Dresden. Sanft streicht Andreas Hahn mit seinem Pinsel über die Orgelpfeifen, beseitigt den feinen Staub. In dieser Woche haben der 58-jährige Fachmann vom Dresdner Orgelbau Jehmlich und sein Kollege Michael Kronesser mit ihrer Arbeit in der Hofkirche begonnen. Seit April vergangenen Jahres ist das Kirchenschiff von Sachsens größtem Gotteshaus, das eine Grundfläche von 4.800 Quadratmetern hat, eine Baustelle.

Die Arbeiten nähern sich dem Ende. So konnten Gerüstbauer bereits die Einhausung von der Orgel entfernen. Sie hat zwar einen guten Schutz geboten, erklärt Hahn. „Dennoch hat sich Feinstaub gebildet.“ Und den beseitigen die Dresdner Orgelbauer jetzt bis Ende Januar. Würde das nicht geschehen, wäre der feine Staub ein guter Nährboden für Schimmel, der zu Schäden an der Orgel mit ihren etwa 3.000 Pfeifen führen könnte. Die größte von ihnen ist rund sechs Meter hoch.
Die Orgelbauer beseitigen den Staub ganz klassisch mit Pinsel und Staubsauger. „Wir saugen alle Flächen ab“, erläutert Orgelbauer Kronesser. Schließlich könne Schmutz auch den Klang des Instruments beeinflussen. Bei besonders schwer zugänglichen Stellen wird auch Druckluft eingesetzt.
Ist die Orgel gereinigt, kontrollieren die Orgelbauer den Klang der Pfeifen und führen noch weitere technische Prüfungen aus. Schließlich soll die Silbermann-Orgel nach knapp einjähriger Pause bald wieder bei Gottesdiensten erklingen.

Die Orgel war zwischen 1750 und 1754 gebaut worden, erklärt Orgelbauer Hahn. Allerdings habe Gottfried Silbermann ihre Fertigstellung nicht mehr erlebt, da er 1753 gestorben war. Schüler von ihm vollendeten sein Werk. Eine lange Tradition hat auch die Dresdner Orgelbaufirma Jehmlich, in der Hahn und Kronesser arbeiten. Sie wurde bereits 1808 gegründet. So hat die Kreuzkirche eine Jehmlich-Orgel. Die Dresdner Orgelbauer kümmern sich aber nicht nur um solche Instrumente in Sachsen, sondern auch in Japan und Amerika, wo Jehmlich-Orgeln stehen.
Bevor Frank Hahn und Michael Kronesser anrücken konnten, war Frank Pallmer an der Orgel aktiv. Der Vorarbeiter und weitere Mitarbeiter der Gerüstbaufirma BSB aus Thüringen hatten zum Jahresauftakt die schützenden Hüllen an der Silbermann-Orgel entfernt. Die Gerüstbauer waren bereits zum Auftakt der Sanierung dabei. Schließlich mussten bis zu 32 Meter hohe Gerüste im Hauptschiff aufgebaut werden. Dort war dringend eine Instandsetzung nötig.

Zwar wurde 1998/99 die Kirchendecke erneuert. Im gesamten oberen Bereich mussten aber die Fugen saniert werden, die offenbar nach den Zerstörungen am Ende des Zweiten Weltkriegs nicht richtig geschlossen wurden. In dem Zuge wurden auch die Wände und die Decke der 1755 fertiggestellten Kirche gereinigt, ausgebessert, frisch gemalert und viele andere Restaurierungsarbeiten ausgeführt, so am Altar. „Dabei waren in Spitzenzeiten über 50 Restauratoren, Kunsthandwerker und andere Bauleute aktiv“, erklärt Dompfarrer Norbert Büchner.

Die Gerüste hatten die BSB-Leute noch vor Weihnachten abgebaut. Jetzt beseitigen sie die Press-Spanplatten vom Marmorfußboden des Hauptschiffs und entfernen die Filzbahnen, die mit Klebestreifen versiegelt die wertvollen Kirchenbänke aus Eichenholz während der Bauzeit geschützt haben. „Im Altarbereich müssen wir besonders vorsichtig sein“, erklärt der Vorarbeiter. Denn dort sollen Marmorbauteile und die Brüstung aus grünem Zöblitzer Serpentin beim Abbau der Verkleidung keinesfalls Kratzer bekommen.
Neben Orgel- und Gerüstbauern arbeiten derzeit noch Fensterbauer in der Hofkirche. Erneuert werden 56 Fenster in den Seitenschiffen und Kapellen im Erdgeschoss sowie drei in der Sakristei. Durch die alten, einfach verglasten Fenster war der Straßenlärm zu hören. Die zweifach verglasten dichten Fenster bieten nicht nur einen besseren Schallschutz, sondern verbessern auch das Raumklima, da sie Temperaturschwankungen verhindern, erklärt der Dompfarrer.

Tischler Andreas Fiedler hat mit seinen Kollegen bereits fünf der sieben großen Fenster am Seitenschiff neben dem Theaterplatz erneuert. Stolz zeigt er die äußere Glasscheibe eines Fensters. Sie ist mundgeblasen und wellig und entspricht so dem Denkmalcharakter der altehrwürdigen Kirche besonders. „Die Fenster im anderen Seitenschiff kommen noch bis Februar an die Reihe“, sagt Büchner. „Ich bin total glücklich, dass diese große Baumaßnahme bisher unfallfrei abgegangen ist.“
Trotz der Coronakrise hätten die Baufirmen gut mitgezogen, sodass die Arbeiten im Zeitplan liegen. Bis Ende Februar sollen alle Arbeiten abgeschlossen werden. Dieses Jahr feiert das Bistum Dresden-Meißen das 100. Jubiläum seiner Wiedereinrichtung nach der Reformation. Büchner hofft, dass der Gottesdienst am ersten Fastensonntag, dem 22. Februar, wieder im sanierten Hauptschiff gefeiert werden kann.
Rund 4,9 Millionen Euro werden für die Sanierung investiert. Den Großteil zahlt der Freistaat. Schließlich ist Sachsen Eigentümer der Kathedrale. Das Bistum hat allerdings die Nutzungsrechte.