Dresden. Bauzäune prägen das Bild im Zwingerhof in Dresden. Und das bereits seit über zwei Jahren. Nur noch wenige Zugänge sind geblieben, über die Besucher zu den Ausstellungen kommen. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) saniert den Zwingerhof bis Ende 2024. Seit dem Frühjahr 2021 untersucht Hartmut Olbrich mit seinem Team vom Landesamt für Archäologie den Zwingerhof.
Der promovierte Bauhistoriker und Archäologe und seine Leute sind hier schon auf bis zu 800 Jahre alte Festungsmauern und Fundamente anderer Bauten aus der frühen Dresdner Stadtgeschichte gestoßen. In diesem Jahr stießen sie überraschend auf Fundamente des zweiten Reithauses freigelegt werden. Damit hatten die Archäologen nicht gerechnet.
Vorher war der Untergrund mit dem Bodenradargerät untersucht worden. "Da hatte sich noch nichts abgezeichnet", sagt Olbrich. Bereits vor zwei Jahren waren Fundamentteile des alten Reithauses und der alten Zwingergrotte ausgegraben worden.
Das alte Reithaus: Teile von Fundament entdeckt
In größerer Tiefe war Hartmut Olbrichs Grabungsteam im Frühjahr 2021 im Areal vor der Porzellansammlung auf Fundamentteile des alten Reithauses gestoßen. Das war einer der Festbauten, der 1618 am Gelände Richtung Schloss errichtet wurde. In der Halle mit Tribünen waren bei Veranstaltungen des Hofs unter anderem Reitturniere, Formationsritte und Trabvorführungen zu sehen.
Im Jahr 1672 wurde das alte Reithaus jedoch abgerissen, da das Dach nicht sonderlich stabil war. Die zwei Meter starken Sandstein-Fundamente waren hingegen sehr stabil. Davon konnte sich der Archäologe überzeugen. 1672 bis 1678 wurden ein zweites, stabileres Reithaus und auch ein Schießhaus für Festschießen im Bereich zwischen Theaterplatz, heutiger Sempergalerie und dem Zwingerhof gebaut.
Die alte Zwingergrotte: 2,50 Meter starke Mauer freigelegt
Freigelegt wurden vor der Porzellansammlung auch Teile der alten Zwingergrotte aus den 1670er-Jahren, die auf der Fläche des abgebrochenen alten Reithauses errichtet wurde. Sie stand jedoch nicht lange. Nachdem der neue Grottensaal im Pavillon am Zwingerwall ab 1710 gebaut und bis 1716 noch ausgestaltet war, riss man die alte Zwingergrotte ab.
Ihre etwa 2,50 Meter starke Mauer wurde bei den Grabungen im Untergrund freigelegt. Sie steht wiederum auf Teilen der massiven Festungsmauern aus den 1540er-Jahren. Die Archäologen entdeckten auch kunstvoll gestaltete Steine, die früher offenbar die alte Zwingergrotte verziert hatten.
Unter der Zwingergrotte gab es einen Keller. "Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet", sagt Olbrich. Davon wurden gut erhaltene Teile der Mauern und des Sandsteingewölbes freigelegt.
Das zweite Reithaus: Fundamente mit Bögen verbunden
Die Archäologen graben derzeit in der Hofmitte auf der Fläche vor der Gemäldegalerie. Obwohl das Bodenradar vorher nichts angezeigt hatte, waren sie 60 Zentimeter unter der Oberfläche auf Fundamente des zweiten Reithauses gestoßen. "Da waren wir schon überrascht", sagt der Grabungsleiter.
Bereits freigelegt sind sechs sogenannte Punktfundamente, die 1,80 Meter breit und 2,80 Meter lang sind. Verbunden waren sie mit Sandsteinbögen. "Ich schätze, dass sie zwei bis drei Meter in die Tiefe reichen", erklärt der Archäologe. Darauf stand die stadtauswärts liegende Außenwand des Reithauses. Es war so lang, dass es vom heutigen Zwingerhof bis vors heutige König-Johann-Denkmal auf dem Theaterplatz reichte.
Das zweite Reithaus musste jedoch dem Zwinger weichen. Im Dezember 1711 kam der Abrissbefehl. Danach begann der Abriss.
Das Festbauten: Komödienhaus kommt zuletzt
Ende des 17. Jahrhunderts entstehen jedoch nicht nur das zweite Reit- und das Schießhaus, erklärt Zwingerexperte Olbrich. Bis 1691 wird noch ein Redoutenhaus für höfische Tanzveranstaltungen errichtet. August der Starke, der 1694 Kurfürst wird, lässt noch ein Komödienhaus bauen.
1709 will der dänische König Friedrich IV. Dresden besuchen. "August will ihm etwas bieten", erzählt Olbrich. Auf dem Theaterplatz wächst ein riesiges hölzernes Amphitheater für Schaureiten und Tierhatzen, das bis in die 1720er-Jahre stehen soll. Zudem entsteht ein Göttersaal als Vorsaal für das Komödienhaus.
Hinter dem Komödienhaus werden ab 1709 Terrassen mit Mauern und einer Treppe am Wall für die Orangerie Augusts angelegt. Doch die Orangen-, Pampelmusen-, Feigen- und Granatapfelbäume müssen überwintern. Also beginnt der Bau der Bogengalerien auf den anfangs offenen Terrassen beidseitig des heutigen Wallpavillons. "Das ist die Geburtsstunde des heutigen Zwingers", sagt der Experte.
Die Sanierung: Zwingerhof wird bis 2024 ausgebaut
Olbrich hofft, dass die archäologischen Grabungen im Zwingerhof bis Jahresende abgeschlossen werden können. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) will den Zwingerhof bis Ende 2024 für rund zwölf Millionen Euro sanieren. Dabei soll er eine dunkelbraune wassergebundene Decke erhalten.