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Morgenlage in Sachsen: Chrupalla; Millionen-Schaden; Kitas; ÖPNV-Streik

Chrupalla äußert sich zum Fall Krah + Wechsel auf Ministeramt + 15 Millionen Euro Schaden bei Winzern + Nahverkehrsstreik: Gewerkschaft setzt neues Ultimatum

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AfD-Chef Tino Chrupalla war am Donnerstagabend in der Talkshow von Maybrit Illner zu Gast.
AfD-Chef Tino Chrupalla war am Donnerstagabend in der Talkshow von Maybrit Illner zu Gast. © dpa

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Guten Morgen,

die schlechte Nachricht am frühen Morgen zuerst: Sie können bei der Europawahl am 9. Juni nur noch zwischen 34 Parteien und Vereinigungen entscheiden. Das sind doch tatsächlich sechs Angebote weniger als bei der Wahl zum europäischen Parlament vor fünf Jahren. Dennoch stimmte der sächsische Landeswahlleiter die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat schon mal darauf ein, dass es eng werden könnte in der Wahlkabine. Nicht etwa, weil die Boxen kleiner werden, sondern die Stimmzettel mal wieder so lang ausfallen werden. Rund 80 Zentimeter lang soll das Papier sein, auf dem sich dann ein Kreuzchen setzen lässt.

Einer, der diesmal besonders darauf hin fiebert, ist der Chef der Staatskanzlei, Minister Oliver Schenk, der als Spitzenkandidat für die sächsische CDU auf EU-Ebene antritt. Für ihn ist es ein Ausstieg aus der Landespolitik nach vielen Jahren – Schenk war schon als Büroleiter unter dem früheren Ministerpräsidenten Georg Milbradt tätig, ein echtes Urgestein. Und hinter Schenk wartet schon ein Hoffnungsträger der CDU und enger Vertrauter des heutigen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, Conrad Clemens, der zurzeit noch die Landesvertretung in Berlin leitet. So lange, bis Schenk voraussichtlich Mitte Juni – nach seiner Wahl – nach Brüssel gewechselt ist. Dann soll Clemens reinrutschen und die Regierungsgeschäfte der schwergängigen Kenia-Koalition mit Grünen und SPD übernehmen.

Damit könnte der 41-jährige Betriebswirt kurzlebigster Staatskanzlei-Chef in Sachsen werden – jedenfalls wenn etwas schief gehen sollte bei der Landtagswahl für die sächsische CDU. Was sich sonst noch so tut in der Minister-Runde der Kenia-Koalition, wer gute oder schlechte Karten hat zu bleiben, hat sich mein Kollege Gunnar Saft mit mir angeschaut. Und natürlich klingt mir der Satz so mancher Spitzenpolitiker und Politikbeobachter bereits in den Ohren nach, wenn sie heute diese Zeilen lesen – dass man das Fell des Bären nicht verteilen sollte, bevor er erlegt ist – oder so ähnlich.

Herzlichst,

Ihre
Annette Binninger,
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

Chrupalla zum Fall Krah: Fehlen klare Beweise

AfD-Parteichef Tino Chrupalla hat sein Verhalten nach den Skandalen um die AfD-Europaspitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron verteidigt. Bystron soll Geld vom prorussischen Portal Voice of Europe erhalten haben. Krahs Mitarbeiter sitzt wegen des Verdachts der Spionage für China in Untersuchungshaft. Chrupalla verwies in der ZDF-Talksendung Maybrit Illner am Donnerstagabend mehrfach darauf, dass es keine Verfahren gegen die Politiker gebe. Aber: "Wir werden klare Konsequenzen ziehen, wenn sich diese Vorwürfe gegen Herrn Krah und Herrn Bystron bestätigen." Der frühere CDU-Chef Armin Laschet, der ebenfalls zu Gast war, betonte, die CDU habe stets schnell gehandelt, wenn Korruptionsvorwürfe gegen Abgeordnete im Raum gestanden hätten. "Sie selbst haben doch ein schlechtes Gewissen", sagte er an Chrupalla gewandt. Es ging laut zu in Sendung, es wurde geschrien, stellenweise war nichts zu verstehen.

