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Warum Purple Disco Machine so an seiner Heimat Dresden hängt

Tino Piontek gewann als erster Pop-Musiker aus Sachsen einen Grammy. Im großen Interview spricht er über Schattenseiten des Ruhms und seine Arbeit für die Rolling Stones.

Von Andy Dallmann
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Tino Piontek sagt, er sei stolz auf seine Heimatstadt Dresden. Trotz seines mittlerweile weltweiten Erfolges denke er gar nicht daran, aus Dresden wegzuziehen. Vielmehr lädt er regelmäßig Kollegen in die Stadt ein.
Tino Piontek sagt, er sei stolz auf seine Heimatstadt Dresden. Trotz seines mittlerweile weltweiten Erfolges denke er gar nicht daran, aus Dresden wegzuziehen. Vielmehr lädt er regelmäßig Kollegen in die Stadt ein. © PR

Tino Piontek wurde 1980 in Dresden geboren. Bereits als Kind begann er, mit Computer und Synthesizer Musik zu machen. Er absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Koch: Nach Fachabitur und Zivildienst machte er sich selbstständig, legte als DJ anfangs vor allem in der Region auf. Ab 2012 war er unter dem Namen Stereofunk unterwegs, nach einer Pause dann als Purple Disco Machine – abgeleitet vom Prince-Hit „Purple Rain“ und von Miami Sound Machine. 2020 schaffte er mit „Hypnotized“ den kommerziellen Durchbruch. Von der Single wurden bisher 1,6 Millionen Exemplare verkauft. Im Februar 2023 gewann Piontek den Grammy für seinen Remix des Lizzo-Songs „About Damn Time“.

Herr Piontek, Sie treten zwar regelmäßig vor großem Publikum, kommenden Sommer aber erstmals bei den Dresdner Filmnächten auf. Ein Routine-Job oder doch etwas Besonderes?

Etwas sehr Besonderes! Schon die Show vergangenen Sommer in der „Garde“ war etwas, das so nie zuvor stattgefunden hat. Ein einzigartiges Projekt, bei dem ich mich selbst herausgefordert habe. Zum einen natürlich, weil es in meiner Heimatstadt ablief. Zum anderen haben wir noch nie so viel Aufwand für eine Show betrieben.

Haben Sie bereits Pläne, welche Gäste am Elbufer dabei sein werden, wie die Show diesmal ablaufen soll?

Ja, ich habe schon so einiges im Kopf. Der Vorteil, den wir vor der Show in der „Garde“ hatten, war, dass es gar keine Erwartungen gab, die Leute wussten gar nicht, was da passiert. Laut einer Umfrage kamen 80 Prozent des Publikums aus Sachsen. Das heißt, die meisten hatten mich noch nie zuvor live erlebt. Jetzt ist aber natürlich eine Erwartung da. Und das stellt uns wieder vor neue Herausforderungen.

Tino Piontek 2022 bei der Aufzeichnung der TV-Show "SWR3 New Pop Festival - Das Special" im Festspielhaus Baden-Baden.
Tino Piontek 2022 bei der Aufzeichnung der TV-Show "SWR3 New Pop Festival - Das Special" im Festspielhaus Baden-Baden. © Geisler-Fotopress

Was antworten Sie eigentlich, werden Sie nach dem Beruf gefragt? Produzent, DJ oder schlicht Musiker?

Das ist echt schwierig. Sage ich Musiker, kommt gleich hinterher die Frage, welches Instrument ich spiele. Antwort: Gar keins. Jedenfalls nicht richtig. Und mit DJ hatte ich schon immer ein Problem. Das klang in den 90ern und 2000ern noch cool, leicht verrufen, irgendwie auch nach Drogen und ganz vielen Klischees. Das passt ja zu meinem 40+-Alter auch nicht mehr. Also habe ich meist Produzent gesagt, doch eigentlich ist es so eine Mischung aus allem. Mittlerweile kann ich mit dem DJ wieder ganz gut leben, betone aber, dass ich im Vergleich zu manch anderen meine Musik wirklich selber produziere.

