Aggressive Stimmung: Auseinandersetzungen bei Demos in Dresden
"Querdenker", Reichsbürger und Rechtsextreme standen am Samstag in der Dresdner Innenstadt Gegendemonstranten gegenüber. Mehrere hundert Polizisten waren im Einsatz.
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Dresden. In der Dresdner Innenstadt ist am Samstag demonstriert worden. Rechtsextreme und "Querdenker" gingen auf die Straße, mehrere Initiativen hatten zum Gegenprotest aufgerufen. Mehrmals heizte sich die Stimmung auf. Das Wichtigste zum Nachlesen in unserem Newsblog:
21.30 Uhr: Polizei zieht Bilanz - mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet
Die Polizei war am Samstag mit 365 Kräften im Einsatz, um die Demonstrationen im Stadtzentrum abzusichern. Wie ein Sprecher am Abend mitteilte, seien mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet worden: Ein 59-Jähriger, der der Reichbürger-Demo angehörte, muss sich auf Grund eines Redebeitrags wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten.
Während des großen Demozuges von "Querdenkern", Reichsbürgern und "Freien Sachsen" trug eine 48-jährige Deutsche die Bundesflagge verkehrtherum. Die Polizei leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole ein. Zudem prüft die Polizei mehrere Plakate und Banner auf strafrechtliche Relevanz. Auf diesen waren unter anderem Politiker in Sträflingskleidung abgebildet.
Gegen einen Teilnehmer des Gegenprotestes, einen 29-jährigen Deutschen, wird wegen des Verdachts der Aufforderung zu Straftaten eingeleitet. Ob es sich um den Träger des Banners mit "Nazis töten" handelt, ließ die Polizei offen. Außerdem ermittelt die Polizei gegen 13 Teilnehmer wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Sie hatten sich vermummt.
18.15 Uhr: Abschlusskundgebung auf dem Theaterplatz
Die Versammlung auf dem Theaterplatz löst sich langsam auf. Aktuell findet dort die Abschlusskundgebung statt, etwa 100 Teilnehmer sind noch da. Die Gegendemo auf der Augustusbrücke ist ebenfalls beendet.
17.50 Uhr: Gegendemo weiterhin auf der Augustusbrücke
Während "Querdenker"/Rechte wieder auf dem Theaterplatz sind, befinden sich die Gegendemonstranten auf der Augustusbrücke und wartet auf die Freigabe durch die Polizei. "Es gibt einen Dissens zwischen der Versammlungsbehörde und der Polizei", sagt der Versammlungsleiter. Deshalb stehe man weiter. Offenbar sollen die Demonstranten eine andere Route nehmen, nicht über den Theaterplatz.
17.28 Uhr: Beide Demonstrationszüge jetzt auf Neustädter Seite
Nach der Blockade laufen beide Demozüge jetzt weiter. Es geht von der Carolabrücke zur Augustusbrücke, von dort aus zurück auf den Theaterplatz. Auf der Augustusbrücke gibt es Berichten auf dem Kurznachrichtendienst X zufolge einen weiteren Blockadeversuch.
17.11 Uhr: Polizei setzt wohl Pfefferspray gegen Demonstranten ein
An der Carolabrücke auf Altstädter Seite ist es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen, vermutlich aus dem linken Spektrum. Eine Bestätigung dazu gibt es von der Polizei noch nicht. Grund war wohl ein Blockadeversuch. Einsatzkräfte zogen einen Vermummten über den Gehweg auf eine Wiese, es kam offenbar auch Pfefferspray zum Einsatz. Unseren Reportern zufolge sind Sanitäter im Einsatz. Die Gegendemo wurde angehalten, während "Querdenker"/Rechte weiterziehen. Allerdings blockieren mehrere Personen nun die Carolabrücke auf der Neustädter Seite. Der Demozug um Marcus Fuchs soll an der Blockade vorbeigeführt werden.
16.53 Uhr: Demos jetzt auf St. Petersburger Straße
Nachdem die Demo des rechten Spektrums/"Querdenken" am Postplatz stockte, geht es weiter über die Wallstraße in die Waisenhausstraße auf die St. Petersburger Straße in Richtung Pirnaischer Platz. Eine Frau stellte sich vor der Thalia-Buchhandlung neben den Demozug und rief "Nazis raus". An der Demo nehmen derzeit schätzungsweise 2.000 Personen teil.
Die Gegendemonstranten folgen, laufen auf dem Dr.-Külz-Ring und der St. Petersburger Straße parallel auf der Gegenfahrbahn.
