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Von der Müllkippe zum Tierparadies

Als Ausgleich für die Waldschlößchenbrücke wurde der Zschierener Elbarm wiederhergestellt. Welche Arten es dort gibt.

Von Peter Hilbert
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Harald Wolf vom Umweltamt freut sich, wie toll sich die Natur am wiederhergestellten Zschierener Altelbarm entwickelt hat.
Harald Wolf vom Umweltamt freut sich, wie toll sich die Natur am wiederhergestellten Zschierener Altelbarm entwickelt hat. © Marion Doering

Der Bau der Waldschlößchenbrücke war ein enormer Eingriff in die Landschaft. Mittlerweile haben sich die Dresdner an das Bauwerk gewöhnt, das von knapp 37.000 Autos täglich, aber auch von Radfahrern genutzt wird. Um im Gegenzug die Eingriffe zu kompensieren, hat die Stadt mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen umgesetzt. Die größte davon war die weitgehende Wiederherstellung des Zschierener Altelbarms. Harald Wolf vom Umweltamt ist dafür zuständig. Er freut sich, wie schnell sich Natur und Tierwelt binnen kurzer Zeit entwickelt haben.

Was wurde am östlichen Dresdner Stadtrand geschaffen?

Noch vor wenigen Jahren war vom Zschierener Altelbarm nichts mehr zu sehen. Das war ein Ergebnis der Elbregulierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, erläutert Wolf. Um bessere Voraussetzungen für die Schifffahrt zu schaffen, wurden damals die Ufer befestigt. Gab es zuvor in Sachsen noch 22 Elbinseln, so sind es heute nur noch zwei. Vom einstigen Zschierener Elbarm war außer einigen Mulden im Gelände nur noch der Ablauf zu sehen. Aus dem Pferdeloch unweit der einstigen Rinne, das die Zschierener so nannten, war zu DDR-Zeiten eine Mülldeponie entstanden.

2012 hatten die Arbeiten begonnen, die etwa zwei Jahre dauerten. Der Altelbarm wurde auf einer Länge von rund 900 Metern wieder hergestellt. Er erstreckt sich parallel zum Elberadweg fast von der Stadtgrenze zu Heidenau bis zum einstigen Zschierener Fährplatz. 

© Grafik: SZ

„Dabei wurden rund 90.000 Kubikmeter Erde ausgebaggert“, sagt Wolf. Nur das letzte Stück mit dem einstigen Zufluss aus Richtung Heidenau wurde nicht wieder hergestellt. Das Wasser- und Schifffahrtsamt hatte Bedenken, dass der Elbpegel in diesem Bereich absinkt und dadurch Probleme für die Schifffahrt entstehen. Somit gibt es auch zumindest teilweise wieder die Söbrigener Elbinsel, die wegen des fehlenden alten Zulaufs nur eine Halbinsel ist.

Bei den Arbeiten wurden zahlreiche Sträucher und Bäume gepflanzt, unter anderem 100 Schwarzpappeln und auch Weiden. Zudem hatten die Landschaftsbauer Randstreifen am Brüchigtgraben angelegt, entlang der Zschierener Elbstraße Feuchtmulden geschaffen und eine Glatthaferwiese für den Schmetterling Dunkler Wiesenkopf-Ameisenbläuling hergestellt. Darüber hinaus wurde die einstige Deponie im Pferdeloch beräumt.

Wie haben sich Bäume und Pflanzen entwickelt?

Die Schwarzpappeln mit ihren großen Kronen sind in den vergangenen fünf Jahren sehr gut gewachsen. Die bekannte Babisnauer Pappel gehört zu dieser Art, erklärt der Naturexperte. Nur einige Bäume mussten nachgepflanzt werden. Die etwa einen halben Meter langen Steckhölzer der Weiden haben Wurzeln geschlagen und sind im Uferbereich auch sehr gut gewachsen. „Ansonsten hatten wir nichts gepflanzt“, sagt er. Alle anderen Pflanzen hätten sich selbst angesiedelt. Dazu zählen die schöne Schwanenblume im flachen Wasser als auch die Unterwasserpflanzen Nixenkraut, Hornblatt oder Wasserpfeffer.

