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Stadtplaner: "Dresdens Prager Straße auch als Veranstaltungsfläche nutzen"

Welche Ideen Professor Thomas Krüger von der Hafen-City-Universität Hamburg für die Belebung der Dresdner Innenstadt hat, erklärt er im Interview sowie als Gast beim Handelsforum des Citymanagements am Dienstag.

Von Kay Haufe
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Dieser Bereich der Prager Straße könnte zur Veranstaltungsfläche umgebaut werden, schlägt Stadtplaner Thomas Krüger vor.
Dieser Bereich der Prager Straße könnte zur Veranstaltungsfläche umgebaut werden, schlägt Stadtplaner Thomas Krüger vor. © Sven Ellger

Dresden. "Mehr Leben in die Innenstadt", sagt Thomas Krüger, der als Professor seit 2000 das Arbeitsgebiet Projektentwicklung und Projektmanagement im Fachbereich Stadtplanung an der Hafen-City-Universität Hamburg leitet. Doch diese Forderung ist nicht neu in Dresden, passiert ist in den vergangenen Jahren allerdings kaum etwas. Wie das gelingen könnte, darüber sprach Sächsische.de mit ihm, der auch Beispiele aus Hamburg mitbringt.

Herr Krüger, sind leere Schaufenster und weniger Besucher nur ein Problem der Dresdner Innenstadt?

Nein, überall nimmt der Leerstand zu, besonders in kleineren Städten und in sogenannten B-Lagen der Großstädte, in denen nicht so viel Publikumsverkehr vorbeikommt. Das ist also nichts Spezifisches für Dresden. Überall gleich ist auch, dass die Bevölkerung leere Schaufenster nicht sehen mag, weil sie als ein Zeichen von Niedergang gesehen werden. In der Folge kommen dort noch weniger Leute vorbei.

Was könnte helfen, wieder mehr Leben in die City zu bringen?

Die Innenstadt muss wieder ein Treffpunkt für die Menschen werden. Ein Ort, wo viel los ist, jenseits des Konsums. Es braucht Anlässe, zu denen sich die Leute genau dort verabreden und mit Freunden und Familie ihre Zeit dort verbringen. Und nebenbei auch noch einkaufen. Ich nenne einmal ein Beispiel aus Hamburg. Wenn dort das Passagierschiff Queen Mary 2 einläuft, stehen Zehntausende Menschen aus der ganzen Region Hamburg mit Kind und Kegel am Hafen und winken. Das ist ein richtiges Event. Und anschließend bummeln die Menschen durch die Stadt.

Solche Anlässe kann jede Stadt schaffen. Das können große Sportereignisse sein, die man sich gemeinsam auf großen Plätzen in der Innenstadt anschaut, Straßentheater, Konzerte, Beach-Volleyball-Spiele oder spannende Show-Veranstaltungen.

Hätte Dresden die räumlichen Voraussetzungen dafür?

Dresden hat eine sehr spezielle Innenstadt, die aus meiner Sicht dreigeteilt ist. Da gibt es die Prager Straße, den Altmarktbereich und die barocke Altstadt mit dem Neumarkt. Der letztgenannte Teil ist das touristische Aushängeschild, ein Viertel mit einer einzigartigen Atmosphäre, das seine Besucher von selbst findet.

Die Prager Straße ist der schwierige Teil. Im mittleren Bereich ist sie aus Händlersicht zu breit, die Passanten laufen nicht dicht genug an den Läden vorbei. Und um die Brunnen herum zu sitzen ist ja nett. Aber ist das eine Nutzung für eine der zentralsten und größten Flächen mitten in der Stadt?

Die Prager Straße, die hier ja eigentlich ein Platz ist, bietet sich von der Lage und Größe an, sie multifunktional zu gestalten und auch als Veranstaltungsfläche zu nutzen. Allerdings bedeutet das, dass öfter gereinigt werden muss, weil sich dort viele Menschen aufhalten. Und die ringsum wohnenden Menschen müssen mit einem gewissen Geräuschpegel rechnen.

Professor Thomas Krüger ist der Gastredner beim Dresdner Handelsforum. Er leitet seit 2000 das Arbeitsgebiet Projektentwicklung und Projektmanagement im Fachbereich Stadtplanung an der Hafen-City-Universität Hamburg.
Professor Thomas Krüger ist der Gastredner beim Dresdner Handelsforum. Er leitet seit 2000 das Arbeitsgebiet Projektentwicklung und Projektmanagement im Fachbereich Stadtplanung an der Hafen-City-Universität Hamburg. © HafenCityUniversität Hamburg

Wer soll denn Initiator dieser Veranstaltungen sein?

