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Dresdner Schüler an der Werkbank

Genial und sozial: Junge Leute gehen einen Tag lang zur Arbeit und spenden das Geld Kindern und Jugendlichen in Notlagen. Aber für das Ganze spricht noch viel mehr.

Von Nadja Laske
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Der Geschäftsführer von Theegarten Pactec, Dr. Egbert Röhm, erklärt Julian (l.) und Nick (r.), wie und warum die Schokolade ausgepackt werden muss.
Der Geschäftsführer von Theegarten Pactec, Dr. Egbert Röhm, erklärt Julian (l.) und Nick (r.), wie und warum die Schokolade ausgepackt werden muss. © Sven Ellger

Dresden. Schokolade auspacken - welch Glücksmoment! Das Knistern und der Duft dazu. In diesen Genuss kommen Julian und Nick im Unternehmen für Verpackungsmaschinen, Theegarten Pactec. Mehr aber auch nicht. Denn die Jungs sind nicht zum Naschen in der großen Produktionshalle zu Gast.

Gemeinsam mit gut einem Dutzend weiterer Schülerinnen und Schüler aus Oberschulen und Gymnasien haben sie sich im Rahmen des Programms "genialsozial" für einen Arbeitseinsatz entschlossen und die Schulbank gegen einen richtigen Job eingetauscht.

Das Projekt der Sächsischen Jugendstiftung sieht vor, dass junge Leute einen Tag lang in einem Unternehmen arbeiten, der Arbeitgeber diese Schicht bezahlt, die Schüler aber davon nicht shoppen oder Burger essen gehen, sondern das Geld Kindern und Jugendlichen spenden, die in sozialen Notlagen leben.

Dringende Suche nach Azubis

Schon das wäre eine Win-win-Situation, weil die Schüler auf diese Weise Branchen kennenlernen können, die für sie in Sachen Berufswahl vielleicht einmal interessant werden könnten. Der Aktionstag ist umgekehrt aber auch ein willkommener Anlass für Unternehmen, sich den jungen Menschen vorzustellen.

"Wir haben immer sehr eng mit Oberschulen zusammengearbeitet, dort in Veranstaltungen darüber gesprochen, was wir eigentlich machen und welche Entwicklungschancen wir bieten", sagt Egbert Röhm, Geschäftsführer von Theegarten Pactec. "Corona hat uns da weit zurückgeworfen." Denn über lange Zeit war ein solcher Austausch nicht möglich. Auch die regulären, zweiwöchigen Schülerpraktika der neunten Klassen fielen aus. Berufsorientierung fand nicht statt.

Das sieht Egbert Röhm an der Zahl der neuen Auszubildenden in seinem Unternehmen. Eigentlich lernen dort immer rund 30 junge Leute Berufe wie Mechatroniker, Zerspanungsmechaniker und Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik. Doch das neue Ausbildungsjahr ist bei weitem noch nicht bestückt. "Uns fehlte einfach zu lange der Kontakt zu den Oberschülern, die sich überhaupt für einen Ausbildungsberuf entscheiden und nicht zum Studium gehen."

Zur rechten Zeit am rechten Ort sind indes Julian und Nick. Während ihre Schülerkollegen in anderen Abteilungen eingesetzt werden, haben sie die besondere Gelegenheit, am Test einer neuen Verpackungsmaschine mitzuwirken. Der US-amerikanische Schokoladenhersteller Hershey hat sie bestellt. Künftig wird sie in Mexiko stehen und bis zu 2.400 Schokotäfelchen pro Minute in glänzende Folie schweißen.

Seit Tagen läuft sie nun im Testlauf. Die Schüler lernen sie kennen, kurz bevor der Kunde zur Abnahme nach Dresden kommt. Der liefert eigentlich ausreichend Schokolade, die dann in den Probeläufen verpackt werden kann. Aufgrund von Transport- und Lieferengpässen jedoch stoppt die Zufuhr. Da kommen die Schüler gerade recht.

Vier zusätzliche Hände sind Egbert Röhm willkommen, denn die eben frisch eingewickelten Täfelchen müssen nun wieder ausgepackt werden, um erneut als Testprodukte benutzt zu werden. So kommt es, dass Julian und Nick Schokolade auspacken, das Papier rascheln hören und der Schokoduft ihnen in die Nasen steigt - sie aber kein Stück davon essen. "Das wäre zu unhygienisch", erklärt der Chef und verspricht: "Nach dem Arbeitseinsatz gibt es genug frische Schokolade, die gegessen werden kann."

Außerdem wartet nach der Schicht ein gemeinsames Grillen auf die Schüler und zum Abschluss ein Spiel auf dem betriebseigenen Volleyballfeld. Angesichts der Lage ist es ja nicht ganz neu, dass sich heute Unternehmen bei ihren künftigen Azubis bewerben.