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Dipps knipst seinen Blitzer aus

49.000 Euro hat das moderne System vor drei Jahren gekostet. Es funktioniert aber nicht zuverlässig. Nun guckt sich das Ordnungsamt nach Alternativen um.

Von Franz Herz
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Damit ist es erst einmal vorbei. Die Stadt setzt den Leivtec XV3-Blitzer, der hier im Frühjahr 2020 in Dippoldiswalde an der Glashütter Straße stand, nicht mehr ein. Er misst zu unzuverlässig.
Damit ist es erst einmal vorbei. Die Stadt setzt den Leivtec XV3-Blitzer, der hier im Frühjahr 2020 in Dippoldiswalde an der Glashütter Straße stand, nicht mehr ein. Er misst zu unzuverlässig. © Egbert Kamprath

Vor vier Jahren war es ein Politikum, als die Stadtverwaltung 49.000 Euro für ein neues Messgerät ausgab, um Temposünder zu kontrollieren. Die Stadtverwaltung nannte dafür zwei Ziele: die Kraftfahrer zu ordentlichem Fahren anzuhalten und Einnahmen zu beschaffen. Doch jetzt hat Dipps seinen Blitzer ausgeknipst.

Der Blitzer brachte letztes Jahr 86.000 Euro ein

Das neue Gerät ging seinerzeit auch in Betrieb und wurde in Dippoldiswalde bevorzugt vor Kindereinrichtungen und an anderen neuralgischen Stellen eingesetzt. Das hat sich auch für die Stadtkasse gelohnt. Im Jahr 2020 haben sich die Einnahmen aus den Geschwindigkeitskontrollen auf rund 86.000 Euro belaufen, wie Linda Knetsch vom Büro der Oberbürgermeisterin auf Anfrage von Sächsische.de informierte.

Mitte März war Schluss damit

Doch damit ist es vorbei. Denn Dippoldiswalde hatte ein System aus dem Hause Leica gekauft, eine Leivtec XV3. Es sollte ein modernes System sein, das einige Jahre Bestand hat. Doch daraus wurde nichts. Die Stadtverwaltung hat Mitte März die Verkehrsüberwachung mit ihrem eigenen System eingestellt.

So sah der Kontrollbildschirm der Leivtec XV3 aus. Aber die Messungen stimmen nicht in jedem Fall. Darum ist das System aus dem Verkehr gezogen.
So sah der Kontrollbildschirm der Leivtec XV3 aus. Aber die Messungen stimmen nicht in jedem Fall. Darum ist das System aus dem Verkehr gezogen. © Frank Baldauf
Hier kam der neue Blitzer der Stadt Dippoldiswalde kurz nach seiner Anschaffung vor der Grundschule Reichstädt zum Einsatz.
Hier kam der neue Blitzer der Stadt Dippoldiswalde kurz nach seiner Anschaffung vor der Grundschule Reichstädt zum Einsatz. © Frank Baldauf

Erst hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Ende letzten Jahres die Messergebnisse der Leivtex XV3-Systeme angezweifelt. Darauf hat Leivtec mit einer geänderten Bedienungsanweisung reagiert. Aber dann gab es wieder neue Zweifel, und darauf entschied Dippoldiswalde wie viele andere Städte, beispielsweise Meißen, auch, ihr Messgerät nicht mehr einzusetzen. Unter bestimmten Umständen hat es falsche Ergebnisse angezeigt, die bis zu 17 Stundenkilometer vom tatsächlichen Wert abwichen, wie Sachverständige herausgefunden hatten. „Man konnte nicht vollumfänglich belegen, dass Messungen vor Gericht standhalten könnten“, begründete dies die Stadtverwaltung auf Anfrage von Sächsisch.de. Jedoch werden Messungen weiterhin durch das Polizeirevier durchgeführt.

Stadt sucht ein neues Messgerät

Die Stadt Dippoldiswalde hat auf diese Situation schon reagiert. Sie hat Angebote eingeholt für ein neues Messgerät. Dabei fragte sie sowohl nach Möglichkeiten zur Miete als auch nach den Kosten für den Kauf einer neuen Anlage. „Die nun vorliegenden Angebote werden derzeit geprüft“, informierte Linda Knetsch.

Außerdem kaufte Dippoldiswalde eine zweite Anzeigetafel, die den Vorbeifahrenden anzeigt, wie schnell sie unterwegs sind und dies mit einem Smiley kommentiert. Wer beispielsweise innerorts schneller als 50 Stundenkilometer fährt, bekommt ein rotes Gesicht mit hängenden Mundwinkeln zu sehen. Wer sich an die Regeln hält, sieht einen grünen Smiley, der freundlich lacht.

Auf Leivtec hofft Dipps nicht mehr

Auf Leivtec hofft Dippoldiswalde nicht mehr. „Anfang Juli 2021 erhielten wir die Information des Herstellers, dass von dem Inverkehrbringen eines Nachfolgers der XV3 Abstand genommen wird. Auch Nachbesserungen werden nicht in Betracht gezogen“, informiert die Stadtverwaltung. Also hat die Stadt in ihrem Bestand jetzt ein Hightechgerät, das völlig nutzlos geworden ist. Eine Hoffnung auf Schadensersatz gibt es nicht, wie schon andere Städte erfahren mussten. Fehlende Einnahmen aus Buß- und Verwarngeldern erkennen Gerichte nicht als Schaden an.

Rückkehr zu einer Privatfirma ist ausgeschlossen

Fest steht, dass im Stadtgebiet die Geschwindigkeit jetzt seltener kontrolliert wird. „Es wird nach wie vor stichprobenartig geblitzt“, versichert die Verwaltung. Dabei halte die Stadtverwaltung engen Kontakt zum Polizeirevier Freital/Dippoldiswalde. Die Polizei ginge auch auf Anwohnerhinweise ein.

Früher hatte die Stadt Dippoldiswalde einen Vertrag mit einer Privatfirma, die im Auftrag von Dippoldiswalde geblitzt hat. Diesen Vertrag wird die Stadt nicht wieder aufleben lassen. „Bereits in der Vergangenheit wurden derartige Vorgehensweisen von Gutachtern und Rechtsanwälten hinterfragt. Zur Verkehrsüberwachung in Sachsen sind lediglich die zuständigen Behörden ermächtigt, weshalb eine Beteiligung Dritter nach heutigem Kenntnisstand ausgeschlossen wird“, informiert Knetsch. Diese Situation gab ja seinerzeit auch den Anstoß dafür, dass sich die Stadt selbst um die Überwachung gekümmert hat. Nun muss sie sich eben dafür neue Technik besorgen - und bezahlen.