SZ + Döbeln
Merken

Roßwein verkauft Land an Garagengemeinschaft

Unter Zeitdruck packt die Kommune jetzt ein Thema an, das Jahrzehnte ignoriert worden ist: Eigentum an Grund und Boden und Immobilien zusammenführen. Für wen sich eine erste Lösung abzeichnet.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das Eigentum an Grund und Boden sowie die Garagen sollen zusammengeführt werden. Eine Garagengemeinschaft an der Roßweiner Otto-Nuschke-Straße will dafür den Anfang machen.
Das Eigentum an Grund und Boden sowie die Garagen sollen zusammengeführt werden. Eine Garagengemeinschaft an der Roßweiner Otto-Nuschke-Straße will dafür den Anfang machen. © SZ/DIetmar Thomas

Roßwein. Die Roßweiner Stadträte hatten in ihrer Sitzung am Donnerstagabend einige harte Nüsse zu knacken. Unter anderem ging es vor dem Hintergrund des Schuldrechtsanpassungsgesetzes darum, grundsätzlich zu entscheiden, ob die Kommune Land verkauft. Und wenn ja, an wen und zu welchen Konditionen.

Am intensivsten hatten sich mit dem Thema offenbar die Nutzer von 26 Garagen an der Otto-Nuschke-Straße beschäftigt. Sie stellten bei der Kommune eine Kaufanfrage für zwei Flurstücke, auf denen sich die Garagen samt Zuwegung befinden.

Quadratmeterpreise festgelegt

Wer hinter der Kaufanfrage steckt, das war einigen Räten im Vorfeld nicht klar. Peter Krause (Die Linke) vermutete hinter dem Interessenten einen Wohnungsvermieter. Auch Katrin Stenker (SPD) war sich unsicher und klärte im Vorfeld durch einen Anruf im Rathaus, dass es die bisherigen Garagenbesitzer sind, die aus eigenem Interesse für Klarheit sorgen wollen.

Der Ratsbeschluss sollte zum einen den grundsätzlichen Verkaufswillen verdeutlichen, zum anderen auch die Konditionen abklären. Um mit der Gemeinschaft über Geld reden zu können, hat die Verwaltung folgende Preise ermittelt. Für bebaute Flächen sind 17 Euro pro Quadratmeter fällig, für unbebaute wie die Zufahrt sieben Euro – also zusammen 16.500 Euro.

Grundlage der Preisgestaltung sind die Empfehlungen des Gutachterausschusses des Landkreises Mittelsachsen. Berücksichtigt wurde dabei unter anderem die innerstädtische Lage und, dass es sich um einen Garagenkomplex und nicht um Bauland handelt.

Nutzungsbindung soll Spekulation verhindern

Nehmen die 26 Parteien dieses Preisangebot an, kann der Notarvertrag geschlossen werden. Alle Kosten, die mit dem Eigentumswechsel im Zusammenhang stehen, müssen die Erwerber tragen.

Ein ähnliches Prozedere hat Robert Backofen (AfD) vor Jahren mit Garagen im Nachbarort Etzdorf mitgemacht. Aus seiner Sicht sei die Zusammenführung von Land und Immobilie darauf an diesem Standort problemlos verlaufen. Er sei heute froh, dass Klarheit herrscht.

Diese Sicherheit wolle auch die Stadt Roßwein den bisherigen Garagenpächtern bieten. Silvia Meißner (CDU) halte es aber gerade unter diesem Gesichtspunkt für bedenklich, dass im Vertrag festgeschrieben werden soll, dass die Flächen noch mindestens 15 Jahre als Garagenstandort genutzt werden sollen.

„Vielleicht entscheiden sich auch Jüngere für eine Garage“, so die Stadträtin. Ihnen nur eine Perspektive von 15 Jahren zu bieten, sei aus ihrer Sicht zu kurz gedacht.

Räte wünschen sich: Das Beispiel darf Schule machen

Die Fristbindung, so erklärte Bürgermeister Hubert Paßehr (CDU), soll angewendet werden, um Spekulationen zu unterbinden. Was über den Zeitraum hinaus passiere, entscheide maßgeblich die Garagengemeinschaft.

Und die dann amtierenden Stadträte. „Sollte es für die Flächen einmal andere Pläne geben, werden die Stadträte auf jeden Fall mitreden können“, ergänzte Rico Söhnel (CDU).

  • Nachrichten aus der Region Döbeln von Sächsische.de gibt es auch bei Facebook und Instagram

Für diesen Weg der Grundstücksübertragung braucht die Kommune eine juristische Person als Ansprechpartner: die Garagengemeinschaft oder einen Verein. Wie der dann nach dem Kauf weiter verfährt, das schreibt die Kommune nicht vor.

Jeder könnte einen Eigentumsanteil erwerben oder es bleibt Gemeinschaftseigentum. Das wiederum könnte mit einer Fotovoltaikanlage bestückt werden, von deren Einnahmen alle profitieren. Das sei zumindest eine Überlegung wert, findet Paßehr.

Es gibt auch Alternativen zum Grundstückskauf

Der Bürgermeister und auch die Stadträte hoffen, dass weitere Garagengemeinschaften dem Beispiel der Nutzer an der Otto-Nuschke-Straße folgen. „Dass die Stadt bereit ist, die Grundstücke an die Nutzergemeinschaften zu verkaufen, finde ich fair und gut“, schreibt Peter Schubert.

Der Dresdener hatte in dieser Woche den Beitrag „Was Garagenbesitzer in Roßwein in Rage bringt“ gelesen und sich daraufhin gemeldet. „In Dresden wurde uns das nicht angeboten“, so Schubert weiter. „Ein Immobilienkonzern erzielt aus dem Besitz nun leistungsloses Einkommen.“

  • Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an [email protected]

Als Alternative zum Flächenverkauf an bisherige Nutzer und Gemeinschaften können Garagen auf kommunalem Land im nächsten Jahr für 120 Euro gepachtet werden. Im Laufe des Jahres kündigt die Kommune die Pachtverträge und bietet Mietverträge an. „Altkunden“ können die Garage für 30 Euro im Monat mieten.

Wer neu eine Garage mietet, bezahlt schon ab 1. Januar nächsten Jahres 50 Euro monatlich. Diese Änderungen hängen auch mit der anstehenden Grund- und Umsatzsteuerreform zusammen.

Info-Veranstaltung zu Garagen auf kommunalen Grundstücken am 29. November, 18 Uhr, in der Mensa der ehem. Hochschule, Döbelner Straße 69 (Eingang Lidl-Seite).