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Ein Jahr Krieg in der Ukraine: So leben die Menschen jetzt in Dresden

Über 7.000 Ukrainerinnen und Ukrainer sind vor den Bomben in ihrer Heimat geflüchtet und in Dresden aufgenommen worden. Noch immer haben nicht alle Kinder einen Schulplatz.

Von Julia Vollmer
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Vor einem Jahr begann der Angriff Russland auf die Ukraine. Millionen Menschen mussten flüchten, viele davon kamen auch nach Deutschland. In Dresden kamen über 7.000 von ihnen unter.
Vor einem Jahr begann der Angriff Russland auf die Ukraine. Millionen Menschen mussten flüchten, viele davon kamen auch nach Deutschland. In Dresden kamen über 7.000 von ihnen unter. © Michael Kappeler/dpa (Archiv)

Dresden. Am 24. Februar jährt sich der Tag, an dem Russland erstmals in diesem Krieg die Ukraine angriff. Millionen Menschen mussten fliehen vor den Bomben - auch nach Dresden. Wie viele Menschen leben nun in Dresden? Welche Erfahrungen haben sie gemacht und welche Verbesserungen wünschen sich Geflüchteten-Initiativen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wie viele Geflüchtete aus der Ukraine leben in Dresden?

Mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine nahm Dresden tausenden Frauen und Kinder und vereinzelte Männer aus der Ukraine auf. Ende 2022 lebten in Dresden laut Sozialamt 7.173 Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind, in der Stadt. Zusammen mit den Ukrainern, die vor dem Krieg schon ihr zu Hause in Dresden fanden, waren es insgesamt 8.861 Ukrainerinnen und Ukrainer.

Trotz des immer noch andauernden Beschusses durch russische Raketen fliehen aktuell wenige der noch in der Heimat verbliebenen Menschen aus der Ukraine. Im Januar kamen 50 ukrainische Geflüchtete neu nach Dresden, für Februar sind laut Stadt keine angekündigten Zuweisungen vorgesehen.

Leben die Menschen inzwischen in eigenen Wohnungen?

Nachdem anfangs tausende Geflüchtete bei Dresdner Familien auf der Couch oder in der Messe und Turnhallen schlafen mussten, hat nun der überwiegende Teil eine eigene Wohnung. Durch das Sozialamt waren zum Stichtag 31. Dezember 2022 insgesamt 322 Personen untergebracht, davon 256 in Wohnungen der Stadt und 66 Menschen in Gemeinschaftsunterkünften.

Auch die Landesdirektion Sachsen bringt noch Menschen unter. 174 Geflüchtete aus der Ukraine leben zurzeit im Erlwein-Forum im Dresdner Ostragehege. Diese Unterkunft wurde speziell für die Ukraine-Geflüchteten eingerichtet.

Können alle Kinder eine Schule oder Kita besuchen?

Nein. Während alle Kinder im Kita-Alter einen Kitaplatz haben, steht noch längst nicht allen Schulkinder ein Platz zur Verfügung. Dem zuständigen Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) liegen derzeit 2.094 Anträge für die Unterrichtung ukrainischer Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Schulen in Dresden vor. Aber nur 1.343 Kinder sind tatsächlich schon in der Schule, so die Stadt.

Die Frage nach den Gründen, warum rund 700 Anträge nicht bearbeitet sind und wo die Kinder nun aktuell unterrichtet werden, ließen bislang sowohl Stadt als auch Lasub unbeantwortet. In den Dresdner Kitas und bei den Tageseltern werden derzeit 493 Kinder aus der Ukraine betreut.

Was lief bisher gut bei der Integration der Geflüchteten?

Mit großem Einsatz und Engagement kümmerten sich die Ukraine-Hilfe von Koordinatorin Natalja Bock und die Initiative von Ausländerrat, Flüchtlingsrat, Afropa, SUFW und Caritas und die Bahnhofmission der Diakonie um die neu ankommenden Menschen. Teilweise waren sie am Hauptbahnhof nächtelang im Einsatz.

Olga Sperling, Geschäftsführerin vom Ausländerrat erinnert sich an die "überwältigende Hilfsbereitschaft der Dresdner Bevölkerung." Und sagt: "Auch jetzt - ein Jahr später - helfen viele Ehrenamtliche in unserem Verein, um die Menschen aus der Ukraine zu unterstützen und zu begleiten."

In der Stadt seien in Vereinen und über die Migrationssozialarbeit viele Begegnungsorte geschaffen worden. "Positiv ist, dass die Geflüchteten in Dresden jetzt schon die Stadtgesellschaft mitgestalten. Sie sind sichtbar - vom Kinderchor bis zur großen Demo heute im Stadtzentrum", so Sperling.

Wo gibt es noch Probleme?

Der Ausländerrat kümmert sich auch um die Betreuung der Kinder an den Schulen. Doch hier könnte es schwierig werden. "Ein ganz besonderes Problem ist die Schulsozialarbeit für ukrainische Kinder. Sie wurde letztes Jahr aufgelegt, läuft aber Stand jetzt zum Ende des Schuljahres im August aus", sagt Geschäftsführerin Sperling.

Die Teams an den Schulen würden aber nach wie vor von vielen Problemen der Kinder und Eltern berichten. "Dabei geht es nicht nur um die Sprache, sondern auch um Bildungswege, und ganz grundsätzlich um das ganz normale Kindsein nach traumatischen Erlebnissen", schildert Sperling. Die Schulsozialarbeit müsse dringend erhalten bleiben.

Sperling sorgt sich aber auch, dass zu sehr zwischen Flüchtlingen aus der Ukraine und anderen Ländern unterschieden wird. "Wir müssen alle Geflüchteten im Blick behalten. Es darf nicht sein, dass Menschen nach ihrer Herkunft benachteiligt werden."

Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat sorgt sich um das Netz aus freiwilligen Helfern. Der Atem vieler Ehrenamtlicher in der Unterstützung habe etwas nachgelassen, beobachtet er. "Wirtschaftliche Rezession und Sorgen um die eigene finanzielle Lage, aber auch Überforderung mit der Bürokratie Deutschlands hat dafür gesorgt, dass die noch immer riesige Hilfsbereitschaft etwas abgenommen hat."