht noch einmal die Forderung nach einem besseren Betreuungsschlüssel. "Die Arbeitsbedingungen sind weder für unsere Beschäftigten gut, noch für die Kinder und deren Familien. Nicht erst seit Pandemiebeginn ist der Personalschlüssel unzureichend – aber er wird nun umso deutlicher sichtbar. Deshalb fordern wir schon länger einen verbesserten Betreuungsschlüssel."
Auf Teilschließungen stimmt auch Sabine Bibas, die Leiterin des Kita-Eigenbetriebes der Stadt, ein. Zum Betrieb gehören alle kommunalen Kitas und Horte. Bibas sagt: "Sollte eine Vielzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus oder einer angeordneten häuslichen Quarantäne dem Dienst fernbleiben müssen, werden zuerst die Kinder nicht mehr betreut, deren Eltern nicht aus systemkritischen Berufen kommen". Der Elternbeitrag werde in diesem Fall erstattet. Die Betreuung der Kinder in festen Gruppen mit festen Bezugspersonen sei bekanntermaßen sehr personalintensiv. "Insbesondere eine gruppenübergreifende Betreuung im Früh- und Spätdienst ist damit nicht ohne Weiteres möglich."
Die jeweils angebotene Öffnungszeit richte sich daher nach den personellen Möglichkeiten der jeweiligen Einrichtungen.
Ist die medizinische Versorgung gesichert?
"Wir werden auf die Hilfe von Ärzten, Schwestern und Pflegepersonal im Ruhestand angewiesen sein", sagt Erik Bodendieck, Präsident der Landesärztekammer. Denn auch bei den niedergelassenen Ärzten werde es vermutlich zu Personalausfällen kommen. Anders als bei der Dresdner Stadtverwaltung, die mit 40 bis 50 Prozent weniger Mitarbeitern in der Omikron-Welle rechnet, sei die Größenordnung bei den Medizinern nicht absehbar. "Arztpraxen sollten sich unbedingt auf die neue Welle vorbereiten, indem sie Praxisabläufe in Verbindung mit Hygieneschutzmaßnahmen optimieren und Patienten je nach Dringlichkeit einbestellen."
Die Versorgung von Akutpatienten werde über die Hausärzte, den ärztlichen Bereitschaftsdienst und im Notfall über die Notaufnahmen der Kliniken sichergestellt, so Bodendieck weiter.
Wie viele Ärzte und Pflegekräfte geimpft sind, ist unklar. Der Ärztepräsident beruft sich auf eine bundesweite Umfrage vom August letzten Jahres, wonach 95 Prozent der Ärzte und 90 Prozent des übrigen Personals geimpft seien. "Im Krankenhaus lag die Impfquote im November laut Aussagen der ärztlichen Direktoren unter den Ärzten ebenfalls bei über 90 Prozent." In der Leipziger Uniklinik seien 93 Prozent der Ärzte und 84 Prozent in der Pflege geimpft. Im Uniklinikum Dresden sehe es ähnlich aus.
Wie wird die Stromversorgung gesichert?
Die nächste Welle ist beim städtischen Strom- und Wasserversorger Sachsen-Energie ebenfalls ein großes Thema. "Gerade in den rund um die Uhr besetzten Leitstellen und Kraftwerken haben Schutzmaßnahmen Priorität. Diese stellen wir mit getrennten Schichtsystemen, Hygienekonzepten und Notfallschichtplänen für die systemrelevante Arbeit sicher", sagt Sprecherin Viola Martin-Mönnich.
Ein Großteil der Belegschaft mit Büroarbeitsplatz arbeite aktuell von zu Hause aus. "Bisher gibt es keine Anzeichen für coronabedingte Versorgungsausfälle. Wir sehen uns auch für die nächste Welle gut vorbereitet", sagt sie. Auch in den Kundentreffs sei man vorbereitet. "Wir halten uns beim Kundenverkehr an die gesetzlichen Regelungen und haben aktuell keine Pläne, die Öffnungszeiten unserer Energie-Treffs zu verkürzen." Mit der prognostizierten Omikron-Welle könne es sein, dass man nachschärfen müsse.