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Maßgefertigte Räder aus Dresden: "Alles andere als von der Stange"

Martin Raeder und Stefan Meißner betreiben die Fahrrad-Maßschneiderei "Meißner Raeder" in der Neustadt. Auch sie sind Grund für eine sehr spezielle Messe in Dresden.

Von Nadja Laske
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Für Martin Raeder sind Fahrräder Sportgeräte und Alltagsbegleiter, auf denen sich der Fahrer absolut sicher und wohlfühlen sollte. Deshalb bekommt bei ihm jeder Kunde sein individuelles Zweirad.
Für Martin Raeder sind Fahrräder Sportgeräte und Alltagsbegleiter, auf denen sich der Fahrer absolut sicher und wohlfühlen sollte. Deshalb bekommt bei ihm jeder Kunde sein individuelles Zweirad. © Christian Juppe

Dresden. Aus Raider wurde Twix. Sonst änderte sich nix. Anders als im altbekannten Slogan ist das mit dem Namen an der Tür des Neustädter Eckladens Louisenstraße 19. Dort steht seit mehr als einem Dutzend Jahren "Meißner Raeder" statt "Rotor" - und anders geworden ist eine ganze Menge.

Wenn Rad auf Hindernis trifft, bedeutet das für Inhaber Martin Reader eigentlich das perfekte Match. Dennoch lag auf seinem Weg so mancher unliebsame Stein, den zu überwinden ganz besonders viel Kraft, Balance, Geschick und Konzentration verlangte.

Viele Jahre seines Lebens hat der gelernte Kfz-Mechaniker dem Wettkampfsport Trial gewidmet, der die Mountainbiker auf speziellen Rädern über Stock und Stein schickt. Große Leidenschaft und Zielstrebigkeit sind hineingeflossen, doch eines Tages musste der heute 44-Jährige einsehen, dass sein Leben einen anderen Parcours braucht.

"Bei einem Skiunfall habe ich mir die Schulter so verletzt, dass ich meinen Radsport letztlich nicht mehr ausüben konnte", erzählt er. Aus Liebe zum Fahrrad passte der Job als Geschäftsführer des aus Leipzig stammenden Fahrradunternehmens Rotor in Dresden anfänglich recht gut. Doch private und geschäftliche Gegebenheiten ließen sich früher oder später mit seinen eigenen Bedürfnissen nicht mehr verbinden.

Ein Leben ohne Leistungssport?

Auf der Suche nach mehr Wissen und beruflichen Perspektiven hatte Martin Raeder eine Ausbildung zum Physiotherapeuten absolviert. An deren Ende stand er am Anfang eines Neubeginns. Dass der in diesem Beruf für ihn niemals in Deutschland infrage kommt, war ihm schnell klar. Zu teuer sind die nötigen Spezialisierungen, zu gering das Einkommen.

"Ich habe überlegt, in die Schweiz zu gehen", erzählt er. Dort seien die finanziellen Möglichkeiten in diesem Bereich deutlich besser. Doch das Swizerdütsch gleicht den Verlust der Heimat nicht aus. "Ich bin hier verwurzelt und wollte in Dresden bleiben."

So sah er sich 2010 mit einer Menge Hindernissen konfrontiert: Auf den Leistungssport musste er verzichten, als Physiotherapeut blieb wenig Spielraum, die Geschäftsführung bei Rotor erfüllte ihn nicht. "Da haben Stefan und ich beschlossen, die Räumlichkeiten zu übernehmen und einen eigenen Laden zu eröffnen." Nach einigen Umbauten war es im März 2011 so weit.

Nun hieß Rotor nach den beiden jungen Gründern: Stefan Meißner und Martin Raeder - Meißner Raeder. Mittlerweile arbeiten dort noch zwei Mechaniker, ein Verkäufer und eine Mitarbeiterin für Warenwirtschaft und Logistik. Gleich nebenan bekommt der Nachwuchs seine Zweiräder, allerdings höchst selten maßgeschneidert. Dafür entwachsen Kinder viel zu schnell.

Technisches und physiologisches Verständnis

Fahrräder nach Maß. Das allein war zwar selten, aber nicht ganz neu. Doch endlich konnten die beiden ihre eigenen Ansprüche an Handmade-Räder umsetzen. Wer sich mit dem Gedanken trägt, ein Fahrrad zu kaufen, dass in Gattung, Größe, Form, Ausstattung, Optik eine komplett persönliche Angelegenheit ist, dürfte einige Beratungsgespräche, Probefahrten und vorfreudige Geduldsübungen später auf sein Bike steigen und sich darauf wie in einem individuell angepassten Wanderschuh fühlen.

Dafür analysieren Martin Raeder und sein Geschäftspartner die Bedürfnisse der Kunden genau, arbeiten mit regionalen Herstellern der verschiedenen Bauteile zusammen und bringen in Sachen Ausstattung, Montage und Ergonomie jede Menge Erfahrungen mit. So verbindet Martin technisches Verständnis mit physiotherapeutischem Wissen und der Leidenschaft für Fahrräder. Das kostet schlussendlich zwischen 3.000 und 10.000 Euro. Kunden weit über Dresden hinaus leisten sich inzwischen diese Spezialität.

Unter anderen beziehen Meißner Raeder ihre Rahmen von der kleinen Firma Nicolai, die die jeden Auftrag von Hand ausführen. Für sich und den Hersteller sind sie am Wochenlende auf der Handmade-Fahrradmesse "Bespoked" im Dresdner Flughafen vertreten. "Das ist Europas größte, jährlich stattfindende Messe für individuelle und handgefertigte Fahrräder", heißt es auf der Homepage. Auch dass das britische Fabrikat zum ersten Mal auf dem Festland und noch dazu in Dresden stattfindet, ist eine Besonderheit.

Stadtradler, Berufspendler, Radreisende, Rennfahrer, Lastentransporteure werden dort die neusten Entwicklungen, besten Ideen und vielfältigsten Anbieter erleben. Auch Martin Raeder als Fachmann erwartet sich Anregungen und Aha-Effekte: "Alles andere als von der Stange."

Handmade-Fahrradmesse Bespokes, 13. Oktober, 10 bis 18 Uhr, 14. Oktober, 8 bis 18 Uhr und 15. Oktober, 8 bis 16 Uhr im Dresdner Flughafen: www.bespoked.cc