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Die Jahrhundertbraut

Sie war eine bemerkenswerte Frau. Warum die Kaisertochter Maria Josepha trotzdem im Schatten der sächsischen Kurfürst-Könige stand.

Von Ralf Hübner
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Kaisertochter Maria Josepha, Ehefrau August III. König von Polen, nach 1719 als sächsische Kurprinzessin auf einem Gemälde von Louis des Silvestre.
Kaisertochter Maria Josepha, Ehefrau August III. König von Polen, nach 1719 als sächsische Kurprinzessin auf einem Gemälde von Louis des Silvestre. © Foto: SKD, Gemäldegalerie Alte Meister

Die Hochzeit von Kurprinz Friedrich August II. mit der Kaisertochter Maria Josepha in Dresden ist auch 300 Jahre später noch ein touristisches Ereignis. Es war wohl eines der glanzvollsten Feste der Barockzeit. Der Braut blieb jedoch nur ein Platz im Schatten der sächsischen Kurfürst-Könige. Vor 320 Jahren kam Maria Josepha am 8. Dezember 1699 als älteste Tochter von Kaiser Joseph I. zu Welt.

Vor allem eine Begebenheit hat ihr einen Platz in der Geschichte gesichert: Sie hatte sich bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 den Preußen in den Weg gestellt, um ihnen den Zugang zum Geheimarchiv zu verwehren. Erst nachdem ihr körperliche Gewalt angedroht wurde, wich sie zurück. Preußenkönig Friedrich der Große selbst soll angewiesen haben, „diese Person“ fortzubringen. Die Legende berichtet, sie habe sich gewehrt und dabei einen Offizier in die Hand gebissen. Ihr Gatte, der Kurfürst, als August III. auch König von Polen, sowie dessen Premierminister Graf Heinrich von Brühl waren zu dem Zeitpunkt schon auf die Festung Königstein geflüchtet. Sie konnten das Land später in Richtung Warschau verlassen. Sie blieb als „Hüterin des Schlosses“ in Dresden.

Die junge österreichische Erzherzogin Maria Josepha war streng katholisch erzogen worden und hatte eine standesgemäße Ausbildung erhalten. Schon um 1704 geriet sie noch als Kind in den Blick Augusts des Starken, als er mit Kaiser Joseph I. die Ehe mit dem Kurprinzen einfädelte. August hatte wohl gehofft, durch die dynastische Verbindung später Ansprüche geltend machen und seine Nachkommen so möglicherweise auf den Kaiserthron helfen zu können. Zudem hoffte er, dem aufstrebenden Preußen besser widerstehen zu können.

Am 26. Februar 1718 verlobte sich das Paar, am 20. August 1719 wurde in Wien geheiratet. Gefeiert wurde ab dem 2. September einen ganzen Monat lang in Dresden. Obwohl Zuneigung oder gar Liebe bei der Heirat keine Rolle spielte, entwickelten der Kurprinz und Maria Josepha eine geradezu liebevolle Beziehung. Von 1720 an gebar Maria Josepha bis 1740 fast jährlich ein Kind. Von den 15 Kindern erreichten 11 das Erwachsenenalter.

In Sachsen war die Kaisertochter nicht bei jedermann willkommen. Ganze fünf Jahre war verheimlicht worden, dass der Kurprinz 1712 wie zuvor schon sein Vater August der Starke katholisch geworden war. Gegen eine katholische Österreicherin als künftige Herrscherin lief vor allem der protestantische Klerus Sturm. Kreuzkirchenpfarrer und Superintendent Valentin Ernst Löscher mutmaßte gar eine „papistische Gegenreformation“ im Haus Wettin.

Friedrich August II. und Maria Josepha ergänzten einander. Er galt als ausgleichend, menschenscheu, oft unentschlossen, seine Frau als resolut. Der Kurfürst entpuppte sich als Familienmensch und verabscheute die Mätressenwirtschaft des Vaters. Sie begleitete ihn, wo immer sie konnte, und beriet ihn. Als sich der Kurfürst und König jedoch immer mehr Brühl zuwandte, schwand ihr Einfluss. Dennoch brachte sie ihren Mann sowohl nach dem Tode Karls VI. 1740 als auch Karls VII. 1745 gegen den Willen Brühls bei der Wahl eines neuen Kaisers als Kandidat ins Gespräch.

Gemeinsam war dem Paar das Interesse für Kunst, vor allem Musik und Malerei, sowie die Jagd. Innenpolitisch strebte die Kurfürstin eine Öffnung des Landes an. Sie setzte sich für die Ansiedlung der Hugenotten und die Gleichbehandlung der böhmischen Exulanten ein, gründete den Josephinenstift für arme Mädchen und ein Krankenstift. Auf ihre Initiative geht der jetzige Alte Katholische Friedhof zurück, der 1720 eröffnet wurde, und auch zum Bau der Katholischen Hofkirche hat sie beharrlich gedrängt.

Maria Josepha starb 1757, ein Jahr nachdem sie den Preußen so couragiert entgegengetreten war.

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