SZ + Dresden
Merken

Dresdner Schutzhaus: "Jede vierte Frau wird Opfer von körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt"

Anlässlich des Frauentages machen Akteure klar: Das eigene Zuhause ist für viele Frauen in Dresden nicht sicher. Aber auch Männer werden Opfer.

Von Julia Vollmer
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Opfer leiden oft jahrelang unter der Gewalt im eigenen Zuhause.
Die Opfer leiden oft jahrelang unter der Gewalt im eigenen Zuhause. © Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Dresden. Ohrfeigen, Tritte in den Bauch oder gebrochene Kiefer: Opfer von häuslicher Gewalt in Dresden müssen teilweise traumatische Erfahrungen machen. Von dem Menschen, der sie eigentlich am meisten lieben und achten sollte - der eigene Partner oder die Partnerin. Am diesjährigen Frauentag am 8. März machten unter anderem das Dresdner Frauenschutzhaus und der Verein Sowieso auf das Thema aufmerksam. "Die Opfer brauchen dringend ein Ende der Gewalt und ein offenes Ohr in den Beratungen", sagt Sylvia Müller vom Frauenschutzhaus. Betroffen seien in allen gesellschaftlichen Schichten, Nationen und Altersgruppen vertreten. "Jede vierte Frau wird statistisch einmal im Leben Opfer von körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt", so Müller.

Das Frauenschutzhaus bietet eine geschützte Unterkunft auf Zeit für Frauen und ihre Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. "Wir stehen Frauen unabhängig ihrer Religion und Herkunft offen. Zum Schutz der Bewohnerinnen ist die Adresse des Frauenschutzhauses anonym und darf nicht weitergegeben werden", sagt sie. Besuche und Treffen am Haus sind nicht möglich. Auf Anfrage steht ein barrierearmer Platz zur Verfügung.

In Dresden sind neben dem Schutzhaus weitere Akteure für Menschen da, die von Gewalt betroffen sind. Auch für Männer. Beispielsweise die Interventions- und Koordinierungsstelle (D.I.K.), das Frauenzentrum "sowieso", das Beratung bei Gewalterfahrung und sexuellem Missbrauch bietet sowie das Männernetzwerk. Außerdem gibt es Angebote der Jugendhilfe.

Wie viele Fälle von häuslicher Gewalt in Dresden wurden angezeigt?

"Für die Stadt Dresden wurden 2022 insgesamt 1.165 Fälle häuslicher Gewalt registriert", so Polizeisprecher Marko Laske auf Anfrage. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, viele Opfer zeigen die Taten aus Scham und Angst nicht an.

Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren insgesamt 1.101 und im Jahr 2020 insgesamt 1.278 Fälle. Die Daten für das Jahr 2024 und 2023 liegen laut Laske derzeit noch nicht vor.

Sind eher Frauen oder eher Männer die Betroffenen?

Laut Sylvia Müller sind die Opfer von häuslicher Gewalt zu großen Teilen Frauen. Die Datengrundlage ist die polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS), in der die Zahlen nur für Sachsen aufgelistet sind. Blickt man auf den Freistaat, wird klar: Die große Mehrheit der Opfer sind Frauen. "Sachsenweit sind 6.747 weibliche Betroffene und 2.634 männliche Betroffene registriert", sagt Marko Laske. Auch für die Stadt Dresden würden die weiblichen Betroffenen die Mehrzahl bilden, Zahlen liegen hier aber auch nicht vor.

Klar wird: Die Täter sind meist Männer. Im Jahr 2022 wurden für die Stadt Dresden insgesamt 965 Tatverdächtige erfasst. Davon waren 730 männlich und 235 weiblich, sagt Laske.

Gibt es ausreichend Schutzräume?

Leider nein. In den Dresdner Frauenschutzeinrichtungen stehen insgesamt 18 Familienplätze zur Verfügung, im Bereich der Männerschutzwohnungen sind es drei Familienplätze. Also Plätze für Frauen oder Männer mit ihren Kindern.

Doch es gibt ein großes Problem: Nicht alle Opfer finden auch wirklich Hilfe in den Schutzräumen, da es nicht genug Platz gibt. Auf Anfrage muss die Stadt einräumen: "Setzen wir die eingehenden Gesuche und Interessenbekundungen für einen Platz im Safe House als Bedarf an, dann zeigt sich eine temporäre Knappheit." So mussten im Jahr 2023 100 Interessenbekundungen vom Frauenschutzhaus abgelehnt werden. 60 Prozent dieser Ablehnungen erfolgten, weil die Einrichtung voll belegt war, so das Rathaus auf Anfrage.