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Überraschende Funde im Dresdner Zwingerhof

Bei den Grabungen haben Archäologen uralte Fundamente des zweiten Reithauses entdeckt. Was von den Vorgängerbauten des Zwingers geblieben ist.

Von Peter Hilbert
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Der Archäologe Hartmut Olbrich neben einem der freigelegten Punktfundamente des zweiten Reithauses im Dresdner Zwinger. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie bei den Grabungen auf diese Reste stoßen.
Der Archäologe Hartmut Olbrich neben einem der freigelegten Punktfundamente des zweiten Reithauses im Dresdner Zwinger. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie bei den Grabungen auf diese Reste stoßen. © Christian Juppe

Dresden. Bauzäune prägen das Bild im Zwingerhof in Dresden. Und das bereits seit über zwei Jahren. Nur noch wenige Zugänge sind geblieben, über die Besucher zu den Ausstellungen kommen. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) saniert den Zwingerhof bis Ende 2024. Seit dem Frühjahr 2021 untersucht Hartmut Olbrich mit seinem Team vom Landesamt für Archäologie den Zwingerhof.

Auf diesem Gemälde ist das zweite Reithaus zu sehen. Es stand jedoch nur 33 Jahre, da es dem Zwinger weichen musste.
Auf diesem Gemälde ist das zweite Reithaus zu sehen. Es stand jedoch nur 33 Jahre, da es dem Zwinger weichen musste. © Landesamt für Denkmalpflege Sachsen

Der promovierte Bauhistoriker und Archäologe und seine Leute sind hier schon auf bis zu 800 Jahre alte Festungsmauern und Fundamente anderer Bauten aus der frühen Dresdner Stadtgeschichte gestoßen. In diesem Jahr stießen sie überraschend auf Fundamente des zweiten Reithauses freigelegt werden. Damit hatten die Archäologen nicht gerechnet.

Vorher war der Untergrund mit dem Bodenradargerät untersucht worden. "Da hatte sich noch nichts abgezeichnet", sagt Olbrich. Bereits vor zwei Jahren waren Fundamentteile des alten Reithauses und der alten Zwingergrotte ausgegraben worden.

Das alte Reithaus: Teile von Fundament entdeckt

In größerer Tiefe war Hartmut Olbrichs Grabungsteam im Frühjahr 2021 im Areal vor der Porzellansammlung auf Fundamentteile des alten Reithauses gestoßen. Das war einer der Festbauten, der 1618 am Gelände Richtung Schloss errichtet wurde. In der Halle mit Tribünen waren bei Veranstaltungen des Hofs unter anderem Reitturniere, Formationsritte und Trabvorführungen zu sehen.

Auf dieser Grafik sind der Verlauf der alten Stadt- und Festungsmauern sowie die Standorte der einstigen Festbauten im Bereich des heutigen Zwingers zu sehen.
Auf dieser Grafik sind der Verlauf der alten Stadt- und Festungsmauern sowie die Standorte der einstigen Festbauten im Bereich des heutigen Zwingers zu sehen. © SZ Grafik

Im Jahr 1672 wurde das alte Reithaus jedoch abgerissen, da das Dach nicht sonderlich stabil war. Die zwei Meter starken Sandstein-Fundamente waren hingegen sehr stabil. Davon konnte sich der Archäologe überzeugen. 1672 bis 1678 wurden ein zweites, stabileres Reithaus und auch ein Schießhaus für Festschießen im Bereich zwischen Theaterplatz, heutiger Sempergalerie und dem Zwingerhof gebaut.

Die alte Zwingergrotte: 2,50 Meter starke Mauer freigelegt

Freigelegt wurden vor der Porzellansammlung auch Teile der alten Zwingergrotte aus den 1670er-Jahren, die auf der Fläche des abgebrochenen alten Reithauses errichtet wurde. Sie stand jedoch nicht lange. Nachdem der neue Grottensaal im Pavillon am Zwingerwall ab 1710 gebaut und bis 1716 noch ausgestaltet war, riss man die alte Zwingergrotte ab.

So dick sind die Mauern der abgerissenen alten Zwingergrotte, die noch im Untergrund stehen. Mittlerweile sind die Gemäuer bereits wieder im Untergrund verschwunden, wird dieser Teil des Zwingerhofes bereits saniert.
So dick sind die Mauern der abgerissenen alten Zwingergrotte, die noch im Untergrund stehen. Mittlerweile sind die Gemäuer bereits wieder im Untergrund verschwunden, wird dieser Teil des Zwingerhofes bereits saniert. © Sven Ellger

Ihre etwa 2,50 Meter starke Mauer wurde bei den Grabungen im Untergrund freigelegt. Sie steht wiederum auf Teilen der massiven Festungsmauern aus den 1540er-Jahren. Die Archäologen entdeckten auch kunstvoll gestaltete Steine, die früher offenbar die alte Zwingergrotte verziert hatten.

