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Nach langen Wartezeiten 2019: So will Dresden eine erneute Chaos-Wahl verhindern

Im Juni wählt Dresden Europaparlament, Stadtrat und Beiräte. 2019 bildeten sich lange Schlangen. Wie Dresden das jetzt verhindern will.

Von Dirk Hein
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2019 konnte nicht die komplette Kommunalwahl ausgezählt werden. Tausende Wahlzettel mussten per Koffer ins Rathaus gebracht werden. 2024 will Dresden besser vorbereitet sein.
2019 konnte nicht die komplette Kommunalwahl ausgezählt werden. Tausende Wahlzettel mussten per Koffer ins Rathaus gebracht werden. 2024 will Dresden besser vorbereitet sein. ©  Archiv/Sven Ellger

Dresden. 2024 wird ein Superwahljahr. Neben der Landtagswahl im Herbst liegt der Fokus vor allem auf dem 9. Juni. Dann sind in der Landeshauptstadt Kommunalwahlen angesetzt. An diesem Termin wird ein neuer Stadtrat gewählt. Am selben Tag bestimmen die Dresdnerinnen und Dresdner aber auch ihre Ortschaftsräte und Stadtbezirksbeiräte. Parallel dazu werden die Europawahlen durchgeführt. 2019 führt das teilweise zu Chaos.

Warum wird die Wahl für Dresden so stressig?

2019 wurden in Dresden zum ersten Mal neben dem Europaparlament und dem Stadtrat auch die neu entstandenen Stadtbezirksbeiräte gewählt. Erstmals gingen die Dresdnerinnen und Dresdner mit drei umfangreichen Stimmzetteln in die Wahlkabine und konnten sieben Stimmen verteilen.

Die Folge waren lange Wartezeiten am Wahlsonntag. Teilweise standen Menschen noch eine Stunde nach dem eigentlichen Schließen der Wahllokale an - und durften noch wählen, wenn sie schon 18 Uhr in der Schlange warteten.

In mehreren Fällen musste das Auszählen spät in der Wahlnacht abgebrochen werden. Am Dienstag nach der Wahl sammelten sich dann 160 Wahlhelfer hinter der Goldenen Pforte des Rathauses und haben dort weitergemacht, wo in der Wahlnacht aufgehört wurde. Von den 504 Gebieten mussten nochmals 25 durchgeschaut werden. Die Folge war eine emotionale Debatte.

Im Juni muss Dresden nun mit der gleichen Situation klarkommen. Obendrein können erstmals alle Wähler ab 16 Jahren bei der Europawahl ihre Stimme abgeben. "Es wird eine anstrengende Wahl", sagt Wirtschaftsbürgermeister Jan Pratzka (CDU). Dresden sei jetzt jedoch besser vorbereitet.

Wie will Dresden lange Schlangen vermeiden?

Zum einen bekommenen Wahlhelfer nun deutlich mehr Geld für ihren ehrenamtlichen Einsatz. "Egal wer hilft, niemand erhält weniger als 100 Euro für den Wahltag", sagt die Leiterin der Kommunalen Statistikstelle Lioba Buscher, die zudem stellvertretende Wahlleiterin sein wird. Wahlvorstände bei der Urnenwahl werden beispielsweise 140 Euro erhalten, Beisitzer 110 Euro.

Der Blick nach Berlin habe ergeben, das eine deutliche Steigerung der Entschädigung auch deutlich mehr Freiwillige anlockt. Stadtweit werden über 6.000 Helfer gebraucht, etwa 4.000 haben sich schon gemeldet. Die Stadt sucht daher dringend weitere Unterstützer. Am 5. März startet eine neue Werbekampagne.

Die Helfer werden unter anderem gebraucht, um jeden Wahlvorstand mit neun Menschen besetzen zu können. Das ist das zulässige Maximum. Weil erneut bis weit in die Nacht ausgezählt werden wird, will die Stadt durch doppelt besetzte Positionen längere Pausenzeiten ermöglichen.

