Riesa
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Flucht mit Schlafanzug und Mantel

Per Postkarte meldete sich Renate Preuß' Großvater nach der Dresdner Bombennacht bei der Verwandtschaft. Er ahnte: "Lange kann es nicht mehr gehen."

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Die Riesaer Autorin Renate Preuß - hier im Sommer 2018 - macht in einem ihrer Bücher die Berichte ihres Großvaters zum Thema. Auch eine Postkarte über den 13. Februar kommt darin vor.
Die Riesaer Autorin Renate Preuß - hier im Sommer 2018 - macht in einem ihrer Bücher die Berichte ihres Großvaters zum Thema. Auch eine Postkarte über den 13. Februar kommt darin vor. © Sebastian Schultz

Riesa. Zahllose Berichte und Zuschriften zum 13. Februar 1945 haben die SZ-Redaktionen in Riesa erreicht. Der Riesaer Autorin fiel in dem Zusammenhang eine Episode ein, die sie in ihrem schon 2006 erschienenen Buch "Lebenserinnerungen aus Sachsen" veröffentlicht hat.

 "Mein Großvater hat die Bombennacht erlebt und ist danach zu Fuß bis nach Riesa geflohen", erzählt sie. Im Gepäck hatte er kaum mehr als einen Mantel und einen Schlafanzug, ein paar Habseligkeiten stellte er in der Gartenlaube unter. Kurz nach dem 13. Februar schrieb er an die kranke Schwiegertochter: 

Ich bin mit dem Leben davongekommen. Es war grauenhaft.  

Unser Gartenhaus steht noch, doch sind sämtliche Fensterrahmen und zwei Türen bei mir herausgerissen und zersplittert.  In der oberen Schrägkammer ist ein Loch von 1,5 Metern. Die Stadt hat furchtbar gelitten, gegen 1.000 Gebäude sind teils ausgebrannt oder eingestürzt. 

Oper, Frauenkirche, Lukaskirche, Dreikönigskirche sind ausgebrannt, ganze Häuserviertel sind in Schutt und Asche gelegt. Ich habe von Euch lange nichts gehört, die Bahn liegt still. Der Neustädter Bahnhof ist ausgebrannt. 

Wie geht es Dir, liebe G.? Zu allem auch noch Krankheitssorgen um Dich! ... aber ich halte auch durch, nur nicht sich selbst aufgeben. Das furchtbare Elend verlangt starke Herzen. Lange kann es nicht mehr gehen. 

Euer Großvater

Später holte Renate Preuß' Vater einige Habseligkeiten aus dem Gartenhaus nach Riesa. "Darunter war auch ein altes Sofa", erzählt die Autorin. "Das steht immer noch in unserem Wohnzimmer." (SZ/stl)