16 Uhr: Beide Demo-Gruppen treffen aufeinander
Teile der Demo von "Querdenken", "Freie Sachsen" und Reichsbürger passieren die Gegendemonstration auf dem Postplatz dicht. Nicht nur die Gegendemonstranten rufen "Nazis raus", auch aus der rechten Ecke schallt der Ruf zur anderen Seite.
Mehrere Demonstranten aus dem rechten Spektrum befinden sich aber nach wie vor in Richtung Altmarkt auf der Wilsdruffer Straße. Offenbar wurde eine Teilnehmerin mit einer umgedrehten Deutschland-Flagge gestoppt - Verdacht einer Straftat. Die Polizei ermittelt wegen Verunglimpfung des Staates. Demonstranten regen sich auf, dass die Frau rausgezogen wurde. Der Demozug stockt.
15.50 Uhr: Nächste Konfrontation auf dem Postplatz?
Die "Querdenker"-Demo ist nun auf der Wilsdruffer Straße und zieht in Richtung Postplatz, wo sich bereits die Gegendemonstranten aufhalten. Die Polizei ist vor Ort und hat eine Sperre gebildet.
15.43 Uhr: Polizei ermittelt wegen mehrerer Plakate
Die Dresdner Polizei hat Ermittlungen wegen mehrerer Plakate bei der Versammlung des rechten Spektrums aufgenommen. Geprüft werde eine strafrechtliche Relevanz, wie es heißt. zum konkreten Inhalt machte die Polizei beim Kurznachrichtendienst X keine näheren Angaben. Informationen unserer Reporter zufolge soll es sich unter anderem um ein Banner handeln, auf dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Sträflingskleidung zu sehen sind und des Volks- und Vaterlandsverrates "schuldig gesprochen" werden. Darüber hinaus werden eine umgedrehte Deutschland-Flagge und ein Plakat mit dem Aufdruck "Nord-Stream-Terrorist" geprüft.
Auch das Banner der Gegendemonstranten bleibt beschlagnahmt.
15.33 Uhr: Umsturzgedanken bei Fuchs-Demo
"Nur eine Revolution wird uns Freiheit bringen", sagte gerade Redner Paul Brandenburg auf der Bühne von Marcus Fuchs. Der Mediziner aus Berlin ist als Corona-Skeptiker bekannt. Er fordert den Austritt aus EU und WHO und - bis zur Revolution - zur Wahl der Kleinstpartei "Basis", der AfD und von Wagenknecht auf.
Nun, kurz vor 15.30 Uhr, setzt sich der Demozug in Bewegung. Offenbar geht es erst einmal doch nicht in die Neustadt, sondern zum Neumarkt, wo sich noch Reichsbürger aufhalten.
Der Gegenprotest wird die entgegengesetzte Richtung nehmen, zunächst zum Postplatz.
15.01 Uhr: Reichsbürger ziehen zum Theaterplatz, Gegendemonstranten fühlen sich bedroht
Anhänger der Reichsbürger-Szene, die bereits am Mittag durch die Stadt auf den Neumarkt zogen, sind nun plötzlich zum Theaterplatz marschiert und befinden sich dicht an den Gegendemonstranten. Wohl auch zur Überraschung der Polizei. Seitens der Gegendemonstranten wird kritisiert, dass zu ihrem Schutz keine Polizeikette gebildet worden sei.
Unsere Reporter beschreiben die Stimmung als aufgeheizt. Einige Gegendemonstranten versuchen, sich den Reichsbürgern entgegenzustellen, zeigen ihnen den Mittelfinger. Inzwischen sind Polizeikräfte dazugekommen und trennen beide Seiten.
14.51 Uhr: Polizei konfisziert Banner von Gegendemonstranten
Die Polizei hat ein Banner mit der Aufschrift "Nazis töten." konfisziert. Obwohl das - auch in Bezug auf den NSU - wegen des Punktes eine Faktenfeststellung sei, keine Aufforderung zur Gewalt, heißt es von den Demonstranten. "Schaut euch an, was da drüben dabei ist an verfassungsfeindlichen Plakaten." Großer Jubel.
14.25 Uhr: Fuchs-Demo soll vier Kilometer durch die Innenstadt führen
Die Demonstration des Dresdner "Querdenken"-Initiators Marcus Fuchs hat begonnen. Geplant ist unter anderem ein gut vier Kilometer langer Demozug. Er soll über die Augustusbrücke, die Carolabrücke, die St. Petersburger Straße, den Dr.-Külz-Ring, die Wilsdruffer Straße und den Neumarkt zurück zum Theaterplatz führen.
