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Dresdner City ist Opfer von Corona und Homeoffice

Der Konsum wandert von Dresden in das Umland ab, heißt es vom Ifo-Institut in München. Sachsens Handelsverband teilt diese Ansicht aber nur bedingt.

Von Michael Rothe
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Corona hat das Einkaufsverhalten der Menschen verändert. Noch immer liegt der Konsum in den Innenstädten zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
Corona hat das Einkaufsverhalten der Menschen verändert. Noch immer liegt der Konsum in den Innenstädten zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau. © Sven Ellger

Dresden. Die Corona-Pandemie hat den Konsum mit andauernder Wirkung von der City an den Stadtrand verlagert. Er habe in den Innenstädten von fünf deutschen Konsumzentren, darunter Dresden, Ende Mai 2022 weiter zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau gelegen, während er in Wohngebieten der Vororte um bis zu 20 Prozent zugelegt habe, heißt es in einer Studie des Münchner Ifo-Instituts auf Basis anonymisierter Bezahldaten des Kreditkartenanbieters Mastercard.

„Auch nach Auslaufen fast aller Corona-Maßnahmen kehren die Menschen nicht zu ihren Vorkrisen-Einkaufsgewohnheiten zurück“, sagt Carla Krolage, Co-Autorin der Studie. Sie und ihre Mitstreiter hatten das Kaufverhalten in den Metropolregionen von Anfang Januar 2019 bis Ende Mai 2022 untersucht und die Ausgaben von in Deutschland wohnenden Karteninhabern mit den Ergebnissen einer Umfrage unter knapp 12.000 Teilnehmern zur Homeoffice-Nutzung verknüpft.

© SZ Grafik

Weniger Konsum im Zentrum, mehr Konsum in Wohngebieten und Vororten, dieses Phänomen werde Donut-Effekt genannt. Er sei zwar in Dresden nicht so extrem erkennbar wie in Berlin, München oder Hamburg, sagt die Ifo-Forscherin zu saechsische.de. Allerdings seien auch in Sachsens Hauptstadt „Konsumverschiebungen durch Home Office bedingt“.

René Glaser vom Handelsverband Sachsen sieht das „weder in der Dramatik noch in seiner Absolutheit“ so. Zwar würden etwa 20 Prozent der Einkäufe auf dem Weg zwischen dem Zuhause und der Arbeit erledigt, was im Homeoffice zwangsläufig zu weniger Konsum führe. „Aber das Angebot ist in der Tiefe und der Breite in der City deutlich größer“, sagt der Hauptgeschäftsführer zu saechsische.de. Die Kauflaune sei generell gesunken. Glaser macht dafür maßgeblich die Inflation, allgemeine Unsicherheit und die hohen Spritkosten verantwortlich. Nach Corona seien einige noch immer dem Onlinehandel verhaftet, der derzeit aber ebenfalls Federn lasse.

Der Donut-Effekt sei in den deutschen Millionenstädten an Wochentagen stärker zu beobachten als am Wochenende, heißt es in der Ifo-Untersuchung. Zwar gebe es in den Innenstädten samstags keinen Konsumrückgang gegenüber der Vor-Coronazeit, aber das gleiche nicht den Umsatzverlust an Wochentagen aus.

Vororte und Wohngebiete werden zu Konsumzentren

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Wohngebiete, in denen es früher wenig Homeoffice gab und die seit Corona einen hohen Zuwachs an derart Beschäftigten hatten, 20 Prozent mehr Konsum als zuvor verzeichnen. „Die Menschen haben sich ans Online-Shopping gewöhnt, und sie arbeiten mehr von zu Hause aus als vor der Pandemie“, sagt Mitautor Jean-Victor Alipour. Wohngebiete und Vororte würden zu eigenständigen Konsumzentren, in denen mehr Geld ausgegeben werde.

„Dauerhaft mehr Homeoffice, mehr Online-Shopping und die resultierenden regionalen Konsumverschiebungen stellen das Konzept von deutschen Innenstädten als reine Einkaufs- und Arbeitsorte stark infrage“, ergänzt Mitverfasser Simon Krause. Das könne „erhebliche Folgen für den Einzelhandel, Bürokomplexe und Gastronomie haben sowie für die Verkehrs- und die Stadtplanung“, so der Wirtschaftsforscher.