Sie spielen wirklich gar kein Instrument?

Na ja, angeben kann ich damit nicht. Ich spiele mehrere so ein bisschen, das reicht für das, was ich mache. Ich komme als Autodidakt genau zu denselben Akkorden im Studio, brauche wahrscheinlich aber zehnmal so lang dafür wie ein Profi, kann auch keine Noten lesen, sondern mache alles nach Gehör. Mittlerweile kann ich da aber auch über meinen Schatten springen und lade mir im Zweifelsfall Experten ins Studio ein. Wie etwa Matt Johnson, den Keyboarder von Jamiroquai. Mit dem arbeite ich jetzt schon seit drei Jahren zusammen.

Sorgt Ihre hohe Popularität dafür, dass nun bekannte Musiker quasi Schlange stehen, um mit Ihnen zu arbeiten?

Nicht unbedingt. Ich schätze es ja auch sehr, es mit Leuten zu tun zu haben, die ich kenne. So wie bei Matt Johnson. Wir haben wechselseitig viel Respekt voreinander. Nur wenn man sich wirklich auf Augenhöhe begegnet, kann man gemeinsam kreativ sein. Uns verbindet die Liebe zu Disco, zu Funk, zu Jazz, darauf haben wir aufgebaut.

Mit Dresdner Musikern arbeiten Sie gar nicht, oder?

Ja, das ist irgendwie komisch, liegt aber daran, dass in Dresden jeder sein eigenes Süppchen kocht. Das war früher schon so. Wirklichen Zusammenhalt oder Austausch gab es jedenfalls in der Szene der elektronischen Musik nicht. Zudem bin ich alles andere als extrovertiert. Mit Jamiroquai war ich 2017 auf Tour, quasi als deren Vorband. Wir sind anderthalb Monate zusammen gereist, und da lernt man sich dann halt kennen. Eine gute Basis, wenn man über Freundschaften zum gemeinsamen Musik Machen kommt.

Wollen Sie es doch irgendwann noch mal mit Dresdnern versuchen?

Ich würde mich da nie festlegen. Gerade bei den letzten Projekten habe ich darauf geguckt, lieber junge, talentierte Musiker einzubeziehen als namhafte Künstler. Etwa Sophie and the Giants aus England. Und als ich Ende 2022 bei der „1 Live Krone“-Verleihung war, wurde mir erst klar, dass da drei Dresdner nominiert waren. 01099, Ätna zusammen mit Peter Fox und ich. Das fand ich schon super, dass nicht nur die ganzen Berliner den Ton angaben, sondern dass dort drei Dresdner Künstler ihre Stadt repräsentierten. Und mit Ätna-Sängerin Inéz bin ich seither auch in Verbindung.

Das heißt, da geht etwas?

Definitiv wollen wir etwas zusammen machen. Wir schicken uns schon Sachen hin und her, stehen in regem Austausch.

Tino Piontek am 5. Februar 2023 in Los Angeles mit dem Grammy, den er für seinen Remix des Lizzo-Songs "About Damn Time" gewonnen hat.
Tino Piontek am 5. Februar 2023 in Los Angeles mit dem Grammy, den er für seinen Remix des Lizzo-Songs "About Damn Time" gewonnen hat. © Invision

Bis zur Grammy-Verleihung im Februar 2023 konnten Sie sich unerkannt in Dresden bewegen. Wie ist das jetzt?

Anonymität war mir immer super wichtig, und dafür habe ich viele, viele Jahre auch gerade mit meinem Label gekämpft. In Dresden war mein Privatleben; sobald ich ins Flugzeug gestiegen bin, ging die Arbeit los. Zurück auf dem Flughafen in Klotzsche und schon konnte ich wieder ganz privat sein. Das ist seit Februar vorbei. Als wären gleich fünf Stufen übersprungen worden. Bis zum Grammy war es so, dass ich überall, gerade in USA oder in Südamerika, oft angesprochen wurde, hier jedoch nie. Jetzt merke ich, dass mich die Leute in Dresden zwar erkennen, aber nicht ansprechen. Wir Deutsche haben im Vergleich zu Amerikanern oder Südeuropäern schon krass Hemmungen, Leute, die wir erkennen, anzusprechen. Also ich sehe oft so im Augenwinkel, dass Leute stehenbleiben, dann ein Schritt vor, einer zurück, kurzes Überlegen: Wer ist das gleich noch mal?

