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Was einige der weltbesten Gitarristen jetzt nach Dresden lockt

Die Dresdner Musikhochschule baut ihren guten Ruf weiter aus und lädt Meister wie aufstrebende Talente zu einem Wettbewerb ein, der als Festival durchgeht.

Von Andy Dallmann
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Thomas Fellow ist nicht nur selbst ein erfolgreicher Gitarrist. Es bildet seit 1992 an der Dresdner Musikhochschule Studenten aus und zieht auch die Strippen beim European Guitar Award, der jetzt zum sechsten Mal in Dresden vergeben wird.
Thomas Fellow ist nicht nur selbst ein erfolgreicher Gitarrist. Es bildet seit 1992 an der Dresdner Musikhochschule Studenten aus und zieht auch die Strippen beim European Guitar Award, der jetzt zum sechsten Mal in Dresden vergeben wird. © HfMDD

Er selbst kommt aus der Klassik, machte sich jedoch vor allem als Grenzgänger mit verschiedenen Projekten zwischen Akustik-Pop, Jazz und Soul einen Namen. Thomas Fellow, 1966 in Leipzig geboren und an der Musikhochschule Weimar zum Konzertgitarristen ausgebildet, ist alles andere als ein pingeliger Theoretiker. Noch nicht mal als Professor. Fellow gründete an der Dresdner Musikhochschule den Ausbildungsgang Weltmusik/Jazz/Pop mit einem klaren Schwerpunkt in Sachen Praxis. Kaum verwunderlich, hat der Mann mit den äußerst flinken Fingern doch mittlerweile selbst mehr als 3.000 Konzerte weltweit gespielt.

Seit 1992 gibt er seine Erfahrungen in Dresden an junge Talente weiter. Doch der Unterricht allein reichte ihm nicht; er wollte mehr Austausch, mehr Wettbewerb und das vor allem nicht nur auf regionaler oder nationaler Ebene. Also rief Fellow den European Guitar Award ins Leben und festigte damit schnell den ohnehin guten Ruf der hiesigen Ausbilder und Ausbildung. Jetzt steht der sechste Durchgang des Wettbewerbs an, der längst wie ein Festival der akustischen Gitarrenmusik anmutet. Erstmals schrieben Fellow und Kollegen das Ganze sogar weltweit aus.

„Nach dem vorigen Award, welcher mit einem Jahr Verspätung letztlich komplett online stattfinden musste und angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Welt, wollten wir ein Zeichen setzen“, erklärt Fellow. „Musik kennt keine Grenzen und bietet eine Sprache der gemeinsamen Verständigung. Der sechste European Guitar Award sollte also wirklich offen sein für alle.“

Aus Brasilien kommt das neue Gitarren-Phänomen Yamandu nach Dresden.
Aus Brasilien kommt das neue Gitarren-Phänomen Yamandu nach Dresden. © PR

Und nach dem inoffiziellen Motto „Gitarristen aller Länder, vereinigt euch!“ reisen nun Meister wie aufstrebende Talente nach Dresden. Fellow: „Die Resonanz ist wirklich sehr gut. Uns erreichten Einsendungen aus zwölf Ländern, aus Amerika, Asien und Europa.“ Beeindruckend sei aber vor allem die hohe Qualität der Bewerbungs-Videos gewesen. Wer im Wettbewerb antritt, muss sich also zweifellos harter Konkurrenz stellen.

Ohnehin sieht Fellow mit Blick auf den Nachwuchs überhaupt nicht schwarz. Im Gegenteil. „Gerade im Bereich des Fingerstyle gab es in den letzten Jahren einen richtigen Schub. Das liegt sicher auch in der Tatsache begründet, dass die Fülle an Youtube-Videos die aktuellsten Spieltechniken sowie Ideen, Sounds ohne Umwege zu den jungen Talenten bringen.“ Was dazu führe, dass „in diesem Bereich der Lernprozess nicht selten ohne Lehrer stattfindet“. Dieser sei jedoch ab einem gewissen Niveau weiterhin unumgänglich.

Erkin Cavus (r.) und Reentko Dirks sind als Gitarren-Duo unterwegs und jetzt auch beim European Guitar Award in Dresden dabei.
Erkin Cavus (r.) und Reentko Dirks sind als Gitarren-Duo unterwegs und jetzt auch beim European Guitar Award in Dresden dabei. © Pavel Ovsik

Widmen sich zunehmend auch Frauen diesem Instrument? „Im Bereich der klassischen Musik war der Anteil von Gitarristinnen von jeher hoch“, erklärt Thomas Fellow, der sich selbst 1992 aus diesem Genre verabschiedet hat. „Jetzt bemerkt man aber auch das wachsende Interesse am Fingerstyle.“ Er sei gespannt, was nach einer Zeit der extremen Fokussierung auf perkussive Elemente in näherer Zukunft passieren werde. „Vielleicht eine stärkere Rückbesinnung auf interessante Melodien und überraschende Klänge. Wer weiß?“

Klar beantworten kann er die Frage nach dem Publikums-Höhepunkt des aktuellen Award-Durchgangs. „Das wird sicher das Konzert mit Solisten und dem Hochschulsinfonieorchester am Freitag im Saal der Hochschule.“ Das sei bereits für den vorigen European Guitar Award geplant gewesen. „Da ging ja nichts. Aber die Idee blieb im Kopf und so wird das Ganze jetzt einfach nachgeholt.“

Zudem betont Fellow, dass im Grunde genommen alles öffentlich sei. „Der Wettbewerb am Sonntag ab 11 Uhr und die Workshops sind zudem sogar kostenlos zu besuchen. Und die Konzerte mit einigen der weltbesten Protagonisten dieses Instruments sind natürlich ideal für alle, die Gitarrenmusik in ihrem ganzen Klang-Reichtum einmal kompakt erleben möchten.“

Nora Buschmann gehört zu den Solisten, die am Freitag zusammen mit dem Dresdner Hochschulsinfonieorchester spielen.
Nora Buschmann gehört zu den Solisten, die am Freitag zusammen mit dem Dresdner Hochschulsinfonieorchester spielen. © PR

Da es letztlich eben kein Festival, sondern immer noch ein Wettbewerb ist, liegt die Frage auf der Hand, was die besten Gitarristen am Ende – außer Ruhm und Ehre – gewinnen. Fellow: „Es kann durchaus mehrere Sieger geben, die sich das Preisgeld von 12.000 Euro teilen. Zudem winkt eine CD-Produktion, eine Noten-Veröffentlichung bei Schott Music, einige Konzerte und die Unterstützung durch einen der führenden Saiten-Hersteller.“ Wie alles verteilt wird, entscheide die Jury.

„Aber wer seinen persönlichen Sieger küren möchte, sollte am Sonntag einfach vor 11 Uhr erscheinen, bis zum Schluss bleiben und dann für den Publikumspreis abstimmen“, so Fellow. Mit diesem verbunden sei eine 3.000-Euro-Meistergitarre von Daniel Stark und ein Verstärker im Wert von gut 1.000 Euro. „Und ja, Ruhm und Ehre winken allen außerdem.“

  • Der European Guitar Award wird am Donnerstag um 19.30 Uhr mit dem Studentenkonzert „Guitar Mania“ im Konzertsaal der Dresdner Musikhochschule eröffnet. Alle Informationen und Karten gibt es hier.