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Hotelchefin: Die Politiker haben einen Vogel

Mit den Corona-Lockerungen über die Feiertage sind Übernachtungen in Hotels und Pensionen möglich. In der Branche ist das allerdings umstritten.

Von Anja Weber
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Und jetzt nur für ein paar Tage öffnen? Petra Morgenstern, die Chefin vom Berghotel Bastei in Lohmen, hat dazu eine klare Meinung.
Und jetzt nur für ein paar Tage öffnen? Petra Morgenstern, die Chefin vom Berghotel Bastei in Lohmen, hat dazu eine klare Meinung. © Dirk Schulze

An Weihnachten die Familie in der Sächsischen Schweiz besuchen und anschließend in einem Hotel oder einer Pension zu übernachten - das ist in Sachsen möglich. Hotels und Pensionen dürfen zwischen dem 23. und 28. Dezember für solche Familienbesuche, aber nicht für Touristen öffnen. Doch wenn die Landesregierung dachte, mit dieser Lockerung der Branche entgegenzukommen, dürfte sie enttäuscht worden sein, zumindest teilweise.

Denn die meisten Hotels in der Sächsischen Schweiz werden über die Feiertage für ein oder zwei Übernachtungen nicht öffnen. Der Beschluss stößt vielmehr auf Unverständnis. Die Reaktionen sind zum Teil heftig. Es gibt aber auch Unternehmen, die sehen das ganz anders. Sächsische.de hat sich umgehört und einige Meinungen zusammengetragen.

So sehen das die Hoteliers in der Sächsischen Schweiz

Petra Morgenstern wird ihr Berghotel Bastei in Lohmen über Weihnachten ganz sicher nicht für Übernachtungen zu Familien- und Verwandtenbesuchen öffnen. Von der Lockerung über die Feiertage hält sie überhaupt nichts. "Die Politiker haben doch einen Vogel", sagt die Hotelchefin. Für ein paar Tage lohne es sich nicht, ein so großes Hotel für zwei oder drei Gäste hochzufahren. Zum einen wären die Kosten nicht vertretbar. Zum anderen wäre das ganze überhaupt nicht beherrschbar. "Wenn etwas passiert oder jemand Infiziertes kommt, dann bist du noch der Dumme", sagt Petra Morgenstern. In der Schließzeit würde man lieber Bauarbeiten erledigen. Den Gänsebraten bietet das Basteirestaurant auch weiter außer Haus an.

Ähnlich sieht das Axel Michaelis vom "Hotel zur Post" in Pirna. Er bezweifelt, dass die Nachfrage da sei. "Ich fahre doch nicht das Hotel für zwei Tage hoch und dann wieder runter. Wenn zwei Übernachtungsgäste kommen, müsste ich mindestens drei Beschäftigte vorhalten", rechnet der Hotelchef vor. Für Geschäftsreisende habe man natürlich geöffnet. Das Essen to go läuft dagegen ganz gut. Man habe sich gut vernetzt in schwierigen Zeiten. Und er hoffe, dass das in wieder besseren Zeiten auch so bliebe.

Das Angebot der Landesregierung ist für die Pension und Restaurant "Zur alten Säge" in Dorf Wehlen keine Option. Es sei an den Haaren herbeigezogen. "Entweder ganz oder gar nicht", sagt Marion Pusch. Das To-go-Geschäft wolle man so lange die Nachfrage da sei, auch weiterführen. In Dorf Wehlen setzt man schon auf 2021.Und man weiß, die Saison in der Sächsischen Schweiz startet im Frühjahr wieder und die Hochsaison ist im Sommer.

Da ist die Situation inmitten von Pirna schon anders. Deshalb steht es auch für Katja Riedel vom Romantik-Hotel in Pirna außer Frage: Das Hotel wird auch über die Weihnachtsage offen bleiben, für Geschäftsreisende, für Familienbesuche. "Unser Haus hat eine 100-jährige Tradition. Wir haben noch keinen Tag geschlossen, außer beim Hochwasser. Und deshalb werden wir über die Feiertage öffnen", sagt sie. Und das habe nicht nur mit Tradition, sondern vor allem auch mit Optimismus zu tun. Essen to go wird es an den Feiertagen weiter geben. "Wir passen dafür täglich unsere Internetseite mit den entsprechenden Weihnachtsgerichten an", sagt sie.

Experten bewerten Lockerung kritisch

Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist derzeit der Corona-Hotspot in Sachsen, wenn nicht gar in ganz Deutschland. Das Landratsamt meldet mit Stand vom 1. Dezember einen Inzidenzwert von 450, das Robert-Koch-Institut (RKI) einen von 440,2, also fast identisch. Das ist damit aktuell der Spitzenwert in Sachsen und offenbar in ganz Deutschland. Gesundheitsexperten sehen die angestrebte Lockerung über Weihnachten deshalb kritisch. Aber nicht nur das.

Der sächsische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) beurteilt das abgespeckte Weihnachtsgeschäft aus wirtschaftlicher Sicht eher skeptisch. So ein Aufenthalt sollte aus Sicht des Sozialministeriums nur zwei bis drei Nächte dauern. Hotels, die derzeit komplett geschlossen sind, könnten schon aus Gründen des fehlenden Personals nicht für zwei Tage den Betrieb hochfahren, weil zum Beispiel auch personal frei gestellt beziehungsweise in Kurzarbeit ist. Dazu komme, dass einige Hotels saisonbedingt schon immer über den Winter für den Übernachtungsbetrieb geschlossen seien.

Was sich die Hoteliers jedoch wünschen, sind eindeutige längerfristige Aussagen, um planen zu können. Danach sieht es vorerst aber wohl nicht aus. Inzwischen ist schon die Rede davon, dass Gaststätten und Hotels in den ersten Januartagen noch geschlossen bleiben sollen.

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