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Helge Schneider in der Jungen Garde: Dresden im Dauerschmunzel-Modus

In Höchstform zum Sommerfinale: Der Musik-Komiker Helge Schneider witzelt sich in Dresden galant-entspannt durch einen Sonntag im Park.

Von Tom Vörös
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Helge Schneider lief im intimeren Rahmen der Garde zu Höchstform auf.
Helge Schneider lief im intimeren Rahmen der Garde zu Höchstform auf. © Sven Ellger

Sonntag, Spätnachmittag, Sommerausklang in der gefühlt größten Gartensparte Dresdens. Wenn sich dann noch so ein Helge Schneider in der Jungen Garde völlig entspannt in Richtung Abend kalauert, dann kommt schnell das Gefühl auf, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und über Dinge zu lachen, die vordergründig keinen Sinn ergeben.

Viele Jahre hat es gedauert, bis sein Humor den Mainstream streifte. Inzwischen gilt Helge Schneider als wohl bekanntester Musik-Clown der Nation. Großer Unterschied zu Helges „normalen“ Musikerkollegen: Hier wird nicht um die Zuneigung des Publikums gerungen, sondern um Humorbegabung, gesunde Selbstdistanz. Später wird Helge sagen dürfen: „Wir mussten um 18 Uhr anfangen, weil ja morgen alle arbeiten gehen müssen. Aber wenn ich euch so ansehe, glaube ich das nicht so ganz.“

Helge Schneider im Dialog mit seinem Gitarristen, Sandro Giampietro, den er liebevoll seinen „Pariser“ nennt.
Helge Schneider im Dialog mit seinem Gitarristen, Sandro Giampietro, den er liebevoll seinen „Pariser“ nennt. © Sven Ellger

Von Beginn an wird in der Freilichtbühne klar: Es ist ein Glückfall, dass das Dresdner Elbufer dieses Jahr mit einer großen Helge Schneider-Show verschont wurde. Denn im intimeren Rahmen der Jungen Garde kann man dem sinnsuchenden Witz des Mülheimers wesentlich besser beim Wachsen zusehen. „Ich fühle mich schon als halber Dresdner, mit meinen 68,5 Kilo“, sagt Helge. Das Publikum ist längst im Dauerschmunzel-Modus. Wie weggeblasen scheinen all die Querelen um abgebrochene Konzerte während der Pandemie. Live läuft Helge wieder zu Hochform auf, macht mit Sprache und Körper mal wieder einen Riesenzirkus um nichts, nur die Clownsnase fehlt noch.

Ein Pariser im Nebel

Zum Trio auf der großen Bühne gehört nach wie vor der Pfefferminztee servierende Sergej Gleithmann, der wieder mit sympathischen wie dilettantischen Tanz- und Turneinlagen zu überzeugen weiß. Sein Chef erkennt in ihm in einem realitätsnahen Moment gar einen verhinderten Räuchermann im Neoprenanzug. Seinen Gitarristen, Sandro Giampietro, den er liebevoll seinen „Pariser“ nennt, räuchert Helge gerne mal per Nebelmaschine ein. Später lässt er sich gar zu einem Lob hinreißen: „Sandro, wie schön du heute spielst.“ Und zum Publikum: „Wenn man bedenkt, dass sich seine Eltern vor ein paar Jahren haben scheiden lassen.“

Nachdem sich Helges Wunsch, die Gebäude der Jungen Garde zu kaufen und woanders wieder aufzubauen, nicht sofort erfüllt, versucht er es etwas „bescheidener“: „Ganz viele neue Lieder hab ich dabei. Ich habe ungefähr so viele Lieder geschrieben wie die Beatles, Rolling Stones, Elvis, Roland Kaiser und Andreas Gabalier zusammen.“ Und auch Peter Maffay bekommt einen verbalen Helge-Hieb, denn den könne man auf der anderen Bühnenseite nur mit einem Fernglas erkennen.

Der an diesem Abend sehr naturverbundene „Meisenmann“ lässt die Vergangenheit aufleben und berichtet von seiner 1876 geborenen Großmutter, die „leider 2004 bei einem selbst verschuldeten Autounfall verstarb, während sie gerade dabei war, etwas bei Instagram zu posten und sich nach ihrem Bubble-Tee zu bücken.“

Erst Schule, dann Katzeklo

Helge selbst gibt gern den Alzheimer-Opa, wenn er in Wiederholungsschleife erzählt, wie er 1972, mit 17 Jahren, als Fahrrad verkleidet, das erste Mal im Zug nach Berlin fuhr und dort Duke Ellington im Bus der Stadtrundfahrt traf. Und selbst das geistliche Oberhaupt wird mit seinem in Jimi Hendrix-Manier vollführten Lied „Der Papst (ist in der Brunft)“ nicht verschont.

Aber Helge teilt nicht nur aus, sondern steckt auch nachträglich ein, wenn er sich an sein früheres Leben auf dem Korridor des Arbeitsamtes erinnert. „Also Kinder, bitte zur Schule gehen und alles lernen, was die sagen. Zu Hause kann man ja auch andere Sachen machen.“ Zum Beispiel das „Katzeklo“ säubern – natürlich singt er in Dresden seinen größten Hit, der es in den 90ern auf die „Bravo Hits“-Tonbandkassette schaffte. Doch der Helge-Humor hat ja auch die CD locker überlebt und kalauert nach diesem Abend munter weiter, zur richtigen Zeit, an einem richtigen Ort.