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Wie Superhirn Boris Konrad sich 280 Wörter in 15 Minuten merkt

Der Gedächtnistrainer und Hirnforscher Boris Konrad merkte sich mehr als 50 Spielkarten in 30 Sekunden und stellte Weltrekorde auf. Im Interview mit Sächsische.de erklärt er, wie er das anstellt.

Von Nadja Laske
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Für Schule und Beruf hat ihm das Gedächtnistraining viel genützt. Tanzen und Musizieren lernt Boris Nikolai Konrad damit nicht. Jüngst hielt der 39-Jährige an der TU Dresden einen Vortrag.
Für Schule und Beruf hat ihm das Gedächtnistraining viel genützt. Tanzen und Musizieren lernt Boris Nikolai Konrad damit nicht. Jüngst hielt der 39-Jährige an der TU Dresden einen Vortrag. © privat

Dresden. Gerade war er zu Gast in Dresden, als Referent der "14th International Fluid Power Conference" an der Technischen Universität. Dort sprach Boris Nikolai Konrad vor Teilnehmern der Tagung zum Thema nachhaltige und umweltfreundliche Technologien in der Antriebs-, Steuerung- und Regelungstechnik. Klingt trocken, ist es aber nicht. Schon gar nicht, wenn der Gedächtnistrainer und Hirnforscher seine Taktiken für weite Teile des alltäglichen und fachspezifischen Wissens öffnet.

Herr Konrad, wie wird man ein Superhirn - oder besser: Wie bekommt man eins?

Etwa ein Jahr vor meinem Abitur bin ich über eine Fernsehsendung auf das Thema Gedächtnistraining gestoßen, war begeistert und dachte, das könne mir auch bei den Prüfungen helfen. So fing ich an, mir bestimmte Methoden anzueignen und sie zu üben.

Mussten Sie bis dahin um Ihren Schulabschluss bangen?

Das nicht, aber ich war kein besonders guter Schüler. Vor allem mit Fremdsprachen hatte ich Schwierigkeiten. Die Naturwissenschaften lagen mir schon mehr.

Wie haben Sie ihr Abitur abgeschlossen?

Mit 1,7. Zuvor stand ich auf 2,9.

Welchen Ausbildungsweg hat Ihnen das eröffnet?

Ich habe Physik und angewandte Informatik mit Mathe und BWL im Nebenfach an der TU Dortmund studiert, mit 1,1 angeschlossen und später in der Hirnforschung promoviert, zu neuronalen Grundlagen außergewöhnlicher Gedächtnisleistungen. Inzwischen bin ich Universitätsdozent in den Niederlanden.

Sie haben Weltrekorde aufgestellt, unter anderen damit, sich 201 Namen und Gesichter sowie 280 Wörter in jeweils 15 Minuten zu merken. Wie nachhaltig ist eine solche Leistung?

Wenn ich mir beispielsweise 52 Spielkarten in 30 Sekunden einpräge, dann kann ich das nach drei Tagen immer noch. Nach drei Monaten aber nicht mehr. Dafür müsste ich kontinuierlich wiederholen.

Wie bringen Sie überhaupt so viele Bilder oder Begriffe in Ihren Kopf?

Eine Methode heißt Gedächtnispalast. Dabei stelle ich mir meine Wohnung vor und an all ihren Orten denke ich mir irgendetwas zumeist lustiges: Zum Beispiel sitzt ein Schneemann auf dem Bett oder ein Löwe auf dem Schreibtisch.

Mit diesen Bildern verknüpfe ich wiederum Dinge, die ich mir merken will. Der gedankliche Gang durch die Räume verläuft immer gleich. Will ich mir die Abfolge von Spielkarten auf einem Stapel einprägen, ordne ich jede einzelne einem solchen Merkpunkt zu.

Konnten Sie auf diese Weise auch ihre mangelnden Fremdsprachenkenntnisse verbessern?

Naja, immerhin spreche ich inzwischen fließend Englisch und Niederländisch und halbwegs Spanisch und Chinesisch.

In welchen Bereichen nützt ihnen dieses Herangehen nichts?

Tanzschritte kann ich mir auf diese Weise nicht merken und ein Musikinstrument zu spielen, lerne ich so auch nicht. Dafür sind die Methoden nicht geeignet.

Kann man das Gehirn trainieren wie einen Muskel, sodass es immer stärker und aufnahmefähiger wird?

Das funktioniert so nicht. Aber natürlich ist ein Gehirn, das kontinuierlich gefordert wird, leistungsfähiger als eins, das weniger Aufgaben zu bewältigen hat.

Wird das alles nicht unnötig, wenn die künstliche Intelligenz um sich greift?

Meine Botschaft in Sachen KI: Sie ist in der Lage, uns etwa 50 Prozent einer zu bewältigenden Aufgabe abzunehmen und sozusagen eine Basis zu schaffen. Das bietet den Menschen die Möglichkeit, mehr Zeit und Kraft in Optimierungen ihrer Produkte, welcher Art auch immer, zu stecken. Auf jeden Fall kann das zu einem Qualitätsschub führen. KI hilft uns, nicht mehr und nicht weniger.