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Warum 80 Fremde in ein besonderes Haus im Dresdner Norden strömen

Zum "Tag der Architektur" konnten besondere Gebäude besichtigt werden. Dazu gehörte auch ein Dresdner Privathaus.

Von Christoph Springer
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Dieses Haus mit der auffälligen Fassade aus Ziegeln steht im Dresdner Norden. Es konnte zum "Tag der Architektur" besichtigt werden.
Dieses Haus mit der auffälligen Fassade aus Ziegeln steht im Dresdner Norden. Es konnte zum "Tag der Architektur" besichtigt werden. © Sven Ellger

Dresden. In der Werkstatt im Keller des Hauses schrappt einer der Söhne der Bauherren mit einer Feile an einem Stück Metall, als ob nichts wäre. Dabei ist draußen "volles Haus", jede Menge Gäste strömen in den Garten. Die Tür von der Werkstatt zur Treppe in den Garten steht offen, die Arbeit an dem Metallstück endet sogar auch dann nicht, als plötzlich Fremde in der Tür stehen. "Das ist ok", winkt der Bauherr ab, der an diesem Sonntag Gäste zum "Tag der Architektur" in das Haus im Dresdner Norden eingeladen hat.

150 Quadratmeter Wohnfläche

"Ein bisschen erschrocken waren wir schon", gesteht die Bauherrin, seine Freundin. 80 Menschen haben sich für eine Besichtigung ihres Hauses samt Erklärung durch den Dresdner Architekten Alexander Heber angemeldet. "Haus B" wird es im Katalog zu dem Architekturtag genannt, von einem "besonderen Wohnhaus" ist dort die Rede. Vielleicht hat das die vielen Besucher angelockt. Sie sitzen im Garten auf Stühlen, die wohl schon am Vorabend gebraucht wurden, als das Bauherren-Paar zur Einzugsfeier geladen hatte.

Die Eckpunkte des Hauses: Zweimal etwa 75 Quadratmeter Wohnfläche im Erdgeschoss und der ersten Etage, komplett unterkellert, eine Garage als Anbau und ein Gärtchen. Baukosten rund 800.000 Euro, Zeit vom ersten Plan bis zum Einzug rund drei Jahre.

Blick auf ein Wäldchen

Das Haus, eigentlich ein Kubus, hat Architekt Heber "geöffnet", wie er sagt. Das heißt, eine Ecke hat Heber aus dem Kubus "herausgeschnitten" und durch eine nach innen geknickte Glasfront ersetzt. So geht der Blick aus dem großen Wohnzimmer und der Küche im Erdgeschoss ebenso wie im ersten Stock direkt ins Wäldchen. Im Sommer spenden die Blätter der Bäume Schatten und schirmen vor zu viel Sonne ab, im Winter spenden die bodentiefen Glasfenster Licht, wenn die Bäume keine Blätter mehr haben.

"Das ist das schönste Büro der Welt", erklärt der Bauherr, der namentlich nicht genannt werden möchte, seinen Arbeitsplatz im ersten Stock. Zum Greifen nah sind draußen die Blätter einer alten Linde, direkt neben der dreifach verglasten Fensterfront steht sein Schreibtisch mit Computer, Laptop und Handy. Ein Bad und drei weitere Zimmer befinden sich im Obergeschoss, eine Gästetoilette, ein weiteres Bad, das große Wohnzimmer samt Terrasse und die Küche im Erdgeschoss.

Das Wohnzimmer kann durch die Glas-Schiebetür links unterteilt werden. Hinten der Blick in den kleinen Garten, rechts geht es auf die Terrasse.
Das Wohnzimmer kann durch die Glas-Schiebetür links unterteilt werden. Hinten der Blick in den kleinen Garten, rechts geht es auf die Terrasse. © Sven Ellger

Drei Jahre vom ersten Plan bis zum fertigen Haus

Architekt Alexander Heber erzählt den Gästen im Garten die Entstehungsgeschichte. "Hier stand eine kleine Baracke, da haben wir uns Ende 2018 das erste Mal getroffen und etwa eine Stunde geredet." Das Ergebnis war schließlich der Auftrag an den Architekten, das Haus zu planen. Der Bauherr sei in einer Gärtnerei aufgewachsen, Gewächshäuser prägten diese Zeit, später als Student habe er einen Balkon mit einem Baum davor und einem dichten Blätterdach gehabt. Solche Erinnerungen und Eindrücke spielten eine Rolle für Heber.

Daraus entstand der Kubus mit individuellen Fenstern, die meisten davon bodentief, ein Wohnzimmer mit einer großen Glasfront im Inneren, die im Sommer zusammengefaltet und im Winter zu einer Glaswand werden kann. Auseinandergezogen unterteilt sie das Wohnzimmer - in einen Bereich mit einem Kamin und in einen Wintergarten für Pflanzen, die nicht mehr draußen stehen, aber auch keine mollige Wärme vertragen. "Da kommt im Winter zum Beispiel der Oleander rein", sagt der Bauherr.

Die Fassade aus immer weiter gedrehten Ziegelsteinen hat eine Dresdner Firma gemauert. Sie geben Struktur und weisen auf die Terrasse hin, die "Öffnung" des Hauses.
Die Fassade aus immer weiter gedrehten Ziegelsteinen hat eine Dresdner Firma gemauert. Sie geben Struktur und weisen auf die Terrasse hin, die "Öffnung" des Hauses. © Sven Ellger

Fassade aus "verdrehten" Ziegelsteinen

An diesem Architektur-Sonntag stehen alle Türen einladend offen - für die Gäste, die gekommen sind, um dieses besondere Haus zu besichtigen. Besonderen Wert legt Architekt Heber auf die Fassade, vorgemauert vor die eigentlich tragenden Wände von der Firma "Sichtwert" aus Pieschen. Sie sind auf großen Flächen verdreht angeordnet, ein wenig wie die großen Steine der Synagoge am Hasenberg. So gliedern sie die Fassade und weisen vor allem auf "das Wichtigste" an diesem Haus hin, erklärt Heber, auf die Terrasse.

"Außergewöhnlich" und "phänomenal" nennt eine Besucherin die Möglichkeit, dieses Privathaus zu besichtigen. Ihren Namen mag sie nicht nennen. Sie sagt, sie könne sich das bei sich selbst nicht vorstellen. Eberhard Pansa, auch ein Gast im "Haus B" findet erstaunlich, wie viele unterschiedliche Wohn-Auffassungen es gibt. "Ich habe ein altes Haus", sagt er. Besichtigungsgäste im Garten könne er sich vorstellen, aber auch im Haus? "Nein!".