Vorsichtig arbeitet Archäologe Hartmut Olbrich beim Auftakt der Grabungen im Frühjahr 2021 mit seiner Spachtel an diesem Sandsteingewölbe. Überraschend waren diese Wände eines alten Kellers unter der früheren Zwingergrotte entdeckt worden.
Vorsichtig arbeitet Archäologe Hartmut Olbrich beim Auftakt der Grabungen im Frühjahr 2021 mit seiner Spachtel an diesem Sandsteingewölbe. Überraschend waren diese Wände eines alten Kellers unter der früheren Zwingergrotte entdeckt worden. © Sven Ellger

Unter der Zwingergrotte gab es einen Keller. "Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet", sagt Olbrich. Davon wurden gut erhaltene Teile der Mauern und des Sandsteingewölbes freigelegt.

Das zweite Reithaus: Fundamente mit Bögen verbunden

Die Archäologen graben derzeit in der Hofmitte auf der Fläche vor der Gemäldegalerie. Obwohl das Bodenradar vorher nichts angezeigt hatte, waren sie 60 Zentimeter unter der Oberfläche auf Fundamente des zweiten Reithauses gestoßen. "Da waren wir schon überrascht", sagt der Grabungsleiter.

Bereits freigelegt sind sechs sogenannte Punktfundamente, die 1,80 Meter breit und 2,80 Meter lang sind. Verbunden waren sie mit Sandsteinbögen. "Ich schätze, dass sie zwei bis drei Meter in die Tiefe reichen", erklärt der Archäologe. Darauf stand die stadtauswärts liegende Außenwand des Reithauses. Es war so lang, dass es vom heutigen Zwingerhof bis vors heutige König-Johann-Denkmal auf dem Theaterplatz reichte.

Das zweite Reithaus musste jedoch dem Zwinger weichen. Im Dezember 1711 kam der Abrissbefehl. Danach begann der Abriss.

Der Zwingerhof ist derzeit eine Großbaustelle. Auf der aufgegrabenen Fläche prägen eine über 300 Jahre alte Wasserleitung (Mitte), die zum Nymphenbad führte, und ein alter Abwasserkanal (r.) das Bild. Dazwischen sind Punktfundamente des zweiten Reithauses
Der Zwingerhof ist derzeit eine Großbaustelle. Auf der aufgegrabenen Fläche prägen eine über 300 Jahre alte Wasserleitung (Mitte), die zum Nymphenbad führte, und ein alter Abwasserkanal (r.) das Bild. Dazwischen sind Punktfundamente des zweiten Reithauses © Christian Juppe

Das Festbauten: Komödienhaus kommt zuletzt

Ende des 17. Jahrhunderts entstehen jedoch nicht nur das zweite Reit- und das Schießhaus, erklärt Zwingerexperte Olbrich. Bis 1691 wird noch ein Redoutenhaus für höfische Tanzveranstaltungen errichtet. August der Starke, der 1694 Kurfürst wird, lässt noch ein Komödienhaus bauen.

Während die Archäologen alte Mauern und andere Bauteile untersuchen, ist Grabungsarbeiter Fred Seidel dabei, weitere Bereiche im Zwingerhof vorsichtig freizulegen.
Während die Archäologen alte Mauern und andere Bauteile untersuchen, ist Grabungsarbeiter Fred Seidel dabei, weitere Bereiche im Zwingerhof vorsichtig freizulegen. © Christian Juppe

1709 will der dänische König Friedrich IV. Dresden besuchen. "August will ihm etwas bieten", erzählt Olbrich. Auf dem Theaterplatz wächst ein riesiges hölzernes Amphitheater für Schaureiten und Tierhatzen, das bis in die 1720er-Jahre stehen soll. Zudem entsteht ein Göttersaal als Vorsaal für das Komödienhaus.

Hinter dem Komödienhaus werden ab 1709 Terrassen mit Mauern und einer Treppe am Wall für die Orangerie Augusts angelegt. Doch die Orangen-, Pampelmusen-, Feigen- und Granatapfelbäume müssen überwintern. Also beginnt der Bau der Bogengalerien auf den anfangs offenen Terrassen beidseitig des heutigen Wallpavillons. "Das ist die Geburtsstunde des heutigen Zwingers", sagt der Experte.

Die Sanierung: Zwingerhof wird bis 2024 ausgebaut

Olbrich hofft, dass die archäologischen Grabungen im Zwingerhof bis Jahresende abgeschlossen werden können. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) will den Zwingerhof bis Ende 2024 für rund zwölf Millionen Euro sanieren. Dabei soll er eine dunkelbraune wassergebundene Decke erhalten.