Das ist eine gute Frage, denn die Innenstadt hat es sehr schwer, sich überhaupt zu organisieren. Einzelhändler sind von sich aus "einzeln". Sie sind Unternehmer, die sich in ihrem Umfeld im Wettbewerb eigenständig behaupten müssen. Die tun sich normalerweise maximal bei der Werbung zusammen. Für Veranstaltungen sind, neben der Idee und dem Konzept selbst, aber viele weitere Fragen zu beachten. Da muss eine Genehmigung für die Nutzung der öffentlichen Fläche her, muss die Sicherheit geklärt sein und für Toiletten gesorgt werden. Alles schwierig. Da haben es die Händler in den Shoppingcentern besser. Dort wird alles aus einer Hand von Profis im Centermanagement erledigt – und von allen Händlern als Marketing-Pauschale zusätzlich zur Miete bezahlt.

Ist also die Stadtverwaltung gefragt?

Auch, aber dann mit sehr professionellem Personal und Formaten. Ich nenne wieder ein Beispiel aus Hamburg, um zu zeigen, was dort versucht wird. Hamburg hat eine städtische "Kreativgesellschaft" zur Förderung der kreativen Wirtschaft. Diese spricht Vermieter an und vermittelt denen Menschen, die gute Ideen haben und Flächen suchen. Die Stadt zahlt das Management und subventioniert die Mietpreise. Ein Quadratmeter Nutzfläche kostet für die Kreativen 1,50 Euro, normalerweise wäre das Zehn- bis Zwanzigfache nötig.

Eines dieser Projekte halte ich für besonders bemerkenswert. Das Gebäude von ehemals Karstadt Sport am Eingang der Mönckebergstraße gleich gegenüber vom Hauptbahnhof, also absolute Top-Lage, steht leer. Es gehört einer großen Versicherung. Die Kreativgesellschaft hat es für ein Jahr gegen Zahlung der Betriebskosten übernommen, um es jungen Kreativen mit innovativen Formaten zu sehr günstigen Konditionen zur Verfügung zu stellen. Nun ist ein ganzes ehemaliges Kaufhaus ein Experimentierfeld, das man besuchen kann. Es ist klar, dass nicht jedes Experiment überleben wird, aber der Raum zum Ausprobieren ist da.

Großes Reizthema für die Innenstadthändler ist die geplante Ansiedlung einer Globus-Markthalle nahe der Innenstadt. Ist das wirklich so problematisch?

Die Leute kommen wieder in die Innenstädte, auch in Dresden, aber die Umsätze sind nicht wieder auf dem Niveau wie vor Corona, weil viele Menschen in der Pandemie die Vorteile des Online-Handels kennengelernt haben. Kommt jetzt ein weiterer großer Standort auch mit innenstadtrelevantem Sortiment wie vor allem Bekleidung, Schuhe, Elektronik, Haushaltswaren usw., wie es für Globus und Co. typisch ist, dann ist das eine große Konkurrenz für die Innenstadt und wird Kaufkraft abziehen. Wer zu Globus fährt, kommt nicht mehr in die Innenstadt. Dresden hat schon mit dem Elbepark und dem Kaufpark zwei Einkaufscenter für Leute, die mit dem Auto kommen und dort vom Einkauf bis zum Essen und Trinken alles erledigen. Wenn den Dresdnerinnen und Dresdnern ihre Innenstadt wichtig ist, dann sollten sie diese auch nutzen.

Das Gespräch führte Kay Haufe.

Das Dresdner Handelsforum "Resiliente Innenstadt - Die Dresdner City von morgen" findet am 25. April ab 15 Uhr im Plenarsaal des Neuen Rathauses statt. Dresdens Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) spricht ein Grußwort, neben dem Vortrag von Thomas Krüger gibt es einen weiteren von Eddy Donat, dem Niederlassungsleiter der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung zum Handelsatlas 2022. Ab 17.15 Uhr debattieren David Klein, der Amtsleiter des Amtes für Kultur und Denkmalschutz, Claudia Riedel von der Schaulust GmbH, Corinne Miseer, die Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH, sowie Marco Richter von der Fachhochschule Dresden zum Thema Innenstadt. Moderiert wird die Diskussion von Dietrich Nixdorf, dem Leiter der SZ-Lokalredaktion Dresden.

Anmeldungen sind unter www.cm-dresden.de/dresdner-handelsforum.html möglich. Der Ticketpreis beträgt 49 Euro.