Was ändert sich an den Wahlbezirken?

Sieben zu vergebende Stimmen und teils extrem lange Wahlscheine sorgen dafür, das jeder Einzelne deutlich länger in der Wahlkabine stehen wird. Dresden will unzumutbare Wartezeiten vermeiden, indem die jeweiligen Stimmzettel schon eine Zeitlang vor der Wahl im Internet einsehbar sein werden. So soll eine bessere Vorbereitung möglich sein. Auch vor Ort am Wahltag sollen die Stimmzettel deutlich sichtbar ausgehangen werden. Zudem werden mehr Urnen und mehr Wahlkabinen aufgestellt.

Um weiter Wartezeiten zu reduzieren, wurde auch die Zahl der Wahlbezirke nochmals erhöht. 2019 gab es 365 Urnenwahllokale und 139 Briefwahllokale. Am 9. Juni werden es 408 Urnenwahllokale und 215 Briefwahllokale sein. Ein Briefwahlbezirk wurde extra eingerichtet, damit die extrem spät am Wahltag im Rathaus abgegeben Briefwahlstimmen für die Europawahl gleich vor Ort ausgezählt werden können.

Ab wann ist am Wahltag in Dresden mit Ergebnissen zu rechnen?

"Wir werden in die frühen Morgenstunden des Montags hinein auszählen", sagt der Leiter des Dresdner Bürgeramtes und Wahlleiter Markus Blocher. Im Internet einsehbar sein werden die Ergebnisse, sobald erste Wahlbezirke ausgezählt sind. Für die Europawahl kann dies gegen 19 Uhr der Fall sein. Etwa um 20 Uhr soll diese Wahl größtenteils ausgezählt sein.

Im Anschluss daran wird die Stadtratswahl ausgezählt. Erste Ergebnisse sind gegen 22 Uhr zu erwarten. Die Stadt will am Wahltag damit mindestens fertig werden - und eigentlich auch noch die Beiräte und Ortschaftswahlen auszählen. Sollte das wie 2019 erneut nahezu unmöglich sein, hat die zuständige Landesdirektion erste Hinweise gegeben, das ein späteres Auszählen leichter möglich sein soll.

Warum profitieren kleine Parteien?

Mit der Änderung des Kommunalwahlgesetzes durch den Landtag im Februar 2022 wurde auch das sogenannte Sitzzuteilungsverfahren geändert. Kleine Parteien werden jetzt weniger deutlich benachteiligt als bisher. Wäre das neue Wahlverfahren schon 2019 angewendet wurden, hätten die Piraten zwei statt eines Sitzes im Rat erhalten, die Linke einen weniger.

Konkret auf die Partei und deren Wahlergebnis bezogen, wäre bisher der 77. Platz im Rat der zweite Piraten-Stadtrat gewesen, durch das neue Wahlrecht schon der 61. Sitz. Der Rat ist auf 70 Sitze limitiert.

Noch deutlicher sind diese Unterschiede im Stadtbezirksbeirat. In Pieschen hätten AfD und Linke einen Sitz verloren. Die "Partei" und die Piraten hätten zugelegt. "Wir Piraten begrüßen es sehr, dass für die kommende Kommunalwahl das neue Sitzzuteilungsverfahren gilt. Das Verfahren bildet das Wahlergebnis proportionaler ab und ist deshalb auch repräsentativer", sagt Anne Herpertz, Spitzenkandidatin für die Piratenpartei in Pieschen.

Wann kommt das nächste Superwahljahr?

Während 2024 schon viel gewählt wird, folgt 2029 ein echtes Superwahljahr. Dann stehen alle jetzt stattfindenden Wahlen erneut an. Zudem wird ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Klappt das nicht im ersten Wahlgang, muss ein zweiter Wahlgang folgen.