Auf der Demo, der sich Reporter-Schätzungen etwa 800 Menschen angeschlossen haben, geht es um den Ukraine-Krieg. Auf einem Schild wird "Frieden mit Russland, nicht mit den USA" gefordert. Ein anderer Teilnehmer trägt einen Sticker mit "I love CO2", ein Zeichen gegen den Klimaschutz. Darüber hinaus sind Flaggen der rechtsextremen Kleinstpartei "Freie Sachsen" zu sehen. Auch der rechte Verein "Zentrum Automobil" ist dabei, der sich selbst als Gewerkschaft für Angestellte der Automobilindustrie bezeichnet.
Am Rednerpult steht unter anderem der Verschwörungsideologe Ken Jebsen. "Wenn der Faschismus kommt, wird er nicht sagen, ich bin der Faschismus. Ich bin von der WHO", sagt Jebsen, wohl bezogen die zurückliegende Pandemie und die Corona-Impfung. Corona bezeichnet er als "Gehorsamkeits-Experiment". Die aktuellen Medien wären "Komplizen des Großkapitals". Die Massenmedien müssten "wieder unter Kontrolle" gebracht werden. Jebsen hetzt außerdem gegen Scholz, Habeck, Baerbock, Lauterbach und Faeser.
Die Gegendemonstranten, aktuell schätzungsweise 300 bis 500, wollen sich 15 Uhr ebenfalls in Bewegung setzen und ganz eng an den "Fuchs-Demonstranten" bleiben, ist zu hören. Während Jebsen spricht, wird dort "Nazis raus" gerufen. "Querdenken" sei nichts anderes als Antisemitismus in Deutschland, sagt ein Redner.
13.50 Uhr: Demonstranten provozieren sich immer wieder
Antonia ist 23 Jahre alt und kommt aus Würzburg. Sie hat sich der Demonstration gegen rechte Hetze und für Vielfalt und Toleranz angeschlossen. "Ich will ein Zeichen setzen, dass wir nicht offen sind für rechte Parolen und braune Scheiße", sagt sie.
"Wir sind hier, um ein starkes Signal gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen", sagt Dirk Ebert vom DGB. Man dürfe nicht zulassen, dass Rechtsextreme die Freiheit aller einschränkten und eine Gesellschaft förderten, in der Hass und Intoleranz regierten.
Immer wieder kommt es zu Provokationen: An das Absperrgitter, an dem die Demonstranten stehen, tritt ein Impfgegner. Er diskutiert mit einer jungen Gegendemonstrantin. Ein anderer Mann läuft demonstrativ mit einem Schild an den Menschen vorbei. "Töten für westliche Werte? Nein! Nicht unser Krieg!", ist darauf zu lesen. Eine Frau schwenkt wiederum die Russland-Flagge den Gegendemonstranten entgegen. Auch Marcus Fuchs stichelt: "Ich heiße auch den Kindergarten da hinten willkommen. Wir freuen uns, dass ihr Ausgang bekommen habt."
13.30 Uhr: Gegenprotest beginnt eher als Fuchs-Demo
Die Versammlungsbehörde hat dem Protest gegen die Fuchs-Demo in Hör- und Sichtweite offensichtlich zugestimmt. Auf dem Theaterplatz, Zwinger-Seite, befinden sich Schätzungen unseres Reporters zufolge etwa 150 bis 200 Teilnehmer, darunter viele junge Leute. "Wir wollen hier heute ein Zeichen setzen gegen Querdenken, für eine offene, soliderische, demokratische Gesellschaft." Unterstützt wird der Protest etwa von Fridays for Future, den Jusos, dem DGB, Omas gegen Rechts und der Antifa.
Die Fuchs-Demo auf der anderen Seite des Theaterplatzes soll gegen 14 Uhr beginnen. Ihr wollen sich auch Anhänger der rechtsextremen Kleinstpartei "Freie Sachsen" anschließen.
13.19 Uhr: Ist Marcus Fuchs noch Teil der Dresdner "Querdenken"-Gruppe?
Als Marcus Fuchs, Initiator der Dresdner "Querdenken"-Bewegung, am Samstagmittag auf dem Theaterplatz eintrifft, trägt er zunächst ein "Querdenken"-Sweatshirt unter der Jacke. Kurze Zeit später tauscht er es gegen ein blaues mit der Aufschrift "Team Fuchs". Haben sich die Wege von ihm und der Gruppe getrennt, die in der Corona-Zeit mit der Kritik an den politischen Maßnahmen bekannt wurde? Möglicherweise wird sich Fuchs dazu äußern, wenn die Demo gegen 14 Uhr beginnt.
