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Comödie Dresden: "Humor gibt Hoffnung, spendet Trost und schafft Toleranz"

Seit zwölf Jahren prägt und entwickelt Christian Kühn die Comödie Dresden als Intendant künstlerisch. Die Luft nach oben wird dünner - ein gutes Zeichen.

Von Nadja Laske
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Manchmal kommt Christian Kühn von der Comödie Dresden ins Grübeln: Was haben die vielen Jahre gebracht? Tausende fröhliche, vielleicht auch nachdenkliche Zuschauer auf jeden Fall. Wer kann das schon von sich sagen?
Manchmal kommt Christian Kühn von der Comödie Dresden ins Grübeln: Was haben die vielen Jahre gebracht? Tausende fröhliche, vielleicht auch nachdenkliche Zuschauer auf jeden Fall. Wer kann das schon von sich sagen? © Matthias Rietschel

Dresden. Gegen den Strom schwimmen Privattheater häufig nicht nur mit ihren Angeboten. Öffentlich geförderte Theater pflegen auch andere Spielzeiten. Sie beenden ihre Saison im Sommer und nehmen die nächste danach auf. Christian Kühn macht seit zwölf Jahren vieles anders, als das in seiner Kunstbranche üblich ist. Damit sichert der Intendant der Comödie Dresden seinem Haus Auslastungen, die sich manch andere Bühne wünscht und ein treues Publikum. Im Gespräch mit der SZ spricht der 41-Jährige über gute und schlechte Zeiten des boulevardesken Theaters, richtige Entscheidungen, Erfolge und den persönlichen Verschleiß im Namen der Berufsleidenschaft.

Herr Kühn, für die Comödie endet mit dem Jahr auch die Saison. Welche Überraschung hat sie beschert?

Ein Highlight war die Einladung zu den Privattheatertagen in Hamburg, zu denen jedes Jahr bundesweit nur zwölf private Häuser nominiert werden. Mit unserer Inszenierung "Die Goldfische" haben wir sogar den Monica-Bleibtreu-Preis gewonnen. Über diese Beachtung und Wertschätzung haben wir uns riesig gefreut.

Die Schauspielerin Luisa Wöllisch, die auch in den "Goldfischen" spielt, hat das Downsyndrom. Seid ihr in Sachen Inklusion anderen voraus?

Das will ich so nicht sagen, aber es liegt mir am Herzen, die großen Themen der Zeit mit unseren Mitteln auch im Boulevard aufzugreifen. Dazu gehören Gleichstellung, Diversität und die Sichtbarmachung von Lebensmodellen und Menschen, die von der sogenannten Mehrheitsgesellschaft abweichen, vielleicht Handicaps auf der einen, aber besondere Stärken auf der anderen Seite haben und ein Teil von uns allen sind.

Was bedeutet "mit unseren Mitteln"?

Unser Leitstern für die Spielzeit 2024 ist "HuMore". Die spielerische Verknüpfung von "Humor" und "more" steht für das Mehr, das Humor ist und kann. Damit zeigen wir zum einen die inhaltliche Bandbreite unseres Genres und dass zwischen den Schenkelklopfern auch Themen zum Nach- oder Umdenken in einen humorvollen Spielplan passen. Es heißt, "Humor tötet die Angst", aber Humor kann auch Neugier wecken, Toleranz schaffen, Trost geben, Hoffnung spenden.

Auch am Theater wird Erfolg an Zahlen gemessen. Wie viele Zuschauer hatte die Comödie in diesem Jahr?

Wir freuen uns sehr über eine Besucherzahl von 160.000. Das entspricht der Auslastung von 2019, somit kann man sagen, dass wir die Corona-Hürden hinter uns gelassen haben, auch wenn uns der Weg dahin einiges abverlangt hat.

Zum Beispiel?

