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Wie zwei Dresdner Bäche ans Licht geholt werden

Jahrzehntelang floss das Wasser auf den Feldern zwischen Bühlau und Weißig unterirdisch. Jetzt plätschert der Bach, was auch dem Hochwasserschutz dient.

Von Kay Haufe
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Noch sieht es ein bisschen wie eine Mondlandschaft aus, doch schon bald wird das neue Bachbett von den gerade gepflanzten Sträuchern mit Grün umrahmt.
Noch sieht es ein bisschen wie eine Mondlandschaft aus, doch schon bald wird das neue Bachbett von den gerade gepflanzten Sträuchern mit Grün umrahmt. © Sven Ellger

Dresden. Es plätschert und gurgelt, murmelt und gluckst - das Wasser im frisch ausgehobenen Bachbett des Quohrener Feldgraben fließt, mal gemächlich, mal flink, in Richtung Weißiger B6. Seit dem Sommer 2022 arbeiten Fachleute der Firma Grund- und Wasserbaugesellschaft (GWB) auf den Feldern zwischen dem Bühlauer Hornweg und der Weißiger Bahnhofsstraße. Ihr Ziel ist es, die jahrzehntelang in Rohren unter die Erde verbannten Bäche Wiesengraben-Ost und den Quohrener Feldgraben wieder ans Licht zu holen.

Beide entspringen südlich der Ortslage Weißig innerhalb intensiv genutzter Ackerflächen. Künftig sollen die oberirdisch fließenden Gewässer wieder natürlicher Lebensraum für Pflanzen und Tiere sein. Auch die Wasserqualität verbessert sich zusehends, wenn es nicht mehr in Rohre gezwängt ist.

Zäune schützen Sträucher vor hungrigen Rehen

Schon seit Jahren versucht das Dresdner Umweltamt, verrohrte Bäche wieder ans Tageslicht zu holen. Immerhin über 500 kleine und größere Bäche sowie Gräben mit einer Gesamtlänge von über 400 Kilometern fließen im Dresdner Stadtgebiet, einige davon sind aber noch in Rohren unter die Erde verbannt. Dieses Verfahren wurde bereits vor über 100 Jahren angewandt, um mehr Platz zum Bauen zu haben oder größere und damit besser zu bearbeitende Feldabschnitte zu bekommen.

Inzwischen weiß man, wie wichtig es ist, das Wasser wieder oberirdisch fließen zu lassen. Doch das ist nicht überall möglich, weiß Nils Baehring-Schimmer. Er leitet das Projekt auf den Feldern zwischen Weißig und Bühlau. "Dafür wird Platz benötigt, den wir anderen Nutzungen wegnehmen. Und die Eigentümer müssen ins Boot geholt werden."

Für die beiden Feld- und Wiesengräben hat es mithilfe eines Planfeststellungsverfahrens geklappt. Hier ist nicht nur das Bachbett anhand alter Luftbilder modelliert und mit Steinen, kleinen Inseln, Flachwasserbereichen und Wurzeln gestaltet worden, auch an den Böschungen wurden Hunderte Sträucher gepflanzt, die auch der Erosion auf dem abschüssigen Gelände entgegenwirken sollen. Gerade werden Zäune gesetzt. "Die schützen die jungen Pflanzen vor Rehen, die die Sträucher bald abfressen würden. Nach zwei, drei Jahren werden die Zäune aber wieder abgebaut", sagt der Mitarbeiter des Umweltamtes.

Große und stbile Überfahrten ermöglichen es den Landwirten, mit schwerem Gerät auf alle ihre Felder zu gelangen.
Große und stbile Überfahrten ermöglichen es den Landwirten, mit schwerem Gerät auf alle ihre Felder zu gelangen. © Sven Ellger

Durch die Offenlegung der Bäche wird aber nicht nur ihr ökologischer Zustand verbessert. Mit diesen Arbeiten wird auch das Weißiger Wohngebiet Wiesenstraße/Heinrich-Lange-Straße sowie das Weißiger Gewerbegebiet Bahnhofstraße vor einem hundertjährlichen Hochwasser geschützt. Beide waren 2002 nach Starkregen überflutet worden.

Eigentlich sollte das Bachprojekt bereits im Dezember des Vorjahres fertig werden. Doch der Bau hatte sich insbesondere durch den kalten und extrem feuchten Winter verzögert, weil zeitweise nicht gearbeitet werden konnte, sagt Baehring-Schimmer. Außerdem musste nach Rohren gesucht werden, die sich nicht dort befanden, wo sie vermutet wurden. Ein Rohr in der Nähe des Bühlauer Hornwegs kam erst in rund fünf Metern Tiefe zum Vorschein. Entsprechend tief mussten die Bauleute jetzt graben.

Wegestück wird wieder entfernt

Entstanden ist in dem Bereich ein großes "Loch", das ebenfalls mit Steinen und Weidenruten befestigt wurde. Das Rohr, was noch im Bachbett liegt, wird bald herausgenommen. Dann fließt das Bächlein dort auch wieder in einem neuen Bett. "Vermutlich bis Juni werden die Arbeiten noch andauern, die aktuell vor allem noch am Weißiger Wiesengrabne laufen, wo von der Straße eine Rampe angelegt wird, damit Fahrzeuge zur Pflege auf den benachbarten Weg fahren können.

Rund fünf Meter tief mussten die Bauarbeiter graben, ehe sie ein Rohr vom Quohrener Feldgraben gefunden haben. Nils Baehring-Schimmer vom Umweltamt zeigt das entstandene "Loch".
Rund fünf Meter tief mussten die Bauarbeiter graben, ehe sie ein Rohr vom Quohrener Feldgraben gefunden haben. Nils Baehring-Schimmer vom Umweltamt zeigt das entstandene "Loch". © Sven Ellger

Für die Landwirte sind bereits Überfahrtsmöglichkeiten über die Bachläufe gebaut worden, damit sie mit ihren schweren Maschinen auf die Felder gelangen.

Der geschotterte Pflegeweg neben dem Bachbett des Quohrener Feldgrabens wird bereits eifrig von Anwohnern und Wanderern nach Feierabend der Bauarbeiter und an den Wochenenden genutzt. Bisher verbindet er den Hornweg mit dem Weißiger Wiesenweg. Doch schon bald wird der südliche Bereich zum Hornweg wieder entfernt. Es bleibt also nur ein Stummel, auf dem man wieder zurücklaufen muss. "Wir haben die Genehmigung für den Eingriff nur bis dahin, wo der Feldgraben entspringt. Für die Zeit, in der wir gebaut haben und der Weg auch zum Hornweg führt, müssen wir den Landwirt auch entschädigen, weil er die Fläche nicht nutzen kann", sagt Baehring-Schimmer.

Die Bauarbeiter haben in den vergangenen Monaten tonnenweise Mutterboden erst abgetragen, gelagert und aufwendig wieder auf den Feldern verteilt, nachdem das Bachbett fertig war. Die zahlreichen Steine, die im Erdreich vorhanden waren, sind jetzt im Bachbett verbaut oder am Rand zu großen Feldsteinhaufen aufgeschichtet, in denen sich bald Insekten und Reptilien wohlfühlen. Die Dachse, die im Bau im Gehölzstreifen auf dem Feld leben, haben sich durch die Arbeiten nicht stören lassen.