Seit einem Jahr sitzen die sächsischen Studierenden am heimischen Schreibtisch statt im vollen Hörsaal. Eine Änderung ist nicht in Sicht. Die Universitäten in Leipzig und Dresden planen derzeit ein digitales Sommersemester. Das bringe viele Probleme mit sich, warnt die Konferenz der sächsischen Studierendenschaften (KSS) und verweist auf geschlossene Lesesäle, abgesagte Exkursionen und entfallene Berufspraktika. Die Studierenden fordern deshalb, die Regelstudienzeit um ein Semester zu verlängern.
Ein Bachelorstudiengang dauert für gewöhnlich sechs Semester, ein anschließendes Masterstudium vier Semester. In dieser Zeit können Studierende nach dem Bundesausbildungs-Förderungsgesetz (Bafög) Geld vom Staat beantragen. Knapp ein Drittel der sächsischen Studierenden finanziert sich den Studentenwerken zufolge damit die Ausbildung. Geld gibt es aber nur innerhalb der Regelstudienzeit, das sind entweder drei oder zwei Jahre. Braucht eine Person länger, muss sie für Wohnung, Essen und Krankenversicherung selbst aufkommen.
Corona-Krise verlängert Regelstudienzeit
Aufgrund der Corona-Krise war es für viele nicht möglich, die Regelstudienzeit einzuhalten. Einige Seminare fielen vorübergehend aus, Prüfungen wurden verschoben, Bücher aus geschlossenen Bibliotheken konnten nicht entliehen werden. Deshalb hat die sächsische Landesregierung im Dezember eine Verlängerung aller Studiengänge um zwei Semester beschlossen. Das hieß für viele Betroffene: Ein Jahr mehr finanzielle Absicherung. Das ist jetzt vorbei. Der digitale Studienalltag aber nicht.
"Damit bestehen für viele Studierende unverändert Probleme wie unzureichende Internetverbindung und technische Ausstattung, zusätzliche familiäre Verpflichtungen oder psychische Belastungen", sagt Student Lukas Eichinger von der KSS. Er fordert deshalb das sächsische Wissenschaftsministerium auf, einen Paragrafen im Hochschulfreiheitsgesetz anzuwenden, den der Landtag im Dezember 2020 beschlossen hat. Darin bekommt das CDU-geführte Ministerium die Möglichkeit, die Regelstudienzeit und damit den Bafög-Anspruch um ein Semester zu verlängern.
Sächsische Universitäten reagieren gespalten
Bis über eine mögliche Verlängerung entschieden ist, kann noch eine Weile vergehen. Vom Ministerium heißt es bisher: "Man sucht
derzeit das Gespräch mit den Hochschulen und der Studierendenvertretung mit dem
Ziel einer rechtsicheren Anschlussregelung." Viel Zeit bleibt nicht; Studentin Claudia Meißner von der KSS erinnert, dass die Studierenden so schnell wie möglich finanzielle Sicherheit bräuchten - gerade in Zeiten, da Nebenjobs wegfallen und Eltern in Kurzarbeit weniger verdienen.
Die großen sächsischen Universitäten reagieren gespalten auf die Forderung der Studierenden. Die Leipziger Uni sieht keinen Handlungsbedarf für ein weiteres Freisemester. "Wir werden diesmal ein Semester haben, das von Vornherein als digitales Semester geplant ist, auf das sich Lehrende und Studierende entsprechend im Vorfeld einstellen können", erklärt Sprecher Carsten Heckmann. Die TU Dresden dagegen schließt sich der Forderung an, die Regelstudienzeit zu verlängern.