Nach Podcast und Streaming im Lockdown mussten wir das Publikum für das Liveerlebnis zurückerobern, denn der erhoffte "Theaterhunger" blieb zunächst aus. Und es gilt, sich den sich ändernden Sehgewohnheiten anzupassen und dabei alle Altersgruppen unseres Publikums von 20 und 80 mitzudenken.

Was waren die erfolgreichsten Inszenierungen?

Das war in diesem Jahr mit einer 99-Prozentigen Auslastung die Bühnenadaption der Kultserie "Hausmeister Krause", gefolgt von der Revue "Himmlische Zeiten" mit Angelika Mann. Beide Produktionen gibt es nächstes Jahr nochmal im Spielplan zu erleben. Aber auch unsere Saison am Elbschloss Übigau war mit "Saturday Night Fever" sehr erfolgreich.

Worauf kann es sich im neuen Jahr, sprich in der kommenden Spielzeit freuen?

Auf die bisher wohl größte Bandbreite! Los geht es mit der Dating-Komödie "Match Me If You Can". Zwei Bestseller-Adaptionen folgen im Frühjahr mit der Krimikomödie "Achtsam morden" und dem Schauspiel "Der erste letzte Tag" von Sebastian Fitzek. Der Klassiker "Der Raub der Sabinerinnen", bei dem das Zwinger-Trio erstmals wieder auf unserer Bühne steht, ist schon jetzt ein Verkaufsmagnet. Im zweiten Teil unseres Dresden-Musicals "Die Königs schenken nach" werde ich wieder Käpt'n König verkörpern und mit "Frohes Fest" enden wir dann mit britischem Humor. Am Elbschloss Übigau bestimmt Frauenpower den Open-Air-Spielplan mit dem Broadwaymusical "Natürlich blond" nach dem gleichnamigen Kinofilm, dem Gospelmusical "Sister Soul" sowie dem Open-Air-Special anlässlich des zehnten Geburtstages unserer Kultkomödie "Tussipark".

Vor zwölf Jahren haben Sie die Intendanz der Comödie übernommen. In welchem Zustand war das Theater damals und was hat sich bewegt?

Ich würde sagen: Es war noch Luft nach oben. Einerseits galt es, die Auslastung zu steigern, aber auch die Inhalte breiter und modernder aufzustellen und das Theater sichtbarer zu machen. Wir gastieren mittlerweile jedes Jahr zwischen 6 und 18 Wochen lang mit Produktionen an anderen deutschen Boulevardbühnen, haben Kooperationen mit Düsseldorf, Karlsruhe oder Essen. Außerdem ist die Spielzeitpause im Sommer unserer Freilichtsaison gewichen mit mittlerweile um die 100 Vorstellungen. Mit einer geänderten Spielzeittaktung, beginnend im Januar, sind wir langfristiger im Verkauf, was uns auch über Krisen hinweg getragen hat.

Wie machen sich die Krisen bemerkbar?

Erstaunlicherweise weniger zulasten der Auslastung, als befürchtet. Wir mussten unsere Ticketpreise zwar leicht anheben, konnten aber trotzdem unsere traditionelle Vorverkaufsaktion zum stark reduzierten Preis anbieten und haben damit tatsächlich einen neuen Rekord verzeichnet. Die Ermäßigung am Theatertag am Dienstag wird zwar genutzt und mittlerweile hat sich auch unsere Ladies Night am Donnerstag sehr gut etabliert, aber dennoch sind Freitage und Samstag die stärksten Tage.

Dein Resümee nach einem Dutzend Jahre als Intendant?

Gerade die ersten Jahre haben mich schon sehr gefordert, viele Projekte waren nur stemmbar, indem das Theater die Priorität war, einiges musste hintenan stehen. Aber zum Glück haben die Früchte dieser Arbeit eine lange Haltbarkeit und viele Herzensproduktionen auch nach Jahren noch Erfolg. Die Arbeit in den aktuellen Spielzeiten ist und wird besonders, denn die Komödie, für die mein Herz schlägt, hat ihre stärkste Kraft stets in Krisenzeiten entfaltet.