Wie fühlt sich das an?

Kompliziert. Weil man jetzt, zumindest gefühlt, immer nett sein muss. Man glaubt, außerhalb der eigenen Wohnung nie mehr mies drauf sein zu dürfen. Auf der anderen Seite ist es natürlich ein schönes Zeichen der Wertschätzung, eine Art Bestätigung. Und es ist durchweg positiv gemeint. Zum Glück bin ich ja kein Politiker, der Angst haben muss, dass da mal ein Ei geflogen kommt. Nur wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin, versuche ich, solchen Situationen auszuweichen.

Die genießen den Ruhm nicht mit?

Ich kann sie ja nicht jedes Mal wegschieben, wenn jemand ein Foto mit mir machen will. Die rollen dann aber schon mit den Augen und denken: Kann er jetzt bitte einfach mal ganz für uns da sein?

Wie finden sie es aber sonst, dass Papa berühmt ist?

Meinen achtjährigen Sohn juckt das wenig, doch meine Tochter wird elf und kriegt das schon aktiv mit. Natürlich wird sie in der Schule oft auf mich angesprochen. Lehrer und Schüler wissen alle, was ich mache. Und das ist für sie schon manchmal nicht einfach. Es tut mir wirklich sehr leid, ich möchte nicht, dass sie dann immer nur darauf reduziert wird, meine Tochter zu sein.

Hätten Sie lieber auf den Grammy verzichtet, um in Dresden weiterhin ein unauffälliges Leben führen zu können?

Ach nee, der Grammy ist schon schön. Ich hatte nur nicht mit den Nebenwirkungen gerechnet. In meiner Naivität dachte ich, der Grammy ist so ein amerikanisches Ding. Sobald die Verleihung durch ist, interessiert das sowieso keinen mehr. Diese enorme mediale Aufmerksamkeit hat mich überrascht. Zum einen habe ich mich mit dem Grammy auch vorher nie beschäftigt. Wer da in welcher Kategorie abgeräumt hat, war mir egal. Das ist jetzt völlig anders, denn jetzt bin ich in der Jury.

Dürfen Sie für sich selbst stimmen?

Da besteht zum Glück keine Gefahr, weil ich diesmal gar nicht nominiert war. Es hätte mir auch nicht gefallen, schon wieder so massiv im Mittelpunkt zu stehen.

Sie sind also nicht nur introvertiert, sondern zudem noch sehr bescheiden.

Ich definiere mich, mein Leben und meine Persönlichkeit nur einfach nicht über meine Musik, erst recht nicht über meinen Erfolg. Jemand hat mal gesagt, wer sich selbst über seine Kunst stellt, hat schon verloren. Egal, wie erfolgreich man ist, man sollte sich nie zu wichtig nehmen. Ich kann mich zum Glück etwas hinter meiner Musik verstecken. Ich muss im Gegensatz zu einem Sänger nicht vorn stehen und performen. Ich habe gar kein Problem damit, wenn Leute denken, Purple Disco Machine ist eine Band. Mir hat immer gereicht, dass die Leute meine Musik mögen.

Sie heizen jetzt also nicht in einem Ferrari durch die Stadt?

Auf gar keinen Fall. Ich bin total zufrieden mit meinem VW-Camper-Bus, mit dem wir auch im Sommer rumfahren. Ganz spießig mit den Kindern auf einen Campingplatz. Und das werden wir auch weiterhin machen. Witzigerweise steht bei meinem Sohn aber seit zwei Jahren auf dem Weihnachtswunschzettel: Lamborghini.

