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Vier Arme, kein Zittern: Am Klinikum Dresden assistiert bald ein Roboter

Am Städtischen Klinikum Dresden wird ab Ende Februar mit der modernsten Generation robotergestützter Operationstechnik gearbeitet. Wer davon profitiert.

Von Dirk Hein
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Vier Arme, kein Zittern: Ab Ende Februar hilft das "Da-Vinci-Operationssystem" im Städtischen Klinikum Dresden.
Vier Arme, kein Zittern: Ab Ende Februar hilft das "Da-Vinci-Operationssystem" im Städtischen Klinikum Dresden. © dpa

Dresden. "Es ist ein Quantensprung für unsere Patientinnen und Patienten", sagt Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke). "Das Städtische Klinikum macht einen großen Schritt in Richtung einer zukunftsfesten Versorgung." Tatsächlich hat die Stadt mehr als eine Million Euro investiert, damit am Klinikum Dresden ab 28. Februar Roboter "da Vinci" bei hochkomplexen und meist risikobehafteten Operationen hilft.

Was kann der neue "Da-Vinci"-Roboter?

Der neue Roboter hat vier Arme, einer davon ist eine hochauflösende Kamera in "Full HD". Die Roboter-Arme können alle Instrumente führen, die auch im Normalfall zum Einsatz kommen. Der Vorteil der Roboter-Hände: Sie weisen eine höhere Beweglichkeit auf, als es die menschliche Anatomie jemals hergibt. Der Roboter handelt dabei nicht selbst, er assistiert einem erfahrenen Operateur, überträgt dessen Finger- und Handbewegungen besonders präzise und ohne jegliches Zittern.

Per Glasfaserkabel mit dem Roboter verbunden, sitzt der Arzt wenige Meter entfernt. An einer Konsole sieht er das Operationsfeld bis zu zehnfach vergrößert, feinste Strukturen wie Nerven und Gefäße werden sichtbar. Besonders bei langen Operationen wichtig: Der Arzt sitzt ergonomisch perfekt am Computer und kann so auch lange operieren. Kommt es zu Komplikationen, steht ein zweiter Arzt bereit, binnen Sekunden ist "da Vinci" zur Seite geschoben und es kann herkömmlich operiert werden.

Wie hat sich das Klinikum vorbereitet?

Ab 28. Februar kommt der neue Roboterassistent im Haus C im Klinikum Friedrichstadt zum Einsatz. Die erste Patientin wird eine Frau sein, deren Gebärmutter entfernt werden muss. Am Anfang werden zwei Eingriffe täglich vorgenommen, später will sich das Klinikum um den Medizinischen Direktor Professor Sebastian Schellong auf drei bis vier Operationen pro Tag steigern. Am Anfang wird vor allem gutartiges Gewerbe entfernt, später wird es vor allem um komplexe Tumore gehen.

"Seit Dezember bereiten wir uns auf die erste Operation vor", sagt Professor Sören Torge Mees, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Am Anfang stand dabei eine theoretische Prüfung. Danach wurde am Computer geübt. Dort kann vom Nähen einer Naht bis zur Dickdarm-OP die komplette Bandbreite von "da Vinci" simuliert werden. Im Anschluss wurde an Gewebe und an Tieren geübt, bevor zuerst bei Operationen assistiert und diese dann selber mithilfe des Roboters durchgeführt wurden.

Welche Patienten werden profitieren?

Insbesondere in der Tumormedizin ist es wichtig, den Tumor sicher zu entfernen und so viel gesundes Gewebe wie möglich zu erhalten. Kleinste Schnitte führen zu geringerem Blutverlust. Dr. Markus Grebe, Chefarzt der Gynäkologie: "Bei komplizierten Eingriffen wie beispielsweise Lymphknotenentfernungen hinter dem Bauchfell erweist sich der OP-Roboter als besonders hilfreich. Diese gehen schneller und besser." Patienten liegen so 30 bis 50 Prozent weniger lange in Narkose.

Professor Sören Torge Mees steuert den Roboter aus wenigen Metern Entfernung.
Professor Sören Torge Mees steuert den Roboter aus wenigen Metern Entfernung. © Marion Doering
Der hochmoderne Roboter unterstützt Operateure bei gynäkologischen, urologischen und allgemeinchirurgischen Eingriffen. Gesteuert wird der Roboter per Hand.
Der hochmoderne Roboter unterstützt Operateure bei gynäkologischen, urologischen und allgemeinchirurgischen Eingriffen. Gesteuert wird der Roboter per Hand. © dpa
"Minimalinvasiv" werden die Roboterarme im Bauch platziert und können exakt arbeiten.
"Minimalinvasiv" werden die Roboterarme im Bauch platziert und können exakt arbeiten. © Marion Doering

Zum Einsatz kommt der neue Roboter in der Allgemeinchirurgie zum Beispiel bei Tumoren in Magen und der Leber, in der Gynäkologe und in der Urologie. "Nach einer Anfangsphase wollen wir große Tumor-Operationen durchführen, beispielsweise große Tumore im Becken operieren, bei denen wir bisher Mühe mit der Sicht hatten", sagt Professor Mees. Die Technik wird zudem immer dann eingesetzt, wenn es auf Millimeter ankommt. So muss teilweise für Operationen an der Speiseröhre die Lunge zur Seite geschoben werden, zudem muss nahe an der Bauchschlagader operiert werden. Bei alldem hilft der Roboter.

Professor Mees: "Wir haben dazu das am besten etablierte und modernste System gekauft. Das System, mit dem die meisten Patienten schon operiert wurden und das auch dadurch die höchste Sicherheit bietet."

Die Entscheidung, wer mit dem neuen Roboterassistenten operiert wird, treffen am Ende immer Arzt und Patient. Einige Krankheitsbilder eignen sich demnach auch weiterhin eher für klassische Operationen.

Wie arbeiten andere Kliniken?

Deutschlandweit gibt es etwa 3.000 Kliniken, aber nur 300 Robotersysteme. Einige Kliniken besitzen davon mehrere Anlagen. In Dresden kommen zwei "Da-Vinci"-Roboter bereits im Uniklinikum zum Einsatz. Professor Schellong: "Wir positionieren uns damit ganz klar als Spitzenzentrum."

Die Roboter wurden übrigens am Anfang vom US-Militär und der Nasa entwickelt. Das Ziel war, Soldaten oder Astronauten aus großer Entfernung zu operieren. Die Übertragungszeiten sind dafür aber nie gut genug gewesen. Mittlerweile ist auch der Einsatz von Experten, die zum Beispiel aus einer europäischen Großstadt aus operieren nicht mehr vorgesehen. Operiert wird mithilfe der Anlagen, der Arzt sitzt dafür aber im gleichen oder einem benachbarten Zimmer.