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Historische Wettiner-Hochzeit in Dresden - „Mit all der feierlichen Pracht“

An diesem Wochenende heiratet eine Wettiner-Prinzessin ihren französischen Grafen in der ehemaligen Hofkirche. Das erste Mal gab es dort eine solche Hochzeit in Dresden Anfang Oktober 1886.

Von Ralf Hübner
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Erste Dresdner Hochzeit dieser Art: Verlobte  Maria Josepha von Sachsen, Schwester des späteren letzten Sachsenkönigs Friedrich August III., und  Erzherzog Otto von Österreich aus dem Haus Habsburg.
Erste Dresdner Hochzeit dieser Art: Verlobte Maria Josepha von Sachsen, Schwester des späteren letzten Sachsenkönigs Friedrich August III., und Erzherzog Otto von Österreich aus dem Haus Habsburg. © Wikimedia/RoyalCollection/Hanns

Berichte von Hochzeiten der ehemaligen Herrschergeschlechter stehen gewöhnlich hoch im Kurs und werden oft im Fernsehen übertragen. Eine Märchenhochzeit mit einer Prinzessin des vormaligen Herrscherhauses Dresden hat die Landeshauptstadt bislang erst einmal gesehen: Es ist 137 Jahren her, als das letzte Mal anlässlich der Hochzeit einer Prinzessin aus dem Haus der Wettiner in der Hofkirche die Glocken läuteten. Damals gaben sich am 2. Oktober 1886 vor dem Altar der Hofkirche die 19-jährige Maria Josepha von Sachsen, die Schwester des späteren letzten Sachsenkönigs Friedrich August III., und der 21-jährigen Erzherzog Otto von Österreich aus dem Haus Habsburg das Ja-Wort. Sie waren die Eltern von Karl I., dem letzten Kaiser von Österreich-Ungarn.

Die Hochzeit damals konnte sich mit jetzigem royalem Pomp durchaus messen. Die Vermählung der Prinzessin Maria Josepha habe stattgefunden "mit all der feierlichen Pracht, die am Königshause der Wettiner bei solch festlichen Anlässen herkömmlich und die einer Verbindung mit dem Erzhause von Österreich würdig ist, sowie mit all dem majestätischen Prunk, den bei so hoher Amtierung die katholische Kirche zu entfalten weiß", berichteten die damals Dresdner Nachrichten. Es hätten weder die Tränen der Braut und der weiblichen Verwandten, noch die tiefe Ergriffenheit der nächsten Angehörigen und die drängende Teilnahme und Neugier des Volkes gefehlt.

Im Oktober 1886 gaben sich die 19-jährige Maria Josepha von Sachsen, die Schwester des späteren letzten Sachsenkönigs Friedrich August III., und der 21-jährigen Erzherzog Otto von Österreich das Ja-Wort in der Hofkirche.
Im Oktober 1886 gaben sich die 19-jährige Maria Josepha von Sachsen, die Schwester des späteren letzten Sachsenkönigs Friedrich August III., und der 21-jährigen Erzherzog Otto von Österreich das Ja-Wort in der Hofkirche. © Sammlung H. Naumann

Wettiner, Gardereiter und jubelnde Menschen

Die Trauung sollte um zwölf Uhr über die Bühne gehen. Doch schon von zehn Uhr am Vormittag an hätten die Menschen an der Bürgerwiese, dem Georgenplatz, der Gewandhausstraße, Moritzstraße Neumarkt und Augustusstraße dicht Spalier gestanden, berichtete das Blatt. Der Weg des Paares führte vom damaligen Prinzenpalais in der Langestraße, der jetzigen Zinzendorfstraße, zum Schloss. Das Palais gibt es nicht mehr. Es ging während des Krieges in Flammen auf und wurde später abgerissen.

Punkt Viertel vor zwölf starteten die vier Equipagen. Gardereiter ritten voraus und kündigten den Zug an. Die vornehmen Kutschen wurden von blau uniformierten Reitern eskortiert. Dem Wagen des Hofmarschalls folgte der Hochzeitswagen mit der Braut an der Seite ihres Vaters, die der jubelnden Menge huldvoll zuwinkten. In den weiteren Wagen folgten weitere Mitglieder der Königsfamilie und des Hofstaates.

Schon gegen halb elf Uhr hatte die Artillerie sechs Geschütze am Elbufer aufgefahren, ein Infanteriebataillon hatte auf dem Schlossplatz Aufstellung genommen. Auf der Elbe gab es eine Dampfschiffparade mit drei Schiffen in vollem Flaggenschmuck. Gardereiter zu Fuß hatten in der Hofkirche im Mittelschiff bis zum Hochaltar ein Spalier gebildet. Im Hauptschiff hatten mit Zutrittskarten rechts die Herren, links die Damen Platz genommen. Das Diplomatische Korps, Vertreter des Rats und der Stadtverordnetenversammlung sowie weitere Ehrengäste waren auf den Emporen platziert worden.

Nachdem die Equipagen das Schloss erreicht hatten, war in den Gemächern der Königin Carola im engsten familiären Kreis die Zeremonie "Kranzaufsetzung" vor sich gegangen. Wenige Minuten nach zwölf Uhr dröhnte dann ein mächtiger Paukenwirbel durch die hohen Räume des Gotteshauses. Die Pauken wurden von schmetternde Trompetenfanfaren abgelöst – der fürstliche Trauungszug war aus dem Schloss über den Verbindungsgang in der Hofkirche angekommen. Die Gardereiter salutierten. Orchestermusik erklang. Zwei Pagenmeister in gelben Galauniformen schritten dem Zug voran, gefolgt von zwölf Knaben, dem Hofzeremonienmeister, Kammerherrn und Flügeladjutanten, Staatsbeamten, dem evangelische Oberhofprediger Ernst Kohlschütter, den Hofbeamten "zweiter Ordnung", wie es hieß. Die Damen der Königin trugen Roben und Schleppen aus schweren Stoffen und durchwirkte Seide.