Meint er ein Spielzeug-Auto?

Nee, er wünscht sich, dass sich Papa einen Lamborghini zulegt, in dem er dann mitfahren darf. Keine Ahnung, wie er auf die Idee gekommen ist, ich bin jedenfalls kein Auto-Freak. Allerdings ahnt er schon, dass so ein Auto sehr viel Geld kostet und ich lange unterwegs sein müsste, um das zu verdienen. Und so kam er bisher immer zu dem Schluss: Papa, bleib lieber hier, ich brauche den Lamborghini doch nicht. Das gefällt mir.

Wenn Sie jetzt auch in Dresden kaum noch Privatsphäre haben, ist dann ein Umzug eine Option? Irgendwohin, wo Sie keiner erkennt?

Ganz klar: Dresden ist meine Heimat. Natürlich hat sich die Perspektive etwas verändert. Aber nach wie vor hatte ich dieses Gefühl der Geborgenheit, das ich hier in Dresden habe, in keiner anderen Stadt. Und ich habe wirklich viele Städte gesehen. Gut vorstellen könnte ich mir, mal für ein Jahr auf einem anderen Kontinent in einer anderen Kultur zu leben. Das stelle ich mir unfassbar bereichernd für mich, für meine persönliche Entwicklung vor. Erst recht für meine Kinder. Für sie wäre es gut, mal ein Jahr lang englisch reden zu müssen. Definitiv kämen wir danach aber zurück. Es gibt nun mal in Deutschland keine Stadt, in der ich lieber leben würde.

Was macht Dresden so wichtig für Sie?

Das ist nun mal meine Heimat, hier sind meine Freunde, meine Familie. Wir haben Kinder, das heißt, Großeltern in der Nähe zu haben ist wichtig. Dresden ist unsere Basis. Die Kinder gehen hier zur Schule. Unser Freundeskreis besteht mehrheitlich aus Dresdnern. Das alles steht für eine Lebensqualität, die ich nie aufgeben würde.

Kommen Ihre Freunde gut mit Ihrer Popularität klar?

Ich habe nach wie vor denselben Freundeskreis wie vor vielen Jahren. Leute, die ich aus meiner Kindheit kenne, aus der Schule. Es ist ja auch nicht so, dass wir in einer Villa leben und nur noch in der High Society abhängen. Darauf habe ich sowieso gar keinen Bock. Wir leben in einer ganz normalen Wohnung, wir fahren ein ganz normales Auto, wir sind ganz normal. Mein Beruf ist vielleicht nicht normal. Aber für mich sind die Jobs meiner Freunde mindestens so wichtig wie meiner.

Ihrer bringt aber sicher mehr Geld ein.

Klar, das ist so. Natürlich haben wir jetzt einen ganz anderen finanziellen Rahmen als noch vor 15 Jahren. Aber ich habe die Zeit nicht vergessen, als ich kein Geld hatte, als sich die Rechnungen stapelten und an fast jedem elektronischen Gerät ein Kuckuck klebte. Rückblickend war ich da allerdings genauso glücklich. Ich hatte kein Geld, aber meine Musik, meine Freunde.

Ernsthaft, Sie waren schon mal pleite?

Ich hatte 2010 meine Musikkarriere an den Nagel gehängt, weil Disco und House nicht mehr relevant waren. Für meine Musik gab es überhaupt keinen Markt mehr. Ich war sehr frustriert, bin dann 30 geworden und war gefangen in einem Loch: erfolglos, Single, keine Perspektive, keinen Plan B. Doch am Ende des Jahres habe ich zum Glück meine Frau kennengelernt. Die hat mir eine neue Perspektive gegeben. Erst mal auf der privaten Ebene. Sie hat zu mir gesagt: Du hast schöne Jahre gehabt als Musiker. Und wenn’s das jetzt war, dann ist es auch okay. Danach habe ich nur noch zum Spaß Musik gemacht und gelegentlich auf meinem eigenen Label veröffentlicht.

Womit haben Sie Geld verdient?

