Sachsen
Merken

Grünes-Gewölbe-Prozess: Weitere Details kommen ans Licht

Im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe wird klar: Zwei noch unbekannte Täter war beteiligt. Zudem fordern Verteidiger, die Schadenersatzklage des Freistaates abzuweisen.

Von Alexander Schneider
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die ausgeraubte Vitrine im Juwelenzimmer des Historischen Grünen Gewölbes.
Die ausgeraubte Vitrine im Juwelenzimmer des Historischen Grünen Gewölbes. © Oliver Killig/dpa

Dresden. Im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe am Landgericht Dresden muss der Angeklagte Rabieh Remmo am Freitag weitere Fragen der Staatsanwaltschaft beantworten. Im Mittelpunkt steht die Planung und Vorbereitung der spektakulären Tat vom 25. November 2019.

Es wird immer klarer, dass zwei noch unbekannte Täter am Einbruch ins Grüne Gewölbe beteiligt waren. Die sollen in der Hierarchie der Tätergruppe höher gestanden haben. Das behauptete Rabieh Remmo auch am Freitag. Der 29-Jährige ist der erste der sechs Angeklagten, dessen Geständnis mit einem langatmigen Frage-Antwort-Ping-Pong überprüft wird. Schon am Donnerstag wurde er von der Jugendkammer des Landgerichts Dresden umfangreich zu Tatgeschehen, Vorbereitung und Motiv befragt. Am Freitag fragte die Staatsanwaltschaft weiter, deutlich mehr und intensiver.

Der Schmuck sollte zunächst versteckt bleiben, bis "Gras über die Sache gewachsen ist", und später verwertet werden, antwortete der Angeklagte etwa. Er habe geglaubt, durch mit seinem Anteil Millionär zu werden. Die Diamanten umzuschleifen, sei auch eine Option gewesen, um sie zu Geld zu machen.

Auch die beiden bei der Tat eingesetzten Autos, ein Audi und ein 750 PS-Mercedes, seien bereits vorhanden gewesen. Der 29-Jährige selbst sei zwei, drei Monate vor der Tat vom Mitangeklagten Wissam Remmo gefragt worden, mitzumachen. „Es sollte ein Blitzeinbruch sein. Rein-Raus“, so ein Verteidiger des 29-Jährigen. Die beiden unbekannten Täter sollen diejenigen sein, die mehr Wissen und Planungsarbeit geleistet hätten. Sie und Wissam Remmo hätten vor ihm vom Einbruch gewusst, er sei von Wissam gefragt worden, ob er mitmache. "Ich war dazu bereit", sagte Rabieh Remmo nach Angaben seiner Verteidiger. Er gab auch zu, seinen guten Kumpel, den Mitangeklagten A.M. Remmo mit der Beschaffung der Äxte beauftragt zu haben.

Diskussion im Hinterzimmer

Der Frage-Marathon könnte sich so noch tagelang hinziehen. Bis zu zehn Fragen, dann 20 Minuten Unterbrechung, damit sich der Angeklagte mit seinen Verteidigern abstimmen kann, dann fünf Minuten Antworten und Entgegennehmen der nächsten Fragen im Gerichtssaal, dann wieder Unterbrechung.

Das Gericht unterbrach die Sitzung am Freitagnachmittag jedoch einmal, um mit Staatsanwaltschaft und Verteidigern das Vorgehen zu erörtern. Grund war das von den Verteidigern als überzogen kritisierte Aufklärungsinteresse der Staatsanwaltschaft. Dazu müsse ihr Mandant nichts sagen. Was im Hinterzimmer gesprochen wurde, blieb unklar. Man habe keinen Konsens erzielen können, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel danach und leitete die nächste Fragerunde ein.

Schon am Vormittag war es zu einem ersten kleinen Schlagabtausch zwischen Vertretern des Freistaates, die als Adhäsionskläger (Schadensersatzanspruch) in dem Prozess teilnehmen wollen, und der Verteidigung gekommen. Ein Vertreter des Landesamts für Steuern und Finanzen, er macht Schadensersatzansprüche in Höhe von knapp 89 Millionen Euro geltend, hatte den Verteidiger-Vorwurf zurückgewiesen, durch das späte Einsteigen in den Prozess Mitte Dezember für eine weitere Verfahrensverzögerung verantwortlich zu sein.

Durch die späte Herausgabe des Schmucks und der dadurch erforderlich gewordenen Bewertung des Schadens hätten die Angeklagten selbst die Ursache für die Verzögerung der Hauptverhandlung geschaffen. Sie hätten den Schmuck schon viel früher herausgeben können und nicht erst Mitte Dezember nach einem knappen Jahr. Der Prozess hatte im Januar 2022 begonnen.

Sind die Sicherheitsvorkehrungen schuld?

Hinzu komme: Auch bei der Herausgabe des Schmucks sei es durch den Einsatz von Lösungsmitteln zu weiteren erheblichen Beschädigungen an den Pretiosen gekommen, so der Vertreter der Adhäsionsklage. Das sei eine weitere Straftat wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung, die zwar nicht von den Angeklagten begangen worden sein konnte, aber von anderen aus ihrem Umfeld. Möglicherweise hatte man mit Lösungsmitteln versucht, Spuren, die auf weitere Täter hinweisen könnten, zu vernichten. Der Klage-Vertreter erneuerte seinen Antrag, dass das Gericht einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Wertgutachtens beauftragen möge, so wie er es bereits vergangene Woche vorgeschlagen habe.

Der Dresdner Verteidiger Carsten Brunzel beantragte, die Jugendkammer möge die Adhäsionsklage zurückzuweisen. Er sagte, es sei nicht möglich, den Wert der Beute objektiv zu beziffern, da es keinen Marktpreis für die Steine gebe. Darüber hinaus seien auch weitere vom Freistaat geltend gemachte Forderungen "unsubstantiiert", wie Brunzel es wiederholt nannte.

So wurde der Sachschaden im Grünen Gewölbe - etwa am Gebäude und an der zerstörten Vitrine - auf gut 300.000 Euro beziffert. Allerdings könne der Freistaat nicht die Summe für die Erneuerung der Vitrine fordern, sondern den Zeitwert. Brunzel argumentierte, der Diebstahl sei durch die für Gegenstände von erheblichem Wert nicht ausreichend gesicherten Ausstellungsvitrinen begünstigt worden. Diese seien nach dem Einbruch auch nicht in den ursprünglichen Zustand versetzt, sondern komplett erneuert und ertüchtigt worden. Beansprucht werden dürften aber nur Reparaturkosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands.

Zudem bestreitet der Verteidiger die vom Freistaat aufgerufene Summe für Schäden am Museum in Höhe von knapp 316 000 Euro ebenso wie die Summe bezüglich der gestohlenen Schmuckstücke. Auch der angegebene Wert der zurückgegebenen Objekte mit nur knapp 43 Millionen Euro, der Beschädigungen in Höhe von fast 25,6 Millionen Euro und des noch fehlenden Schmucks von über 51,3 Millionen Euro seien nicht nachweisbar belegt, sagte der Verteidiger. Da auch die in der Anklage genannten Versicherungswerte der Steine nicht objektiv seien, könne das Gericht sich im Rahmen einer Schätzung nur auf Spekulation stützen.