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Dresdner Reden 2024 ohne Wolfgang Schäuble

Drei Prominente sprechen bei den Dresdner Reden im nächsten Jahr über Kriege, Krisen und die Chance auf Veränderung. Ein weiterer Gast ist leider verstorben.

Von Karin Großmann
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Katja Riemann, Sarah Pagung und Andrea Petkovic kommen zu den Dresdner Reden. Der vierte im Bunde, Wolfgang Schäuble, ist am zweiten Weihnachtstag verstorben.
Katja Riemann, Sarah Pagung und Andrea Petkovic kommen zu den Dresdner Reden. Der vierte im Bunde, Wolfgang Schäuble, ist am zweiten Weihnachtstag verstorben. ©  Fotomontage SZ

Er sollte den Schlusspunkt setzen unter die Dresdner Reden des Jahres 2024: Am 17. März wollte Wolfgang Schäuble im Schauspielhaus Dresden über „Demokratie in der Krise“ sprechen. Jetzt wurde bekannt, dass der CDU-Politiker am 26. Dezember im Alter von 81 Jahren gestorben ist. Schäuble war 50 Jahre im deutschen Bundestag und hat so ziemlich alle politischen Stationen durchlaufen, als Kanzleramtschef, Partei- und Fraktionsvorsitzender, Innen- und Finanzminister, Bundestagspräsident.

Wolfgang Schäuble hinterlässt Lücken, die größer sind als jene im Plan der Dresdner Reden. Die Organisatoren bemühen sich um Ersatz. An den drei verbleibenden Sonntagvormittagen wird das Schauspielhaus auch dieses Jahr wieder Gelegenheit geben zur anregenden Auseinandersetzung. Die Reden-Reihe ist eine der ältesten im Land. Sie begann 1992 und wird gemeinsam veranstaltet von Staatsschauspiel Dresden und Sächsischer Zeitung. Anfangs ging es unter dem Motto „Zur Sache: Deutschland“ um Chancen und Konflikte nach dem Mauerfall. Bald kamen internationale Themen hinzu.

Mehr als hundert Rednerinnen und Redner standen am Pult, Prominente aus Kunst, Literatur, Architektur, Wissenschaft und Politik, darunter Gäste aus England, Russland, Österreich, der Schweiz und den USA. Viele Veranstaltungen waren innerhalb weniger Tage ausverkauft. Manche beeinflussten die öffentlichen Debatten noch Wochen danach, so etwa der Schriftsteller Ingo Schulze mit seiner Kritik an der Marktwirtschaft oder die Autorin Sibylle Lewitscharoff mit ihren Thesen zur künstlichen Befruchtung.

Die Politikwissenschaftlerin Sarah Pagung spricht am 25. Februar über Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Die Politikwissenschaftlerin Sarah Pagung spricht am 25. Februar über Russlands Krieg gegen die Ukraine. © Ausserhofer

Auch Sarah Pagung ist für prononcierte Meinungsäußerungen bekannt, ein gefragter Gast bei Talkshows und Interviews. Sie studierte und promovierte an der FU Berlin und war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Derzeit arbeitet sie als Programmleiterin bei der Körber-Stiftung. Dort verantwortet und moderiert sie unter anderem das Berliner Forum Außenpolitik, bei dem Spitzenpolitiker und Medienvertreter aus dem In- und Ausland über aktuelle Herausforderungen diskutieren.

In ihrer Dresdner Rede wird die 34-jährige Wissenschaftlerin über den russischen Angriff auf die Ukraine sprechen. Sie sucht Antworten auf die Frage, wie es zu diesem Krieg kam und welche Folgen er für die beteiligten Länder hat, für Europa insgesamt. Langjährige Überzeugungen müssten überdacht werden, meint sie. Das Handeln der Staaten sollte an die neuen Realitäten angepasst werden.