Als eine Art Lehrer. An Grundschulen leitete ich Arbeitsgemeinschaften, gab Computer-Unterricht. Alles im Rahmen der Ganztagsbetreuung. Keine Clubs mehr, nichts dergleichen. Dafür ein stinknormaler Job von Montag bis Freitag.

Und wie kam’s dann doch noch zum großen Durchbruch?

Ein eher unbekanntes Berliner Label war 2012 auf meinen Song „My House“ gestoßen und brachte den bei sich heraus. Urplötzlich ging es ab: Die Nummer wurde der meistverkaufte Underground-Song, ging bei den Downloads durch die Decke. Deshalb haben wir das Ganze unter anderem mit Gesang aufgemotzt und als „Devil in Me“ 2017 noch mal veröffentlicht. Damit war ich dann auch gleich im Radio präsent und bekam meine erste Gold-Single. Der Song hat sozusagen zweimal meiner Karriere einen unfassbaren Schub gegeben. Eigentlich habe ich diesem Song alles zu verdanken.

Hat es Sie geärgert, dass Sie in Ihrer Heimat unterm Radar blieben?

Wir Deutschen tun uns schon schwer mit unseren Aushängeschildern. Am Anfang habe ich zwar nicht wirklich Missgunst gespürt, eher gelegentlich so ein merkwürdiges Desinteresse. Im Ausland war das anders, da wurde ich für meine Musik gefeiert. Mittlerweile sind aber auch hier viele stolz darauf, dass jemand Dresden in der Welt repräsentiert. Mir selbst war auch immer wichtig zu sagen: Ich komme aus Dresden, ich bin stolz auf meine Heimat.

Das geht manchen Dresdnern schwer über die Lippen...

Ich finde, Dresden ist viel bunter, offener und vielfältiger, als es ganz oft dargestellt wird. Wird die Stadt in so ein schlechtes, sagen wir mal reaktionäres Licht gerückt, ärgert mich das heftig. Deshalb lade ich auch alle Künstler, mit denen ich arbeite, nach Dresden ein. Bisher haben alle gestaunt, wie schön es hier ist.

Woran merken Sie, dass die Stadt bunt und offen ist?

Tatsächlich oft genug im Alltag. Aber konkret bei meiner Show in der Garde. Das Publikum war in jeglicher Hinsicht so was von bunt. Und alle haben mit der gleichen Freude gefeiert. So erlebe ich es überall auf der Welt.

Wie oft treten Sie pro Jahr live auf?

Schon wegen meiner Familie habe ich das extrem reduziert in den letzten Jahren. 2023 waren es vielleicht 70 Auftritte. Ich gebe mir selbst ja immer von Dezember bis Ende Februar frei. In dieser Zeit toure ich nicht, sondern arbeite nur im Studio, verbringe ansonsten viel Zeit mit der Familie. Aber ich versuche schon, nie länger als 14 Tage am Stück weg zu sein. Die längste Tour geht über zwei Wochenenden, insgesamt also acht, neun Shows. Länger wäre schlecht, weil ich mich unterwegs ja um rein gar nichts kümmern muss. Mein Manager, mein Team und die Leute vor Ort regeln wirklich alles. Ich muss keinen Koffer tragen, mich um keinen Flug, kein Auto, kein Hotel, kein Essen kümmern. Bevor ich mich daran gewöhnen kann, muss ich wieder zurück in mein normales Leben.

Wenn Sie Team sagen: Wie viele Leute arbeiten für Sie?

Auf Tour sind wir zu fünft. Unsere Tour-Managerin oder Tour-Mutti, wie wir sagen. Sie kriegt auch jedes Jahr zum Muttertag ein Geschenk, weil sie sich wie eine Mutter um alles kümmert. Und dazu vier Jungs. Ich selbst, ein Fotograf, der alle Social-Media-Kanäle mit Bildern und Videos bestückt, ein Licht-Mann und der Kollege, der sich um die Video-Inszenierung für die Show kümmert.

