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Die Rettung des Dresdner Zwingers

Immer wieder ist der Dresdner Zwinger eine Baustelle. Das Barock-Bauwerk aus der Zeit August des Starken braucht dauerhaft Pflege. Nach dem Krieg lag er in Trümmern.

Von Ralf Hübner
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Der Wallpavillon hatte 1945 einen Volltreffer erhalten und war bis auf die Mauerschäfte zerstört.
Der Wallpavillon hatte 1945 einen Volltreffer erhalten und war bis auf die Mauerschäfte zerstört. © Foto: SZ/Werner Mohn

Dresden. Der Zwinger ist ein Dresdner Wahrzeichen. Doch bei den Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg wurde er schwer beschädigt. Der Wiederaufbau dauerte offiziell 18 Jahre. Doch schon am 3. Juni 1956 waren anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt große Teile des Ensembles der Öffentlichkeit übergeben worden.

Am 29. April 1963 wurde der Wiederaufbau mit einem symbolischen Akt offiziell beendet. Dazu wurde in die von Herkules getragene Weltkugel am Wallpavillon eine Urkunde eingelegt. Das war vor 60 Jahren.

1963 wird eine Urkunde in die Weltkugel des Herkules gelegt. Es ist das offizielle Ende der Zwinger-Sanierung nach dem Zweiten Weltkrieg.
1963 wird eine Urkunde in die Weltkugel des Herkules gelegt. Es ist das offizielle Ende der Zwinger-Sanierung nach dem Zweiten Weltkrieg. © Archivfoto

"Alle Dächer waren abgebrannt, die Gebäude ausgebrannt und dort, wo im Inneren viel Brennbares verblieben war, hatten die aus den Fenstern schlagenden Flammen auch die Fassaden beschädigt", schilderte Hubert Ermisch seine ersten Eindrücke von der Zerstörung. Kupferbedeckung lag zerbeult und von Bombensplittern zerfetzt im Hof. Schwere Bomben hatten Gebäudeteile vernichtet.

Hubert Ermisch war der erste Chef der 1924 gegründeten Zwingerbauhütte und hatte schon die damalige Sanierung geleitet, die bis 1936 dauerte. Nur wenig Tage nach der Zerstörung des Zwingers bei Luftangriffen in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 machte er sich mit einigen Mitarbeitern wieder ans Werk und versuchte zu retten, was noch zu retten war.

"Das Museum wurde geprüft, keine Minen, geprüft von Chanutin", hatte ein sowjetischer Soldat am Semperbau notiert. Ermisch half, dass die sowjetische Militäradministration den Wiederaufbau des Zwingers demonstrativ unterstützte und unter anderem Bauholz bewilligte. Denn es gab kaum Material und auch etwas zu transportieren war schwierig. Im September 1945 stellte die Landesverwaltung erste Gelder zur Verfügung. Das stieß nicht bei allen Dresdnern auf Verständnis, die in der ausgebombten Stadt zunächst andere Dinge als wichtiger ansahen.

Dresden kehrt in erste Reihe der Kunststädte zurück

Der Aufbau ging schrittweise voran. Ab Mai 1951 wurde ein Teil des Innenhofes wieder für Besucher freigegeben, der Zwingergraben wurde zum Zwingerteich verlängert und ein erster Teil der Langgalerie und das Kronentor vollendet. Weil es weiter an Material fehlte, spendeten die Dresdner nach einem Aufruf Silber und Gold, sodass 1952 Adler und Krone des Kronentores neu vergoldet werden konnten.

1953 erklang im Zwingerhof die erste Zwingerserenade mit dem Kreuzchor. 1954 wurde der nordwestliche Teil der Langgalerie, der Pavillon des Mathematisch-Physikalischen Salons, die Bogengalerie zum Wallpavillon und 1955 der Glockenspielpavillon fertig. Hubert Ermisch war bereits 1951 gestorben. An seiner Stelle führte Max Zimmermann die technische Bauleitung fort.

Die Arbeiten am Zwinger nahmen weiter Fahrt auf, als der Ministerrat der UdSSR 1955 überraschend verkündete, der DDR einen großen Teil die Bilder zurückzugeben, die nach dem Krieg von der Roten Armee als Kriegstrophäen nach Moskau und Kiew gebracht worden waren und Dresden für immer verloren schienen. Schon am 25. August 1955 wurden zunächst 750 von ihnen einer DDR-Regierungsdelegation übergeben.

In aller Eile wurde nun die Rekonstruktion der Sempergalerie am Zwinger vorangetrieben. Im Juni 1955 begannen die Bauarbeiten, 1956 war ein Teil des Baus – allerdings ohne die Details der Innenausstattung Sempers – wiederhergestellt. Die Gemäldegalerie wurde wiedereröffnet. Doch die Bauarbeiten zogen sich noch bis 1960 hin. Mit der Wiedereröffnung der Gemäldegalerie 1956 kehrte Dresden in die erste Reihe der Kunststädte zurück.

Zwinger verfiel Ende des 19. Jahrhunderts

Der Zwinger war in seiner Geschichte immer wieder ein Sanierungsfall. Nach dem Tod August des Starken 1733 war er zunehmend vernachlässigt worden. Während des Siebenjährigen Krieges wurde er beschädigt. Preußische Truppen nutzten den Zwingerhof als Lagerplatz.

Der bauliche Zustand wurde immer schlechter, sodass um 1780 ernsthaft der Abriss erwogen wurde. Vor allem Graf Camillo Marcolini, der 1778 zum Oberkammerherr und Generaldirektor der Künste und Kunstakademien ernannt worden war, setzte sich für den Erhalt ein, und so begannen von 1783 bis 1795 erste Sanierungsarbeiten.

1820 wurde der Zwingergraben zugeschüttet, als nach den Napoleonischen Kriegen die Festungswerke zurückgebaut wurden. Beim Maiaufstand 1849, als auf dem Postplatz Kämpfe tobten, wurde das Opernhaus, das an den Zwinger grenzte, in Brand gesetzt. Das Feuer griff auf den Pavillon mit den naturwissenschaftlichen Sammlungen über, den jetzigen Porzellan-Pavillon, der bis auf die Grundmauern niederbrannte. Der Deutsche Pavillon und der Stadtpavillon, der heutige Glockenspielpavillon, erlitten schwere Schäden.

Nach der Fertigstellung der Sempergalerie 1855 wurde das Bauwerk mit Ölfarbe überzogen, um es optisch an den neuen Museumsbau anzugleichen, was sich für den Sandstein als wenig günstig erwies. Bei einer weiteren Restaurierung in den Jahren 1880 bis 1898 wurden Schäden im Mauerwerk mit Portlandzement, Eisenklammern und Ölfirnis ausgebessert, was den Verfall nur noch beschleunigte.

Ab 1924 begann dann die Zwingerbauhütte unter Hubert Ermisch die vierte umfassende Restaurierung. In den vergangenen Jahren wurden der Semperbau, später das Kronentor und der Zwingerhof einer Verjüngungskur unterzogen. Aktuell ist wegen der Bauarbeiten der Zwingerhof nur eingeschränkt begehbar.