Die Schauspielerin Katja Riemann erzählt am 3. März von ihrem Engagement für Menschenrechte.
Die Schauspielerin Katja Riemann erzählt am 3. März von ihrem Engagement für Menschenrechte. © Wiedenhofer

Mit einer veränderten Wirklichkeit sieht sich auch die Schauspielerin Katja Riemann konfrontiert. Darüber wird sie am 3. März 2024 in ihrer Dresdner Rede sprechen. Neben ihrer vielfach ausgezeichneten Arbeit für Film und Fernsehen, Musik und Bühne engagiert sie sich seit über zwanzig Jahren für Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. Sie unterstützt Amnesty International und setzt sich für Demokratie und Menschenrechte ein. Immer wieder prangert sie Kinderarmut und Kinderhandel an. In ihrem Buch „Jeder hat. Niemand darf“ mischt sie gut recherchierte Fakten mit Erlebtem und folgt auch den Spuren ihres Vaters, der lange im Libanon unterrichtete. Das nächste Buch erscheint im Februar.

Katja Riemann erzählt von ihren Erfahrungen hinter den Zäunen: Sie besuchte die Lager von Geflüchteten auf Lesbos und in Jordanien, sprach mit Gestrandeten im Dschungel von Calais. Die Schauspielerin begleitete Ärzte an der bosnisch-kroatischen Grenze und Traumatologen in die nordirakischen Camps der Jesiden. „Und egal, wo ich auch war“, sagt die 60-Jährige, „ich begegnete immer Persönlichkeiten und niemals ,Flüchtlingen´.“ Mit ihren Geschichten will sie diese Menschen aus der Anonymität holen.

Die Profi-Tennisspielerin Andrea Petkovic verbindet in ihrer Rede am 10. März Sport und Literatur.
Die Profi-Tennisspielerin Andrea Petkovic verbindet in ihrer Rede am 10. März Sport und Literatur. © privat

Was Flucht bedeutet, erlebte Andrea Petkovic hautnah, auch wenn sie sich nicht daran erinnern kann. Sie war sechs Monate alt, als ihre Eltern aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland emigrierten. Am 10. März hält die Profi-Tennisspielerin eine Dresdner Rede, die erste Sportlerin in der Reihe. Sie gewann sieben Turniere des Welttennis-Verbandes der Frauen im Einzel und gelangte bis in die Top Ten der Weltbestenliste.

Zeitweise spielte sie für den TC Blau-Weiß Dresden-Blasewitz in der ersten Tennisbundesliga der Damen. Doch sie hat ihre Zeit nicht nur im Kraftraum und auf dem Platz verbracht. Zu ihrem mentalen Trainingsprogramm gehört schon immer die Literatur. Seit dem Ende ihrer aktiven Laufbahn 2022 schreibt sie Kolumnen, Reportagen und Essays für überregionale Zeitungen.

Viel Beifall bekam ihr Debütband „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“. Andrea Petkovic erzählt nicht nur vom Rausch des Sieges, sondern auch von Schinderei, Qual und Tristesse, von der Einsamkeit in Hotelzimmern. Als kenntnisreiche und temperamentvolle Moderatorin war die 36-jährige Weltklassesportlerin im Herbst beim Festival „Literatur Jetzt!“ in Dresden zu erleben.

Dresdner Reden am 25.2., 3.3. und 10.3., 11 Uhr im Schauspielhaus Dresden

Vorverkauf ab 11. Dezember, 10 Uhr; Karten für 13 Euro (ermäßigt bzw. mit SZ-Card 10 Euro) in allen DDV-Lokalen und an den Theaterkassen des Staatsschauspiels Dresden, unter 0351 4864 2002 und hier (zzgl. Gebühren und Versand) oder unter 0351 4913 555 und hier (zzgl. Versand). Die Tickets für die Rede von Wolfgang Schäuble können an den VVK-Kassen zurückgegeben werden. Das Schauspielhaus und die Sächsische Zeitung bemühen sich um eine Ersatzrednerin oder einen Ersatzredner.