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Fake-News im Terrorgruppe Freital-Prozess

Am Donnerstag endet der zweite Prozess gegen Mitglieder der Terrorgruppe Freital in Dresden. Die Argumente der Verteidiger sind fragwürdig.

Von Alexander Schneider
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Am Donnerstag endet der zweite Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der rechtsterroristischen "Gruppe Freital". Die Hauptverhandlung gegen die drei Männer und eine Frau läuft seit September vergangenen Jahres.
Am Donnerstag endet der zweite Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der rechtsterroristischen "Gruppe Freital". Die Hauptverhandlung gegen die drei Männer und eine Frau läuft seit September vergangenen Jahres. © Rainer Blende

Dresden/Freital. Mehr als 20 Sitzungstage verhandelte das Oberlandesgericht Dresden (OLG) gegen vier weitere mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der der Freitaler Rechtsterroristen, die von den Ermittlern „Gruppe Freital“ genannt wurden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat für Sebastian S. (27) und Dirk Abraham (53) unbedingte Haftstrafen von drei Jahren und zwei Monaten beziehungsweise zwei Jahren und zehn Monaten gefordert.

Beide sollen sich ab Juli 2015 nicht nur an Sprengstoffanschlägen beteiligt haben, sondern auch Mitglieder der Freitaler Rechtsterroristen gewesen sein. Die anderen beiden, Ferenc A. und Stephanie T. (beide 31), seien als Unterstützer der terroristischen Vereinigung zu Bewährungsstrafen zu verurteilen.

Am letzten Verhandlungstag vor der Urteilsverkündung forderten die Verteidiger für ihre Mandanten deutlich niedrigere Strafen. So argumentierte etwa Arndt Hohnstädter, Verteidiger des ehemaligen NPD-Stadtrates Dirk Abraham, die Chats der Gruppe seien doch im Prinzip nichts anderes als ein offener Briefkasten mit Postkarten.

Diese Nachrichten könnten zwar von allen Mitgliedern gelesen werden, aber das heiße nicht, dass alle die Inhalte dieser Postkarten auch außerhalb dieses Postkastens auch teilten. 2015 sei eine „besondere Situation“ gewesen, in der die administrative Verwaltung angesichts ständig wachsender Flüchtlingszahlen völlig versagt habe.

Geldstrafe für NPD-Stadtrat?

Abraham habe sich lediglich an einer Sprüh-Aktion beteiligt, als die Gruppe ausländerfeindliche Parolen auf eine Straße geschmiert habe, und an dem nächtlichen Fotoshooting am Windberg.

Dafür sei eine Geldstrafe ausreichend. Heute sei Abraham „politisch geläutert“ und alleinerziehender Vater. Für die Gruppe war Abrahams Aufgabe laut Hohnstädter die „Informationsbeschaffung“ als Stadtrat mit Verbindungen in die NPD-Spitze.

Es sei zudem nicht erwiesen, ob es sich bei den Tätern überhaupt um Terroristen handle, deren Tätigkeit darauf gerichtet war, einen Mord zu begehen.

Wenn überhaupt, könne dieser Vorwurf erst bei den Taten ab Mitte Oktober 2015 in Erwägung gezogen werden, an denen sein Mandant jedoch nicht mitgewirkt habe, so der Leipziger Anwalt.

Auch Verteidiger Joachim Keiler, er ist Vize-Landeschef der AfD, bezweifelt, dass es sich der Gruppe um eine terroristische Vereinigung handelt. Seine Mandantin Stephanie T. sei zwar in allen Chats vertreten gewesen, doch habe selbst nicht mitgechattet.

Das sei vielmehr ihr damaliger Verlobter Philip W., ein bereits verurteilter Haupttäter der Gruppe, mit T.s Handy gewesen. Auch für andere Taten, den Hitlergruß auf dem Windberg oder auch ein weiterer in einem Museum, machte der Anwalt mehr oder weniger T.s damaligen Verlobten W. verantwortlich.

Da war es es wieder, das "Pack"-Narrativ

Weiter bediente Keiler ein bis heute beliebtes, aber falsches rechtspopulistisches Narrativ: Vizebundeskanzler Siegmar Gabriel (SPD) habe nach den Krawallen vor einer Erstaufnahmeeinrichtung im August 2015 die Heidenauer als „Pack“ bezeichnet. Doch Gabriel hatte ausdrücklich die Kriminellen gemeint, die Polizisten mit Steinen beworfen hatten.

Weitaus sachlicher waren die Plädoyers der beiden anderen Verteidiger Ronald Mayer und Andreas Gumprich. Ihre Mandanten hatten die meisten Vorwürfe gestanden, an Sprengstoffanschlägen, etwas auf das Auto einen Linken-Stadtrats, beteiligt gewesen zu sein.

Alle vier Angeklagten sagten in ihren kurzen letzten Worten des Satz „Es tut mir leid.“ Nicht bei allen wurde jedoch klar, was genau sie damit meinten.

Abraham, so schien es, hat sich offener zu den Vorwürfen eingelassen, als sein Verteidiger. Er bat um die Chance, sich als alleinerziehender Vater um seinen Sohn kümmern zu können. Stephanie T. sagte, sie bedauere, bei den Chats nicht eingeschritten zu sein.

Das Gericht will sein Urteil am Donnerstag um 11.45 Uhr, verkünden.

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