Ein Jahr Tanztee in Dresden: Geburtstagstörtchen im Zentralwerk
Dresden. Die Idee fing ganz klein an. In winzigen Tanzschuhen tastete sie sich vorsichtig und ohne große Erwartungen in Richtung Parkett. Doch kaum dort angekommen, erfasste sie ein tosender Beifall, und die Begeisterung wirbelte die Überraschte durch den Ballsaal.
Vom ersten Tag an ist die Eingebung vom Tanztee im Zentralwerk Pieschen eine selbstbewusste Veranstaltung dieser Stadt geworden. Ihre Eltern gratulieren ihr am Sonntag zum ersten Geburtstag: Kerstin Klauer-Hartmann und Marc Hartmann, die vor einem Jahr Mut zur guten alten Tradition des Tanztees hatten.
Der heißt nicht umsonst "Kleine Hausball". Als Tea Dance entstand er Anfang des 19. Jahrhunderts in England. Damals trafen sich dort junge Leute zur gegenseitigen Tuchfühlung bei Tee und Canapés. Auch in Dresden ist er kein Unbekannter. Doch so, wie es ihn im Zentralwerk gibt, erlebt man ihn nirgends - mit einer Big-Band aus hochkarätigen Musikern, die beruflich in verschiedenen Klangkörpern spielen und sich aus purem Enthusiasmus zur orchestralen Königsdisziplin zusammenfinden.
Tanzen mit mehreren Generationen in Dresden
Unter dem Namen Marc Hartmann & sein Tanzorchester bespielen sie regelmäßig den historischen Ballsaal und befördern dessen besonderen Charme mit ihrer Liebeserklärung an verflossene Zeiten. Der Sog erfasst nicht nur ein älteres Publikum, sondern locken seit einem Jahr viele junge Tänzer an. Selbst die Musiker können sich ihm nicht entziehen. Es ist eine hohe Kunst, ein ums andere Mal so viele von ihnen zusammenzubekommen. Alle haben ihre Verpflichtungen. Doch sie lassen es sich nicht nehmen.
"Herzallerliebst zu erleben, wie jüngere Generationen, die schneller von unserem Tanztee erfahren haben, ihre Eltern und Großeltern mitbringen", erzählt Kerstin Klauer-Hartmann. Eigentlich lotst sie als Stadtführerin sehr unterhaltsam und mit Aha-Effekten Gäste durch die Stadt. Doch für den Tanztee und die Big-Band ihres Mannes steigt sie auch singend auf die Bühne.
"Manche Senioren sind nicht mehr gut genug zu Fuß, um selbst zu tanzen", erzählt sie, "Dann sitzen sie eben mit glänzenden Augen bei Kaffee, Kuchen und Piccolöchen am Tisch und freuen sich am Orchester." Wo sonst kommen sie denn heutzutage noch in den Genuss dieser imposanten Livemusik, die sie an ihre Jugend erinnert und in Erinnerungen schwelgen lässt?
Spenden für Tanztee erbeten: Vergnügen zum Liebhaberpreis
Übrigens müssen auch die Jüngeren nicht zwingend swingen und jazzen. Etliche versierte Paare tun das jedoch verlässlich. Sie sind in Tanzschulen und Clubs aktiv. So sorgen sie dafür, dass die Tanzfläche nie zu leer für weniger Geübte erscheint und Zögerliche beste Unterhaltung aus sicherer Entfernung haben.
Zahlreiche Ehrenamtliche tragen die Veranstaltungsreihe mit, die sich im Laufe ihres ersten Jahres so gut entwickelt hat, dass nun alle Termine bis zum März 2024 feststehen. Sie kochen Kaffee, backen Kuchen, schenken Sekt, Wein und Bier aus. Am Eingang begrüßen sie die Gäste und legen ihnen eine Spende ans Herz. Der Tanztee ist nämlich nicht für ein schlichtes Eintrittsgeld zu haben - nur zum Liebhaberpreis.
Für die letzte Veranstaltung im April des nächsten Jahres, sozusagen, bevor der Tanztee in die Sommerpause geht, planen Kerstin und Marc einen ganz besonderen Hausball - eine Art Swing-Band-Ball. Dafür gesellt sich zu Marc Hartmann & seinem Tanzorchester eine zweite Big-Band - das New Town Swing Orchestra.
"Dafür bauen wir gegenüber der großen Bühne eine weitere Bühne auf, sodass sich die Musiker gegenseitig zuspielen und das Publikum musikalisch einkreisen können." Der Termin dafür wird noch bekannt gegeben. Doch zuvor heißt es am 22. Oktober, 15 bis 18 Uhr: zum Geburtstag viel Glück!