SZ + Dresden
Merken

Platz der verpassten Gelegenheiten

Die Chance auf eine erneute Innovation am Dresdner Postplatz wurde vertan, findet unser Autor. Teil 3 der Serie "Vier Zeiten - vier Ansichten".

Von Peter Ufer
 2 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der Postplatz in Dresden von ca. 1935 bis heute.
Der Postplatz in Dresden von ca. 1935 bis heute. ©  Montage: SZ-Bildstelle

Am nördlichen Postplatzrand prunkt leicht zurück gesetzt der Zwinger. Erbaut vor über 300 Jahren als architektonische Innovation, genutzt als Orangerie und Lustgarten. Davor steht das Taschenbergpalais, heute Grand Hotel der Kempinski-Gruppe, einst erbaut als Geschenk für die Mätresse von August dem Starken, Anna Constanze von Hoym, seit 1707 Gräfin Cosel. 

Blick um 1935 über den Postplatz in Richtung Sophienkirche. Rechts daneben das Gebäude der Gaststätte „Stadtwaldschlösschen“.
Blick um 1935 über den Postplatz in Richtung Sophienkirche. Rechts daneben das Gebäude der Gaststätte „Stadtwaldschlösschen“. © Sammlung Holger Naumann

Der Architekt Johann Friedrich Karcher errichtete 1705 bis 1708 unter Einbeziehung der Vorgängerbauten das Haus als Stadtpalais. Der 1934 restaurierte Bau wurde 1945 bei den Luftangriffen auf Dresden zerstört und blieb fast ein halbes Jahrhundert eine Ruine. Von 1992 bis 1995 wurde das Palais nach alten Vorlagen und unter Verwendung originaler Bausubstanz neu erbaut. 

Ein Blick in die Dresdner Trümmerlandschaft der Nachkriegsjahre. Zu sehen ist auf dem Bild von 1946 noch der Turmhelm des Kirchensüdturmes.
Ein Blick in die Dresdner Trümmerlandschaft der Nachkriegsjahre. Zu sehen ist auf dem Bild von 1946 noch der Turmhelm des Kirchensüdturmes. © Archiv SZ

An den östlichen Postplatzrand grenzt ein von den Dresdnern als „Der Weiße Riegel“ titulierter Bau, marketingfein von den Betreibern getauft als „Das lebendige Haus“. Das Objekt wurde 1999 als reines Bürogebäude errichtet und 2015/2016 umgebaut. Bis 1963 stand auf einem Teil des Grundes der heutigen Immobilie die 1351 erbaute, während des Krieges zerstörte und 1963 auf Befehl des SED-Chefs Walter Ulbrichts abgerissene Sophienkirche.

Der sozialistische Postplatz 1969. Der Blick geht in die damalige Ernst-Thälman-Straße, heute Wilsdruffer Straße. Im Bildzentrum der „Fresswürfel“.
Der sozialistische Postplatz 1969. Der Blick geht in die damalige Ernst-Thälman-Straße, heute Wilsdruffer Straße. Im Bildzentrum der „Fresswürfel“. © SLUB, Dt. Fotothek, Erich Höhne

Heute erinnert ein Glaskubus mit nachgebildeten Kapellenteilen im Inneren an das abgerissene Gotteshaus. Die Wiederherstellung des Vergangenen als Gedenkort ist verdienstvoll, aber eingequetscht zwischen dem „Weißen Riegel“ und einem spiegelnden Quader, dem Restaurant „Max“. 

Das steht jetzt dort, wo zu DDR-Zeiten das Café „espresso“ Gäste platzierte. So änderten sich in 30 Jahren Namen und Rahmen für den Platz, der zwar seine historische Struktur zurückerhielt, aber nicht an Profil gewann. Gut zu erkennen auch am 2007 erfolgten Abriss der 1965 bis 1967 erbauten HO-Gaststätte „Am Zwinger“, im Volksmund „Fresswürfel“ genannt. An dieser Stelle entstand der „Wilsdruffer Kubus“, ein gesichtsloser Zweckbau, genutzt als SAP-Bürogebäude, eine austauschbare Allerweltsarchitektur. Die Chance auf eine erneute Innovation wurde verpasst.

Da, wo in der DDR der „Fresswürfel" stand, schaut man heute auf das SAP-Bürogebäude. Im Hintergrund ragt wieder die Kuppel der Frauenkirche empor.
Da, wo in der DDR der „Fresswürfel" stand, schaut man heute auf das SAP-Bürogebäude. Im Hintergrund ragt wieder die Kuppel der Frauenkirche empor. © Sven Ellger

Termine: Noch mehr historisches Dresden

Panometer: Derzeit ist im Dresdner Panometer das 360°-Panorama-Bild „Dresden 1945“ zu sehen.

Ausstellung: Am 7. Februar eröffnet die Zusatzausstellung zu Peter Ufers neuem Buch „Dresden – Vier Zeiten, Vier Ansichten“ und ist ab dann im Panometer zu sehen.

Diskussion: Am 7. Februar wird es am Abend ein Podiumsgespräch im Panometer geben, bei dem es um die Vergangenheit und Zukunft Dresdens geht. Teilnehmer werden sein: Dr. Peter Ufer, Ernst Hirsch, Yadegar Asisi sowie weitere Gäste.

1 / 3

Senden Sie uns Ihre Fotos und Erinnerungen!

Wenn Sie alte Bilder aus dieser Zeit von Dresden haben, senden Sie uns diese gerne per Mail an: [email protected].

Das Buch zur Serie erscheint in der DDV EDITION: Peter Ufer, „DRESDEN – Vier Zeiten, vier Ansichten“. Ab Mitte Februar ist es im Handel erhältlich. 0351/4864 1827 oder auf www.ddv-lokal.de.

Im nächsten Teil am 25. Januar geht es um die Geschichte des Hauptbahnhofes.

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter "Dresden kompakt" und erhalten Sie alle Nachrichten aus der Stadt jeden Abend direkt in Ihr Postfach.

Mehr Nachrichten aus Dresden lesen Sie hier.