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Corona zwang Dresdner Philharmonie zu Veränderungen

Dresdens Philharmonie meldet nach den Corona-Spielzeiten wieder steigende Resonanz. Doch die Pandemie hat beim Publikum einiges verändert – das sind die Gründe.

Von Bernd Klempnow
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Frauke Roth ist seit 2015 Intendantin der Dresdner Philharmonie.
Frauke Roth ist seit 2015 Intendantin der Dresdner Philharmonie. © Markenfotografie

Die Corona-Delle beim Publikum ist Geschichte: Die Dresdner Philharmonie spürt nach den Corona-Turbulenzen und dem zeitweise Ausbleiben von Zuhörern wieder große Resonanz. „Heute vor einem Jahr wäre ich noch vorsichtig gewesen, aber jetzt kann ich sagen: Unser Publikum ist zurückgekehrt, und wir schaffen es, neues Publikum zu gewinnen“, sagte Intendantin Frauke Roth am Montag bei einer Bilanz in Dresden.

Mit einer Gesamtauslastung von 82 Prozent im Jahr 2023 liege man im Vergleich mit anderen Konzerthäusern im oberen Bereich. Das spreche für die nicht nachlassende Anziehungskraft des weltweit geschätzten Festsaales im Kulturpalast, die hohe Qualität des Orchesters und die Begeisterung für Live-Erlebnisse. Eine Auslastung von 88 Prozent im ersten Quartal 2024 bestätige diese Tendenz. Mehr als 90 Prozent strebe man auch nicht an, damit auch kurzfristig Entschlossene noch Karten bekommen.

Spitzensaal mit feinster Akustik: Der Festsaal im Dresdner Kulturpalast ist die Bühne für Dresdens Philharmonie.
Spitzensaal mit feinster Akustik: Der Festsaal im Dresdner Kulturpalast ist die Bühne für Dresdens Philharmonie. © Sven Ellger

Interessant ist der Trend, dass das Publikum quasi erst in den letzten Tagen vor einem Konzert Karten bucht. Die Zahl der Abonnenten ist bis zu 50 Prozent zurückgegangen. Trotzdem sei die Zahl der Gesamtbesucher mit 350.000 auf dem Niveau von vor Corona. Auch eine weitere Veränderung im Verhalten der Musikliebhaber ist bemerkenswert: „Das Konzert wird gern Teil eines Gesamt-Events angesehen.“

Das städtische Orchester stellt sich mit großem Engagement der Aufgabe, neues Publikum zu gewinnen und auch neue, bis dahin verpönte Arten von Konzerterlebnissen zu ermöglichen. Damit ist die Institution die einzige in Sachsen, die sich derart konsequent nach der Krise im Programmangebot und mit entsprechenden Publikumsofferten neu orientiert. „Ja, Corona zwang uns zu Veränderungen, zu Paradigmenwechseln, die sehr wahrscheinlich ohnehin irgendwann notwendig geworden wären.“

Cocktail zum Konzert

Ein Beleg für diese Neuprofilierung sei der Erfolg der im Januar 2023 eingeführten Konzertreihe „abgeFRACKt“. Das Publikum sei hier diverser, mitunter sogar aufmerksamer und begeisterungsfähiger. „Und vor allem: Es kommt wieder, es liebt unsere Musik und das Orchester und kann sich auch vorstellen, in reguläre Sinfoniekonzerte zu kommen.“ Aufmerksam geworden auf dieses Angebot seien jene Gäste vor allem durch Werbung auf Social Media und persönliche Empfehlungen.

Die „abgeFRACKt“-Konzerte finden in einer lockeren Atmosphäre statt, kosten nur 12 bis 22 Euro, dauern nur eine Stunde und bieten nur Spitzenwerke der jeweiligen Epoche. Das Konzert selbst kann man auch auf seinem Smartphone mit einer App verfolgen. Darauf werden live Informationen zur Musik eingespielt. Danach ist das Publikum eingeladen, den Abend bei einem eigens für das jeweilige Konzert kreierten Cocktail sowie Snacks an den Bars im Kulturpalast ausklingen zu lassen. Binnen eines Jahres stieg die Auslastung von 50 auf mehr als 90 Prozent. Ein Fünftel des Publikums ist unter 30 Jahre alt, im klassischen Sinfoniekonzert sind es elf Prozent.