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Nach Demo für Menschlichkeit: Drohungen gegen Dippser Schulleiter

Gymnasiums-Chef Volker Hegewald besuchte die Demonstration eines breiten Demokratiebündnisses und wird dafür in den sozialen Medien diffamiert. Nun gibt es Strafanzeigen.

Von Siiri Klose
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Erlebt eine Diffamierungskampagne: Volker Hegewald, Leiter des Gymnasiums Dippoldiswalde.
Erlebt eine Diffamierungskampagne: Volker Hegewald, Leiter des Gymnasiums Dippoldiswalde. © Daniel Förster

Endlich Frühlingssonne auf dem Dippoldiswalder Marktplatz. Volker Hegewald sitzt auf einer Bank und scrollt durch sein Smartphone. Doch was er gerade in den Sozialen Netzwerken und seinem Mailfach sieht, passt nicht zum realen Sonnenschein. Seit Sonntagabend kann der Schulleiter des Glückauf-Gymnasiums erleben, wie sein Name in Misskredit gezogen wird.

"Um weiteren Schaden von Schülern und Schule abzuwenden, fordern wir den sofortigen Rücktritt von Volker Hegewald als Schulleiter sowie eine öffentliche Erklärung samt Entschuldigung für dieses Fehlverhalten", steht in einer der Mails, mit denen das Postfach des Gymnasiums gerade zugeschüttet wird. "Sie sind ganz offenkundig eine Fehlbesetzung!" in einer anderen. Seit nahezu 30 Jahren arbeitet Hegewald am Dippoldiswalder Gymnasium, seit 20 Jahren leitet er es zusammen mit dem in Altenberg. Was ist da plötzlich passiert?

Positive Grundstimmung am Sonntag in Dippoldiswalde

"Am Sonntagnachmittag nahm ich als Privatperson mit meiner Familie an der Demonstration für Vielfalt und Menschlichkeit teil", sagt er. Wie schon im Februar hatte das Demokratie-Bündnis Osterzgebirge in Dippoldiswalde dazu aufgerufen - ein Zusammenschluss von Linke und Linksjugend, Grüne und Grüne Jugend, Jusos, evangelischer Jugend und Bürgerinitiativen für Integration und gegen Rechts.

"Es herrschte eine positive Grundstimmung", sagt Hegewald. Die Redebeiträge von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), dem Landtagsabgeordneten Albrecht Pallas (SPD) oder CDU-Kreischef Peter Darmstadt seien integrativ gewesen. "Es ging darum, dass wir alles tun müssen, den Rechtsextremismus einzudämmen."

"Ich kenne die Band nicht, ich kenne den Text nicht"

Nach den Ansprachen auf dem Marktplatz habe sich der Demonstrationszug in Bewegung gesetzt. "An der Ecke Obertorplatz zur B170 standen die Freien Sachsen und die AfD", erinnert sich Hegewald, und er kann sich auch an einen Kleinbus mit Lautsprecheranlage erinnern, der die Szenerie mit dem Song "Querdenker klatschen" der Band Kafvka beschallte. "Ich kenne die Band nicht, ich kenne den Text nicht, ich weiß nicht, zu wem dieser Bus gehörte. Aber mit Sicherheit bin ich gegen Konfrontation und Eskalation", sagt Hegewald.

Dass eben dieses Lied bald in direkte Verbindung mit ihm gebracht würde, ahnte er zu diesem Zeitpunkt nicht. "Doch Sonntagabend trudelten auf den Messengerdiensten die ersten Screenshots ein, Tenor: Der Schulleiter läuft bei der Antifa mit." Laut Wikipedia werden unter "Antifa" "Strömungen der linken bis linksextremen Szene“ zusammengefasst.

Handfeste Bedrohungen gegen Volker Hegewald

Auf seinem Telegramkanal "Team Schreiber" postet der Heidenauer Rechtsextremist Max Schreiber von den Freien Sachsen: "Volker Hegewald heißt der Mann, der das Glückauf Gymnasium in Dippoldiswalde leitet. Außerdem ist er Fraktionsmitglied der CDU im Osterzgebirge. Doch heute war er auf einer anderen Mission in Dippoldiswalde unterwegs - nämlich mit der gewaltbereiten Antifa." Dazu veröffentlichte er auch Hegewalds Mailadresse mit der Aufforderung, ihm mal die Meinung zu schreiben. "Bisher hab ich 15 bis 20 Mails mit handfesten Bedrohungen bekommen, etwa, dass eine Brennpunkt-Aktion mit mir geplant wäre", sagt Hegewald.

Inzwischen ist Schreibers Post auch nach X geschwappt und wird dort bundesweit kommentiert. "Ich habe gestern den sächsischen Datenschutzbeauftragten davon in Kenntnis gesetzt, weil ich das als Einschnitt in meine Persönlichkeitsrechte sehe. Außerdem habe ich das dem Kultusministerium als besonderes Vorkommnis gemeldet. Bei der Polizei habe ich zwei Strafanzeigen gestellt: Eine gegen Max Schreiber und eine gegen die Initiatoren dieser Lieder", stellt Hegewald am Dienstag klar.

Polizei beurteilte die Lage am Sonntag als friedlich

Denn am Sonntag hieß es auf Flyern und auch in Ansagen der Moderatoren, dass die Demo vom Demokratiebündnis ausging und nicht von einer "gewaltbereiten Antifa" - wie Max Schreiber behauptet. Das Motto lautete "Zusammen für Vielfalt und Menschlichkeit - Wir sind die Brandmauer gegen Rechtsextremismus.“

Im Polizeirevier Freital-Dippoldiswalde, das die Demo am 17. März begleitete, waren am Dienstagnachmittag keine Anzeigen bekannt, die sich auf die Versammlungen beziehen, teilte die Polizei auf Nachfrage von Sächsische.de mit: "Auch während des Aufzugs kam es zu keinen Störungen. Die Polizei hat die Versammlungslage als friedlich eingeschätzt." Zu einzelnen Liedern oder Liedinhalten lägen keine Informationen vor.