Zumindest scheint es innerhalb der Dresdner "Querdenker"-Gruppe Streit zu geben. So hat sich auf Telegram eine neue Dresdner Protestgruppe gegründet. "Querdenken 351 - Jetzt erst Recht", nennt sich diese. Darin heißt es, dass sich 12 der 13 Mitglieder des Dresdner "Querdenken"-Orgateams von Marcus Fuchs getrennt hätten.
Es habe in der letzten Zeit "kleinere und größere Diskrepanzen" gegeben, schreibt die Gruppe. Marcus Fuchs habe sich von den Zielen der Dresdner "Querdenker" entfernt. Er habe Meinungen vertreten, die nicht der des restlichen Organisationsteams entsprächen. Zudem habe Fuchs auf Telegram Meinungsbeiträge gelöscht, die nicht seinen Ansichten entsprächen, heißt es in dem Schreiben.
Weil Fuchs die Social Media-Kanäle der Dresdner "Querdenker" betreibe, sei die Gründung des neuen Telegram-Kanals nötig gewesen. Der alte Dresdner Telegramkanal beinhalte nun ausschließlich Fuchs' Positionen.
13 Uhr: Polizei bereitet sich auf tausende Demonstranten auf dem Theaterplatz vor
Überall auf dem Theaterplatz sind Absperrzäune aufgebaut worden. Angemeldet ist dort eine Demonstration mit etwa 3.000 Menschen rund um den Dresdner "Querdenken"-Initiator Marcus Fuchs, Anhänger der rechtsextremen Kleinstpartei "Freie Sachsen" wollen später dazustoßen.
Parallel gibt es einen Aufruf des Bündnisses "Herz statt Hetze", ebenfalls am Nachmittag auf den Theaterplatz zu kommen und für "Demokratie, Solidarität, Vielfalt, Toleranz und Pluralität" zu demonstrieren. Die Stadt habe "den roten Teppich für rechte und rechtsoffene Strukturen ausgerollt", heißt es in dem Aufruf, der darauf anspielt, dass die Demonstrationen von der Versammlungsbehörde nicht untersagt wurden. Laut Stadtverwaltung werden bei den Gegendemos rund 1.000 Menschen erwartet.
12.52: Reichsbürger-Demo zieht durch die Innenstadt
Kurz vor 12 Uhr hatten sich schätzungsweise etwa 400 Anhänger der Reichsbürger-Szene vor dem Kulturpalast versammelt. Sie trugen Reichs- und Kaiserreichsflaggen und die Reichsbürger-Flagge "Königreich Sachsen". Reichsbürger lehnen die Existenz bzw. Legitimität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren Rechtsordnung ab, sie werden vom Verfassungsschutz beobachtet.
Die Teilnehmer, inzwischen um die 600, sind kurz nach zwölf Uhr zu einem Demozug durch die Innenstadt aufgebrochen. Es staute sich unter anderem am Pirnaischen Platz, später auch auf dem Terrassenufer, wo Antifa-Anhänger einen Gegenprotest starteten. Die Polizei positionierte sich dazwischen. Auf dem Neumarkt wird das "Königreich Sachsen im Deutschen Reich" begrüßt. Auf Schildern ist zu lesen: "Verbrecher regieren uns."
So haben wir bisher berichtet: Verkehrsbehinderungen bis zum Abend erwartet
Wegen der Demonstrationen sollten Autofahrer, Radfahrer und Fahrgäste des Nahverkehrs mehr Zeit einplanen. Wie die Stadt mitteilte, müssten sich Auto- und Radfahrer ab den frühen Mittagstunden bis zum Abend auf zeitweise Sperrungen, Einschränkungen und Wartezeiten in der Altstadt einschließlich Augustusbrücke, Carolabrücke und Terrassenufer einstellen. Vor allem der Theaterplatz und umliegende innerstädtische Plätze sind betroffen. "Aufzüge können auch zu Behinderungen und Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr führen", teilt die Stadt mit. Verkehrsteilnehmer sollten die Innenstadt weiträumig umfahren.
Wegen eines Demozuges des Studierendenrats der TU von der Südvorstadt bis in die Innere Altstadt kann es auch hier zu Verkehrsbehinderungen kommen. (SZ/the, ftk, dob, hbe, sr)