15 Millionen Euro Schaden bei Winzern

Sachsens Winzer rechnen nach den Nachtfrösten der vergangenen Tage mit einem Schaden von 15 Millionen Euro. Die Winzer gehen von einem Ernteausfall zwischen 70 und 100 Prozent aus. Die Steillagen seien etwas besser weggekommen. "Sie retten uns aber nicht", sagt der Chef des Weinbauverbandes Felix Hößelbarth. Bei den Obstbauern herrscht ebenfalls Anspannung. Der Vorsitzende des Landesverbandes "Sächsisches Obst", Udo Jentzsch, will noch keine finale Schadensumme nennen. Der Dresdner Biolandwirt Bernhard Probst sagt aber: "Unsere komplette Obsternte fällt 2024 aus." Gestern besuchte Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) sächsische Weinbauern und machte sich ein Bild von der Lage. Er stellt Hilfe des Freistaats in Aussicht.

Mehr Freiheiten für Apotheken und Pharmafirmen

Um einen Medikamentenmangel wie im Winter vor knapp anderthalb Jahren zu vermeiden, drängt Sachsen im Bundesrat auf Verbesserungen der Arzneimittelversorgung. Der Freistaat wird einen Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen unterstützen. Die Länder schlagen mehr Flexibilität bei Beschaffung und Lagerung von Medikamenten vor. Apotheken und Arzneimittelproduzenten sollen Fieberzäpfchen und -säfte unbürokratisch auf Basis einer Standardzulassung herstellen können, um einen steigenden Bedarf zu decken. In dem Antrag, der heute zur Abstimmung steht und den Bund zum Handeln auffordert, drängen die Länder auf die zügige Umsetzung ihres Vorschlags. Zudem widmen sie Apotheken mehrere Punkte in dem vor allem an das Bundesgesundheitsministerium gerichteten Forderungskatalog. Diese sollen mehr Handlungsspielraum beim Austausch von Arzneimitteln erhalten. Zudem sollen Apothekerinnen und Apotheker unter bestimmten Vorgaben von einem nicht vorrätigen Wirkstoff abweichen dürfen.

Kitas: Warnung vor Schließungen und Entlassungen

Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, Gewerkschaften, Kita-Träger und die Kita-Praxis fordern mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung – sonst drohen angesichts sinkender Geburtenzahlen im Freistaat Kita-Schließungen, Personaleinsparungen und Entlassungen. "Der Freistaat muss diese historische Chance nutzen", sagt Sachsens GEW-Chef Burkhard Naumann. Die Landesregierung müsse endlich beim Personalschlüssel in den Kitas handeln. Sachsen hat bundesweit den zweitschlechtesten Personalschlüssel. Aktuell werden rechnerisch im Kindergarten zwölf Kinder von einer Fachkraft betreut, in der Krippe sind es fünf Kinder. Naumann fordert ein Moratorium für die Landeszuschüsse. Die Kommunen bräuchten ein deutliches Signal, dass der Freistaat die Kosten auch im kommenden Jahr trägt, notfalls über einen Nachtragshaushalt. Der sächsische Erzieherverband fordert, dass das Kita-Gesetz an die tatsächlichen Erfordernisse angepasst wird, samt angemessener Personalausstattung und Finanzierung.

Nahverkehrsstreik: Gewerkschaft setzt neues Ultimatum

Im Tarifstreit im regionalen Linienverkehr in Sachsen ist ein unbefristeter Streik vorerst abgewendet. Die Gewerkschaft Verdi setzte dem Arbeitgeberverband Nahverkehr (AVN) am Donnerstag eine neue Frist bis heute, 12 Uhr. Grund ist ein neues Angebot der Arbeitgeberseite, das aus Sicht von Verdi aber unzureichend ist. Die Frist dafür hatte am Donnerstag um 12 Uhr geendet. Das neue Angebot sehe keine zusätzlichen Erhöhungsschritte vor. Auch beinhalte es kein weiteres Schließen der Entgeltlücke zu anderen Tarifbereichen, heißt es in einer Mitteilung von Verdi. Die Arbeitgeber sollen nun ein "auch in der Entgelthöhe" verbessertes Angebot vorlegen. Sollten die Arbeitgeber dieser Aufforderung nicht folgen, könnten die Streiks jederzeit aufgenommen werden, so Verdi.

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