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Semperoper-Anbau: Stadt schmettert sämtliche Einwände ab

Neben dem Zwingerteich soll die Semperoper ein weiteres Gebäude erhalten. Warum die Stadt die Kritik an dem Vorhaben nicht berücksichtigen wird.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Der Hinterhof der Dresdner Semperoper soll ein zusätzliches Gebäude für die Künstler bekommen.
Der Hinterhof der Dresdner Semperoper soll ein zusätzliches Gebäude für die Künstler bekommen. © Sven Ellger

Dresden. Gegen die Semperoper-Erweiterung im denkmalgeschützten Zwingerpark sind bei der Stadt zahlreiche Einwände eingegangen. Ändern sollen sie an dem umstrittenen Bauvorhaben aber nichts, wie aus Informationen von Sächsische.de hervorgeht. Das Rathaus will dem Stadtrat empfehlen, die Einwände zwar zur Kenntnis zu nehmen, den Weg für den Anbau dennoch freizumachen. Worum es bei den Einwänden geht und weshalb die Stadt sie nicht berücksichtigen möchte – das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie soll die Semperoper-Erweiterung aussehen?

Die Fläche für den Anbau befindet sich auf der Rückseite der Semperoper neben dem Funktionsgebäude und dem Theatergebäude Semper zwei. Der Bauausschuss hatte sich im vergangenen Herbst mit dem Bauherrn auf einen Grundriss von 26 mal 26 Metern für den Neubau geeinigt. Der Denkmalschutz hatte zuvor bereits klargemacht, dass die Semperoper das dominanteste Gebäude des Ensembles bleiben müsse und der Neubau nicht höher als 19 Meter werden dürfe.

Wie die Erweiterung genau aussehen wird, steht noch nicht fest. Der Stadtrat soll beschließen, dass der Bauherr – der Freistaat Sachsen – einen Architekturwettbewerb auslobt. In der Aufgabenstellung wird unter anderem stehen: "Der Zwingergarten, das Ensemble des 1984 errichteten Funktionsgebäudes wie auch die Semperoper stehen unter Denkmalschutz. Diese Randbedingungen sollen bei der Gestaltung des Neubaus sowohl in Kubatur, als auch in Setzung, der Fassadengliederung und der Materialität beachtet werden."

Der Entwurf solle zurückhaltend, zeitgemäß, unaufdringlich und dem Standort angemessen sein. Es gehe um eine "rücksichtsvolle" Erweiterung, einen "Dialog mit den bestehenden Bauten, welche mit Sandsteinfassaden errichtet wurden".

So soll der Erweiterungsbau der Semperoper (rechts) aussehen.
So soll der Erweiterungsbau der Semperoper (rechts) aussehen. © Visualisierung: SIB Dresden

Welche Einwände gibt es gegen den Anbau?

Nach dem Beschluss des Bauausschusses im Oktober sind die Pläne öffentlich ausgelegt worden. Jeder hatte von Ende November bis Ende Dezember die Möglichkeit, Kritik daran zu äußern bzw. Verbesserungsvorschläge einzubringen. Davon haben viele Dresdner Gebrauch gemacht. Bedenken gibt es etwa zur Höhe des Anbaus, aber auch zur neuen Gesamtwirkung des Zwingergartens sowie zu den Folgen für das Stadtklima, sollte in der Innenstadt eine weitere Grünfläche wegfallen. Mehrmals ist auch vorgeschlagen worden, die Erweiterung der Semperoper am Marstall zu realisieren, gleich gegenüber auf der anderen Seite der Straße Am Zwingerteich. Kritik gibt es darüber hinaus am Projekt generell. Der Planungsprozess wird als "unsensibel und intransparent" bezeichnet. Gleichzeitig gibt es die Forderung nach einer größeren öffentlichen Debatte.

Wie geht die Stadt mit den Einwänden um?

Unter allen Einwänden hat die Stadt folgende Formulierung platziert: "Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Aus der Stellungnahme resultiert keine Änderung der Ergänzungssatzung." Das heißt: Alles bleibt so, wie es im Bauausschuss im Oktober besprochen wurde. Die Kritik an der geplanten Gebäudehöhe von 19 Metern weist die Stadt mit der Begründung zurück, dass in diesem Schritt des Verfahrens noch gar nicht über Höhen entschieden werde, auch wenn vom Denkmalschutz bereits ein Limit genannt wurde. Dies passiere später, wenn der Freistaat den Bauantrag einreicht. Erst dann werde entschieden, ob der Anbau zu hoch wäre. Kriterium sei, ob sich das Haus in die nähere Umgebung einfügen würde. Gleichzeitig macht die Stadt klar, dass sich das neue Gebäude höhenmäßig von den anderen aus den 80er-Jahren abheben dürfe, "um erkennbar abzubilden, dass dieses Gebäude in einer anderen Zeitschicht entstanden sein wird".

Was die Wirkung auf den Zwingergarten angeht, so ist die Stadt der Ansicht, dass die Fläche am äußersten Rand des Parks "so positioniert und gering dimensioniert" sei, dass ein zukünftiges Gebäude für das Zwinger-Ensemble, den historischen Stadtkörper und die Blickbeziehungen eine geringstmögliche Relevanz entfalteten. Der Marstall komme aufgrund unzureichender Fläche nicht in Betracht.

Wozu braucht die Semperoper den Neubau?

Die Semperoper braucht den neuen Erweiterungsbau dringend. Der bestehende ist inzwischen baulich so marode und von den technischen Anlagen so verschlissen, dass er dringend saniert werden muss. In ihm befinden sich die Künstlergarderoben, die Probensäle, die Masken-Räume und Büros. "Wir haben jetzt schon einen künstlerischen Qualitätsverlust, weil Künstler und Dirigenten aufgrund der Bedingungen nicht mehr kommen", sagte Jan Seeger, der Technische Direktor der Semperoper, im Herbst den Stadträten. Damit der Bestandsbau saniert werden kann, müsste die Semperoper entweder vier Jahre pausieren - oder in ein Gebäude ausweichen, das direkt mit der Oper verbunden ist. Nur so könnten Künstler geschminkt und aufgewärmt auf die Bühne gelangen.

Wann wird gebaut?

Im Mai soll zunächst der Stadtrat darüber abstimmen, dass die besagte Fläche grundsätzlich bebaut werden darf. In diesem Zuge müssen sich die Räte auch positionieren, ob sie der Verwaltung folgen und die Einwände lediglich zur Kenntnis nehmen wollen. Anschließend kann der Freistaat, vertreten durch das Sächsische Immobilien- und Baumanagement, den Architekturwettbewerb starten. Auf den Siegerentwurf würde ein Bauantrag folgen. Unklar ist damit noch, ab wann gebaut werden kann. Die Kosten sollen sich auf mindestens fünf Millionen Euro belaufen.