Demo gegen Rechts in Waldheim: Karibische Rhythmen kontra Pfeifen und Tröten
Waldheim. Karibische Musik war am Montagabend auf dem Obermarkt zu hören. Die Musiker von Banda Comunale aus Dresden sorgten zur Demonstration unter dem Motto „Waldheim bleibt bunt“ nicht nur für Stimmung, sondern auch für Lautstärke.
Nach Angaben der Polizei waren 205 Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder gekommen, um zu zeigen: „Waldheim bleibt bunt“. Seit drei Wochen rufen die „Bunten Perlen“, zu denen auch Stadtrat Eyk Fechner von Die Linke gehört, zur Demonstration auf.
Damit soll ein Zeichen für Freiheit, Demokratie und eine bunte Vielfalt gesetzt werden. Monatelang gab es in Waldheim unangemeldete Spaziergänge der Anhänger der AfD und der rechtsextremen Freien Sachsen. Das hat sich seit drei Wochen geändert. Die Demonstration beziehungsweise der Aufzug waren angemeldet. Diesmal trafen sich die Anhänger von AfD und Freien Sachsen auf dem Niedermarkt. Die Versammlung mit Aufzug lief unter dem Motto „Die Ampel muss weg; Erhöhung der Maut; Abschaffung Dieselrückerstattung.“
Staatssekretärin spricht bei Demo in Waldheim
Woche für Woche werden es mehr Polizisten, die für Sicherheit sorgen. Diesmal erhielten die Beamten der Polizeidirektion Chemnitz sogar Unterstützung von der sächsischen Bereitschaftspolizei. Insgesamt waren knapp 100 Einsatzkräfte involviert, teilte die Pressestelle der Polizeidirektion mit. Die Polizisten bauten diesmal nicht nur Fahrzeugbarrikaden auf, auch ein Aufzeichnungs- und ein Krankenwagen waren vor Ort.
Zu den Rednern von „Waldheim bleibt bunt“ gehörte Gesine Märtens, Staatssekretärin im Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. Sie war der Einladung der Organisatoren von „Waldheim bleibt bunt“ gefolgt. Es sei wichtig, für Demokratie einzustehen, sie zu retten, sagte die Staatsministerin. „Es darf nicht noch einmal passieren, dass die Demokratie auf deutschem Boden scheitert.“ Während ihrer Rede machen sich die Anhänger der AfD und der Freien Sachsen lautstark mit Fanfaren und Tröten für ihren Aufzug bereit. Alles ging geordnet zu. Der Aufzug setzte sich in Richtung Umgehungsstraße in Bewegung. An diesem Montag waren es nach Angaben der Polizei 230 Teilnehmer.
Märtens setzte ihre Rede fort: „1933 darf sich nicht wiederholen. Kein Mensch darf wegen seiner Hautfarbe oder Religion verfolgt werden.“
Werner Busch aus Döbeln von Die Linke freute sich, dass so viele junge Leute zur Demonstration gekommen sind. Auch die „Omas gegen Rechts“, Vertreter des AJZ Leisnig, des Jugendhauses Roßwein und des Treibhauses Döbeln waren vor Ort. Zu den weiteren Sprechern von „Waldheim bleibt bunt“ gehörten ein Vertreter des AJZ, Marco Böhme, Parlamentarischer Geschäftsführer und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken im Sächsischen Landtag, sowie Markus Scholz, Bündnisgrüne Landtagsabgeordneter für Mittelsachsen.
Demokratie sei der kleinste gemeinsame Nenner, den alle Beteiligten von „Waldheim bleibt bunt“ haben, so Scholz. Es koste Mut und Engagement, um in Kleinstädten wie Waldheim auf die Straße zu gehen.
Für demokratisches Verhalten setzt sich auch Ines Stefanowsky von „Omas gegen Rechts“ ein. Sie war am Montag nicht nur als Ordnerin unterwegs. Auf Facebook teilt sie ihre Meinung dazu, dass bei den Demonstrationen immer wieder auch „Ganz Waldheim hasst die AfD“ gerufen wird. „Hass ist ein Wort, das ich schon lange aus meinem Vokabular und Leben gestrichen habe“, schreibt Stefanowsky unter anderem. „Hass ist aber vor allem ein Wort, was ich Faschisten zuordne. Hass beleidigt, manipuliert und hetzt.“ Die Resonanz auf diese Äußerung sei groß. „Viele empfinden so wie ich“, sagt Ines Stefanowsy. „Lasst uns auf unseren Demos und Kundgebungen laut singen oder tanzen, viele sachliche und fundierte Redebeiträge hören und selbst einbringen.“
Polizei trennt die beiden Lager
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Wie in den vergangenen beiden Wochen standen die Polizeibeamten bereit, wenn nötig die beiden politisch gegensätzlichen Lager zu trennen. Das war dann auch nach Angaben der Pressestelle der Polizei notwendig. „Gegen vier Teilnehmer der Versammlung am Obermarkt wurden Anzeigen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz erstattet. Sie verstießen gegen das sogenannte Vermummungsverbot. In einem Fall wurde eine Schutzbewaffnung, zu der Quarzhandschuhe, Pyrotechnik und ein Holzstock gehören, festgestellt“, so die Sprecherin der Polizeidirektion.
Einige Teilnehmer von „Waldheim bleibt bunt“ verließen, als der Aufzug aus Richtung Kirche kam, ihren Standort und stellten sich direkt entlang der Polizeiwagenkette auf. Sie wurden von der Moderatorin aufgefordert, ihre Plakate zu zeigen. Die Teilnehmer des Aufzuges ließen sich nicht provozieren.
Am vergangenen Montag gab es eine Spontandemonstration. Die Polizei verhinderte ein Zusammentreffen beider Lager. „Eine solche Aktion darf es heute nicht geben. Sonst könnten künftig die Veranstaltungen am Montag nicht mehr so wie bisher stattfinden“, sagte Eyk Fechner.(SZ/je)
Die letzten beiden Abschnitte wurden am 13. Februar 2024 um 18 Uhr geändert, so dass besser verständlich ist, warum es keine Spontandemonstration geben soll.