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Wegen chronischer Kopfschmerzen: Einbrecher wird nach drei Jahren verurteilt

Drei Jahre lang versuchte das Gericht vergeblich, einen mutmaßlichen Einbrecher zu verurteilen. Doch das ließ der Gesundheitszustand des Angeklagten nicht zu. Jetzt hat es geklappt.

Von Alexander Schneider
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Die Dresdner Polizei stellte 2019 drei Einbrecher auf der Flucht. Der letzte Angeklagte dieses Trios stand nun vor dem Amtsgericht Dresden.
Die Dresdner Polizei stellte 2019 drei Einbrecher auf der Flucht. Der letzte Angeklagte dieses Trios stand nun vor dem Amtsgericht Dresden. © Symbolfoto: Marion Doering

Dresden. Sieben Mal hat das Jugendschöffengericht Haupverhandlungstermine angesetzt, um gegen einem heute 26-jährigen Angeklagten zu verhandeln. Sieben Mal ging das schief. Nun also Versuch Nummer acht. Vorsorglich hatte der Vorsitzende Richter Markus Vogel nun keine Zeugen geladen, um ihnen eine erneute Leerfahrt zum Amtsgericht Dresden zu ersparen. Einer der Zeugen wohnt derzeit in der Nähe von Würzburg, und war beim letzten Versuch mehr als 400 Kilometer umsonst angereist.

Dieses Mal jedoch war der Angeklagte da, begleitet von seinem Verteidiger und einer Berufsbetreuerin. Der Dresdner ist gelernter Techniker, der zur Tatzeit im März 2019 jedoch als Kurierfahrer gearbeitet hatte. Als solcher soll er auch bei der ihm vorgeworfenen Straftat tätig gewesen sein: Am frühen Morgen des 7. März 2019 sei er mit seinem Dienstfahrzeug, einem Mercedes Sprinter, in die Hofmühlenstraße gefahren, wo zwei Einbrecher das Fahrzeug mit ihrer Beute beluden. Die hatten sie zuvor aus einem Bürokomplex gestohlen.

Pech für alle Drei: Die Polizei hatte den Braten längst gerochen. Kaum war der 26-Jährige losgefahren, zwangen ihn mehrere Polizeifahrzeuge zum Anhalten. Das Trio wurde festgenommen, die Beute sichergestellt - ein Tresor mit Bargeld und Briefmarken, ein Beamer, eine Tasche voller Werkzeuge und eine hochwertige Kamera im Gesamtwert von 20.000 Euro.

Doch während die beiden Haupttäter für diesen Einbruch und weitere Taten längst verurteilt wurden – einer erhielt etwa im April 2020 eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten und dürfte bereits wieder auf freiem Fuß sein – hatte es der Gesundheitszustand des nun Angeklagten nicht zugelassen. Dabei wurde ihm "nur" Beihilfe vorgeworfen.

Wetter, Stress, Alkohol sind Gift

Der 26-Jährige leide bis heute an Depressionen und chronischen Kopfschmerzen, wie er dem Gericht mitteilte. Ein Wetterumschwung, Stress oder ein Schluck Alkohol lösten bei ihm wochenlange Schmerzattacken aus, wie er sagte. Er habe etwa auch versucht, die Schmerzen "präventiv" mit Cannabis zu beherrschen und habe so auch im Jahr 2019 Führerschein und Job verloren. Seit dem lebe er von Sozialhilfe.

Die Tat räumte der Angeklagte nun ein. Er habe den Haupttäter ein paar Wochen zuvor kennengelernt und für ihn einmal ein Babybett transportiert. In der Tatnacht sei er angerufen worden, um eine Fahrt zu übernehmen. Er habe zuerst gedacht, dass er den Kumpel samt Fahrrad nach Hause bringen solle.

"Kommt es häufiger vor, dass Sie nachts um 4 angerufen werden?", fragte Richter Vogel. "Nein", antwortete der Angeklagte, er sei aber schon am Aufstehen gewesen, weil er um 6 Uhr Dienstbeginn hatte. Er habe nicht gewusst, dass er Einbrechern hilft, sei auch nicht am Tatort gewesen, sondern habe einen halben Kilometer davon entfernt geparkt.

Er habe "schnell losfahren" sollen, daher gar nicht fragen können, was das für ein Zeug sei. "Ich bin um zwei Ecken gebogen, da kam auch schon die Polizei aus allen Richtungen! Ich wusste nicht, in welchem Film ich mich bewege", so der junge Mann.

Das Jugendschöffengericht fand eine ungewöhnliche Lösung, um das alte Verfahren nun endlich zu beenden. Der Angeklagte sagte zu, bis April 40 Arbeitsstunden zu leisten. Dann könnte die Sache wegen geringer Schuld eingestellt werden.