Ein eigener Mann für die Social-Media-Kanäle heißt, für Sie ist es wichtig, dort präsent zu sein.

Unbedingt. Das ist ein enorm wichtiges Werkzeug für mich. So viel ist mir klar, doch ansonsten verstehe ich davon gar nichts. Ich war noch nie auf TikTok, bin privat nicht bei Facebook. Ich habe auch noch nie etwas Privates gepostet. Das ist aus meiner Sicht nur schade um die Energie. Die investiere ich lieber in meine Musik.

Gibt es denn bald ein neues Album?

Ja, ich bin kurz vorm Abschluss. Fast zwei Jahre habe ich daran gearbeitet und diesmal gut 90 Prozent der Musik in meinem Studio in Dresden geschrieben, alle beteiligten Leute wie Co-Songwriter, Sänger und Musiker nach Dresden geholt, hier aufgenommen und produziert. Die Plattenfirma verlangt eine klare Struktur, exakte Abläufe. Als Künstler will man ja eher planlos vor sich hin werkeln. Deshalb ist es gut für mich, wenn es Druck von außen gibt.

Mit einem Remix gewannen Sie den Grammy. Arbeiten Sie seither noch häufiger für Promis?

Ich habe beispielsweise einen Song für das letzte Album von Kylie Minogue zugeliefert, weil sie mich persönlich angefragt hatte. Einen ganzen Tag mit ihr in London im Studio zu arbeiten war bereichernd und inspirierend. Nicht zuletzt, weil sie so unfassbar sympathisch ist. Ich habe am Anfang wie ein kleiner Junge in der Ecke gesessen und kaum ein Wort rausbekommen. Plötzlich sagte sie: Ich habe Hunger. Wollen wir nicht was zu essen bestellen? Damit war das Eis gebrochen. Und klar, durch den Grammy bekam ich viele Remix-Anfragen. Wenn etwas nicht zu mir passt, sage ich aber konsequent ab. Bei den Rolling Stones natürlich nicht.

Die wollten auch, dass Sie einen ihrer Songs aufpeppen?

Ja, da kam unerwartet eine Mail mit der Bitte, „Mess It Up“ zu remixen. So, dass die Nummer auch von Radiostationen wie Energy gespielt wird und eine junge Zielgruppe erreicht. Das ist strategisch total clever, weil diese Sender den Song nie in der Originalversion spielen würden. Doch so finden die Stones generationsübergreifend statt. Weil das eine ganz andere Musik war, stand ich schon vor einer Herausforderung. Doch Fakt ist: Mit den Rolling Stones zu arbeiten ist der absolute Hammer!

Waren Sie bei der Band im Studio?

Nein, leider nicht. Das lief alles per E-Mail. Aber irgendwie war es ja auch lustig, von Keith Richards eine Mail zu bekommen mit der Bitte, doch die Gitarren etwas kräftiger klingen zu lassen.

Vom Studio-Job abgesehen: Wo läuft es live für Sie besonders gut?

Eindeutig in Südamerika. In Mexiko, Argentinien, Brasilien ging es von Anfang an richtig ab. Dort war ich schon ein Star, da konnte in Europa und erst recht in Deutschland noch niemand etwas mit meinem Namen anfangen. Meine letzte Show 2023 war auch in Mexiko, vor 50.000 Menschen. Wenn so eine Menge zu meiner Musik feiert, ist das schon umwerfend.

Tanzen Sie eigentlich selbst gern?

Nicht wirklich. Es ist schon was dran, dass die meisten DJs nur deshalb DJs geworden sind, weil sie selbst nicht tanzen können. Ich stehe am liebsten hinter meiner Technik, die mein Schutzwall ist. Ohne fühle ich mich einfach nicht sicher.

  • Das Konzert von Purple Disco Machine am 17. August bei den Dresdner Filmnächten am Elbufer ist ausverkauft. Karten für die Hallen-Shows in Hamburg (2.10.), Berlin (3.10.), Köln (4.10.) und Stuttgart (5.10.) gibt es hier.