Welche Tiere haben sich an dem Seitenarm der Elbe angesiedelt?

xperten hatten im Auftrag des Umweltamts untersucht, wie sich die Natur und die Tierwelt dort entwickeln – mit beeindruckendem Ergebnis. Angesiedelt haben sich hier 18 Libellenarten, darunter die seltene Gebänderte Prachtlibelle oder das Große Granatauge.

Zudem hat ein Biberpaar hier sein Revier. Bei seinen regelmäßigen Streifzügen hat Wolf einen der Nager auf einer kleinen Insel mit einer großen Weide im Elbarm selbst gesehen. Zudem werden regelmäßig zwei Schwanenpaare und viele andere Vögel gesichtet. Als Beispiele führt Wolf Blesshühner, Sumpfrohrsänger oder Teichrallen an. Im Winter hat er hier mehrfach schöne Eisvögel gesichtet, die unter Wasser reichlich Nahrung finden. Deshalb kommen auch Graureiher sowie Fischotter zum erneuerten alten Elbarm nach Zschieren.

Unter den 18 Libellenarten ist auch die seltene Gebänderte Prachtlibelle vertreten. 
Unter den 18 Libellenarten ist auch die seltene Gebänderte Prachtlibelle vertreten.  © dpa
Außerdem fühlen sich dort Fischotter wohl. 
Außerdem fühlen sich dort Fischotter wohl.  © dpa
Auch Schwäne leben hier. 
Auch Schwäne leben hier.  © Dietmar Thomas
Und auch Bieber haben sich angesiedelt.  
Und auch Bieber haben sich angesiedelt.   © dpa
... und Eisvögel wohl.
... und Eisvögel wohl. © dpa
Bei Untersuchungen haben Spezialisten nachgewiesen, dass 22 Fischarten im Altelbarm leben, darunter Plötzen, Döbel, Rapfen, aber auch Hechte.
Bei Untersuchungen haben Spezialisten nachgewiesen, dass 22 Fischarten im Altelbarm leben, darunter Plötzen, Döbel, Rapfen, aber auch Hechte. © Archiv

Welche Fische schwimmen dort im Wasser?

Für Fische bietet der sehr ruhige Elbarm fast ohne Strömung ideale Bedingungen. „Das ist ein guter Laichplatz und die Kinderstube für Jungfische“, sagt der Experte. 22 Fischarten gibt es dort, unter anderem Rapfen, Plötzen, Döbel und auch einige Hechte. Die Fische kommen aus der Elbe in dem Seitenarm. Junge wachsen dort auf und gehen zum Teil wieder zurück. Das Gebiet sei ein hervorragendes Beispiel, wie ein Stück Natur an der Elbe wieder voll hergestellt werden kann, sodass sich viele Tierarten ansiedeln können. „Es ist eine Perle der Natur in Dresden geworden.“

Wie wirkt sich der niedrige Elbepegel auf das Gewässer aus?

Obwohl das vergangene und auch dieses Jahr sehr trocken waren, ist der Albelbarm nie ausgetrocknet. Derzeit steht der Pegel bei 93 Zentimeter. Im Normalfall liegt er bei 1,7 Metern. So liegt zwar der Zufluss von der Elbe trocken. Zudem gibt es in der Mitte eine Schwelle, die auch als Durchfahrt für nötige Arbeiten genutzt werden kann. Sie liegt derzeit frei. In den anderen Teilen steht aber noch genügend Wasser.

Welche anderen Ausgleichsvorhaben hat die Stadt noch umgesetzt?

Aber nicht nur in Zschieren wurden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Brückenbau umgesetzt. So wurden unter anderem viele Bäume gepflanzt, in Laubegast die Elblachen wieder hergestellt und in Hosterwitz ein alter Betonanleger an der Elbe abgebrochen.