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Forscher untersuchen den Begriff "ostdeutsch"

Wer in Ostdeutschland lebt, ist ostdeutsch. Oder? Geht man ins Detail, wird die Definition viel komplizierter. Trotzdem sollte man sich die Mühe machen, meint ein Berliner Forscherteam.

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Manches ostdeutsche Zeichen ist auch Jahrzehnte nach der deutschen Einheit einfach erkennbar. Aber was heißt es, ostdeutsch zu sein?
Manches ostdeutsche Zeichen ist auch Jahrzehnte nach der deutschen Einheit einfach erkennbar. Aber was heißt es, ostdeutsch zu sein? © dpa/Kristin Schmidt

Berlin. Mehr als drei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit wird es zunehmend schwierig zu sagen, wer als Ostdeutscher gilt.

Je nach Definition - zum Beispiel nach Geburtsort, Wohnort oder Herkunft - schwankt ihr Anteil an der Bevölkerung zwischen 16,7 und 26,1 Prozent, wie eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (Dezim) in Berlin zeigt.

Hintergrund ist die Debatte über eine zu geringe Vertretung von Ostdeutschen in Ämtern, wo wichtige Entscheidungen gefällt werden. Der Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) will dies "aktiv ändern", wie er am Dienstag sagte. Er definiert "ostdeutsch" nach dem Geburtsort. Die Dezim-Untersuchung stellt hingegen weitere mögliche Kriterien zur Debatte und kommt auf vier denkbare Kategorien.

Carsten Schneider ist Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland
Carsten Schneider ist Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland © dpa/Stefan Sauer

Dazu zählen "geo-ostdeutsch" nach Wohnort und "bio-ostdeutsch" nach Geburtsort. Als "sozio-ostdeutsch" würde jemand gelten, der selbst in der DDR oder in Ostdeutschland geboren wurde oder mindestens ein dort gebürtiges Elternteil hat. Die Forscherinnen und Forscher sprechen von "Osthintergrund". Vierte mögliche Definition wäre laut Dezim "emo-ostdeutsch" nach emotionaler Zugehörigkeit. Das wären Menschen mit "Osthintergrund", die sich selbst vor allem als ostdeutsch sehen.

Jede Definition hat der Untersuchung zufolge ihre Tücken. Bei "geo-ostdeutsch" nach dem Wohnort Ostdeutschland wären die vielen Menschen außen vor, die für Jobs in den Westen gezogen sind. Der Anteil der "Ostdeutschen" wäre mit 16,7 Prozent so am kleinsten.

Die Definition nach Geburtsort ließe ebenfalls Lücken, auch wenn der Anteil an der Bevölkerung mit rund 20 Prozent größer wäre. Am größten wäre die Gruppe der "Sozio-Ostdeutschen" mit "Osthintergrund" mit 26,1 Prozent. Die "Emo-Ostdeutschen" wären davon eine Teilgruppe.

"Wir schlagen vor, zur Bestimmung von Ostdeutschen weitreichende Kriterien zu definieren", sagte Dezim-Direktorin Naika Foroutan. "Dabei sollte auch die Herkunft der Eltern in Erwägung gezogen werden, ähnlich wie es bei der Kategorie "Migrationshintergrund" der Fall ist." Für das politische Ziel, der Benachteiligung von Ostdeutschen entgegenzuwirken, brauche es eine valide Definition. (dpa)