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Prozess in Dresden: Automaten-Knacker nach Super-Coup gefasst

In Wien und in Dresden hat die Justiz zwei Männer am Wickel, die Geldautomaten angegriffen haben. In Österreich hatten sie mit ihrer Masche Erfolg.

Von Alexander Schneider
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Ohne rohe Gewalt an Bargeld in Automaten kommen: Das geht nicht nur mit einer Geldkarte, sondern auch einer Betrugsmasche namens "Blackboxing".
Ohne rohe Gewalt an Bargeld in Automaten kommen: Das geht nicht nur mit einer Geldkarte, sondern auch einer Betrugsmasche namens "Blackboxing". © Symbolfoto: dpa/Andrea Warnecke

Dresden. Schon vor mehr als zehn Jahren hatten Gauner immer wieder die Konten von Bankkunden geplündert, indem sie an Geldautomaten deren Pin-Eingabe filmten und gleichzeitig die Daten von deren Zahlungskarten noch im Geldautomaten auslasen. Anschließend erstellten die Täter, gut organisierte Banden, Dubletten der Zahlungskarten und räumten dann an ausländischen Bankautomaten, oft in Asien oder Amerika, die Konten ab. "Skimming" nannte die Polizei die Methode.

Ein Jahrzehnt später haben sich die Angriffsmöglichkeiten auf Bankautomaten weiter verfeinert und ausdifferenziert. Auch in diesem Kriminalitätsfeld beflügelt der technische Fortschritt die Fantasie und Geldgier der Täter. Bei dem "Blackboxing" etwa muss die Beute nicht mehr von den Konten der Bankkunden abgehoben werden, sondern der Geldtresor im Automat selbst ist das Ziel, um gleich vor Ort die schönen Scheine abzufassen. Viel sauberer und weniger brachial wie etwa eine profane Sprengung des Automaten.

"Blackboxing": Diebe müssen Scheine nur einsammeln

Dazu öffnen die Gauner den Automaten und ersetzen die Steuerungselektronik durch eine eigene "black box". Über dieses Elektromodul ist es möglich, unautorisierte Auszahlungen zu veranlassen: Über das Internet erhält der Automat den Befehl, Banknoten auszuspucken. Geldfach für Geldfach wird eigens angesteuert, so lange, bis keine Scheine mehr da sind.

Im Herbst 2017 hat eine Bande, zu der zwei Ukrainer gehören, mit dieser Methode in Wien rund 488.000 Euro erbeutet. Die Männer vor Ort, die zuvor das Steuergerät ausgetauscht hatten, mussten nur noch die Scheine einsammeln, die der Automat auswarf. Die beiden Ukrainer standen wegen solcher Attacken auch in Dresden vor Gericht.

Geldautomaten in Kesselsdorfer Straße in Dresden manipuliert

Denn wenige Tage nach diesem Husarenstück in Österreich hatten sie und weitere Mitglieder ihrer Bande es auf sächsische Geldautomaten abgesehen. Nach wenigen Tagen in der Heimat reisten sie nach Dresden und manipulierten nachts zwei Automaten verschiedener Banken in der Kesselsdorfer Straße. Doch anders als in Wien blieb es nur bei Versuchen. Es gab kein Geld. Der Grund dafür ist eine Sicherheitseinstellung der Steuerelektronik, die nur eine verschlüsselte Kommunikation erlaubte. Beim Automaten in Wien war die Verschlüsselung nicht aktiviert gewesen, was, wie man hört, ein Donnerwetter der Bankenaufsicht nach sich gezogen hatte.

Auch in Dresden gab es ein Malheur. Denn als die Täter nachts den Automaten der Commerzbank aufgebrochen hatten, wurden sie plötzlich von Mitarbeitern der Sicherheitszentrale in Frankfurt am Main per Lautsprecher angesprochen, sodass sie aus der Filiale flüchteten. Besser wäre gewesen, so ein Zeuge der Dresdner Betrugsermittler, wenn die Bank-Wachleute den Kriminaldauerdienst alarmiert hätten, um die Verdächtigen noch an Ort und Stelle festnehmen zu lassen.

Die Täter flüchteten nach Leipzig, um auch dort einen Geldautomaten zu manipulieren. Auch dort blieben sie erfolglos. Den Dresdner Ermittlern gelang es, in enger Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt und den Kollegen in Österreich die Verdächtigen ausfindig zu machen. Unter anderem war es gelungen, ihre Telefonnummern zu identifizieren.

Urteil: Zwei Jahre und drei Monate Haft

Der 34-jährige Georgel M. wurde bereits in Wien zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt, von denen er zwei abgesessen hatte. Anfang dieses Jahres wurde er dann an Sachsen ausgeliefert, wo er nun am Landgericht Dresden wegen versuchten bandenmäßigen Computerbetrugs zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt wurde.

M. hatte die Vorwürfe gestanden. Sein Verteidiger Markus Lempe hatte argumentiert, M. könne nach dem Urteil in Wien nicht erneut verurteilt werden. Es liege ein "Strafklageverbrauch" vor. Der jedoch liege "nicht im Ansatz" vor, erwiderte der Vorsitzende Richter Jürgen Scheuring in der Urteilsbegründung. Die Kammer habe die Taten in Wien zwar im Strafmaß berücksichtigt, doch bei den Automatenangriffen in Sachsen handle es sich um neue Taten. Die Staatsanwaltschaft hatte für M. drei Jahre gefordert.

Bei M.s Komplizen war es anders herum gelaufen. Der Mann wurde bereits 2018 am Landgericht Dresden für die drei Versuche zu drei Jahren Haft verurteilt und dann an die Justiz in Österreich ausgeliefert.

Das "Blackboxing" ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. 2022 wurden in Deutschland lediglich vier Fälle bekannt, bei denen die Täter zudem leer ausgingen. Zum Vergleich: 2022 wurden 496 Geldautomaten gesprengt, ein neuer Höchststand, wie das BKA mitteilt. Der Beuteschaden beläuft sich auf knapp 30 Millionen Euro.