Vor allem Silberblumen und andere Silbermuster seien beliebt gewesen, berichtete der Reporter der Zeitung. Eine große Zahl der Ehrendamen hätten sich auch mit silberdurchwirkten Schleiern gezeigt. "Die Pracht der Brillanten war ganz außergewöhnlich, bevorzugt waren auch Perlen." Dann folgten Minister und Generäle – die Herren der ersten Hofordnung – Bischof Franz Bernert angetan mit Mitra, golddurchwirkter Stola, den silbernem Hirtenstab in der Hand.

Trauungszeremonie in der Hofkirche

Der Bräutigam, der "schlanke Erzherzog Otto", sei von dessen Vater, Erzherzog Karl Ludwig, und Sachsens König Albert in der Uniform eines Reichsmarschalls begleitet worden. Die Erzherzöge waren in die Uniformen von Ulanen gekleidet. Nach weiteren Mitgliedern des Hofstaates folgten der Brautvater, Prinz Georg, und die Braut Maria Josepha. "Aller Augen hafteten auf dieser edlen Gestalt", berichtete der Reporter. "Sie zeigte eine wahrhaft fürstliche Haltung, ohne darum den mädchenhaft holden Zug, der ihr so eigen, verleugnen zu wollen." Sie habe ein Brautkleid aus schwerstem weißen Brokat getragen, mit Silber reich gestickt und mit einer mächtigen Schleppe. Kranz und Brautschleier seien am blonden Haar mit Diamantensternen befestigt worden.

Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Brautpaar und die Fürstlichkeiten schritten die Stufen des Hochaltars hinauf. Die anderen blieben zurück. Schwere Silberleuchter schmückten den Hochaltar. Es begann die Trauungszeremonie. "Der hochwürdige Bischof Bernert vollzog sie mit ebenso großer Würde als Herzlichkeit", berichtete der Reporter. Schließlich hatte sich das Paar das Ja-Wort gegeben, es wurde gesegnet, die Ringe wurden gewechselt. Orgelspiel setzte ein. Dann spielte das Orchester das Te Deum, Glocken läuteten.

Die Batterien an der Elbe feuerten zwölf Schuss Ehrensalut, denen drei Gewehrsalven der Infanteristen auf dem Schloßplatz folgten. Wieder feuerte die Artillerie zwölf Ehrensalute gefolgt von drei Gewehrsalven. Nachdem das Glockengeläut verklungen war, feuerte die Salutbatterie noch 101 Kanonenschüsse.

Nach der Trauung trat der Hochzeitszug streng geordnet den Rückweg an. Auf einem Schlossbalkon zeigte sich das Brautpaar der Volksmenge. "Sie wurden mit sich ständig erneuernden enthusiastischen Kundgebungen begrüßt", berichtete der Reporter. Dem schloss sich die Gratulationscour an. Gegen vier Uhr gingen die Feierlichkeiten mit der Königlichen Tafel im Residenzschloss weiter.

Die Hochzeit war eigentlich nicht geplant gewesen. Der junge Erzherzog Otto galt als Liebling der Damenwelt. Er wird als gebildet und ungemein charmanter Plauderer beschrieben, als künstlerisch interessiert. Er war ein begabter Karikaturist und Maler. Sein älterer Bruder Franz Ferdinand, der spätere Thronfolger, wurde vom kaiserlichen Hof nach Dresden entsandt, um sich mit Maria Jospha anzufreunden. Wettiner und Habsburger hatten eigentlich sie als Paar ausersehen.

Die beiden Adelshäuser waren seit Jahrhunderten freundschaftlich verbunden – schon August der Starke hatte seinen Sohn mit einer Kaisertochter verheiratet. Otto war bei der Reise an den Dresdner Hof eigentlich nur Begleiter. Dort angekommen zeigte Franz Ferdinand für Maria Josepha allerdings nicht das geringste Interesse. Wohl um einen Eklat zu vermeiden, soll deshalb Otto eingesprungen sein und um ihre Hand angehalten haben. Aus der Ehe gingen dennoch die Söhne Karl und Maximilian Eugen hervor.Dem Paar war aber kein langes Glück beschieden, was vor allem an den sehr verschiedenen Charakteren und Lebenseinstellungen gelegen haben mag. Während der lebenslustige Otto einen recht freizügigen, offenen Umgang mit Künstlern und anderen Menschen pflegte und auch Schauspielerinnen und Tänzerinnen sehr zugeneigt war, soll Maria Josepha eher ein verschlossener Typ gewesen sein, streng katholisch. Otto soll sie später als „meine Nonne“ verspottet haben. Das Paar lebte sich rasch auseinander. Um 1900 infizierte sich der leichtlebige Otto mit Syphilis, an der er 1906 starb.

Als Sohn Karl 1916 Kaiser wurde, erhielt Maria Josepha wohl jene Anerkennung, die sie lange vermisst hatte. Während des Ersten Weltkriegen richtete sie im Augarten-Palais ein Lazarett ein, wo sie selbst bei der Pflege verwundeter Soldaten Hand anlegte. Nach der Abdankung Karls 1919 verließ sie Österreich und lebte zunächst in der Schweiz und dann in Bayern, in Geiselgasteig bei München. Maria Josepha starb 1944 auf Schloss Wildenwart im Chiemgau. Sie wurde in der Wiener Kaisergruft beigesetzt.