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OB Hilbert stoppt Bezahlkarte für Geflüchtete in Dresden

Der Beschluss, eine eigene Bezahlkarte in Dresden für Geflüchtete einzuführen, hat für Aufregung gesorgt - auch weil die CDU dem AfD-Vorschlag zustimmte. Jetzt widerspricht Dirk Hilbert dem Plan.

Von Andreas Weller
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OB Dirk Hilbert hat dem Beschluss zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete in Dresden widersprochen.
OB Dirk Hilbert hat dem Beschluss zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete in Dresden widersprochen. © Sven Ellger

Dresden. Am vergangenen Donnerstag passierte ein Tabubruch im Dresdner Stadtrat. Die CDU, die bundesweit und auf allen Ebenen die Maßgabe ausgegeben hatte, keinen Anträgen der rechtsextremen AfD zuzustimmen, stimmte im Dresdner Stadtrat mit der AfD für deren Antrag. Schließlich gab es eine Mehrheit für den AfD-Vorschlag, in Dresden eine eigene Bezahlkarte für Geflüchtete einzuführen.

Doch jetzt wackelt dieser Beschluss wieder. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hat innerhalb der Frist Widerspruch dagegen eingelegt.

Hilbert: "Der Beschluss ist nachteilig"

"Der gefasste Beschluss zum Antrag ist für die Landeshauptstadt Dresden nachteilig", begründet Hilbert seinen Widerspruch. Der OB muss Beschlüssen des Rats widersprechen, wenn er der Auffassung ist, dass diese rechtswidrig sind, und kann widersprechen, wenn er der Auffassung ist, dass sie für die Gemeinde nachteilig sind.

"Der Beschluss beeinträchtigt die wirtschaftlichen Interessen der Stadt durch finanzielle und personelle Mehraufwände in nicht unerheblicher Weise negativ", so Hilbert. Die Einführung würde mindestens 100.000 Euro und bis zu 460.000 Euro pro Jahr zusätzlich kosten. "Dies steht vor dem Hintergrund, dass das mit dem Antrag verfolgte Ziel - die Einführung einer Bezahlkarte - auf andere Art und Weise - namentlich dem Abwarten auf eine bundesweite Bezahlkartenlösung - besser erreicht werden kann."

Dazu komme, dass die Einreichungsfrist für das Vergabeverfahren zur Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte heute endet. "Eine kommunale Lösung würde von der bundesweiten Bezahlkarte verdrängt und wäre folglich nur bis zu deren Start, der aktuell für den Zeitraum September 2024 bis spätestens Januar 2025 geplant ist, einsetzbar", führt Hilbert weiter aus.

AfD nennt OB-Entscheidung "Willkür"

"Es ist bedenklich, wie der OB mit demokratisch gefassten Beschlüssen umgeht", so AfD-Fraktionschef Thomas Ladzinski. Die genannten Argumente von Hilbert seien vorher bekannt gewesen. "Insofern ist es reine Willkür."

Auch der Dresdner AfD-Chef und Landtagsabgeordnete André Wendt kritisiert Hilbert. "OB Hilbert setzt sich über einen Stadtratsbeschluss hinweg und zeigt damit deutlich, was er von demokratischen Abstimmungen hält. Er hat es offenbar nicht verkraftet, dass einem AfD-Antrag — bei einem solch wichtigen Thema — mit Mehrheit zugestimmt worden ist. Seine Widerspruchsbegründung ist nur vorgeschoben. Allem Anschein nach möchte OB Hilbert, dass weiter in unsere Sozialsysteme eingewandert wird. Als Landtagsabgeordneter der AfD habe ich absolut kein Verständnis für OB Hilberts Entscheidung."

Anders bewertet das SPD-Fraktionschefin Dana Frohwieser. "CDU und FDP haben unserer Stadt wieder mal einen Bärendienst erwiesen. Sie arbeiten mit Demokratiefeinden zusammen, bringen Dresden bundesweit in die negativen Schlagzeilen und decken Beschlüsse, denen der OB wegen Nachteiligkeit widersprechen muss. Es war eben kein sachlich richtiger Beschluss, wie die CDU-Spitze Glauben machen will. Er war zum Nachteil der Landeshauptstadt Dresden." Zudem sei es rechtswidrig, dass mit der "AfD-Bezahlkarte" maximale Einschränkungen drohen, Geflüchtete beispielsweise kein Spielzeug für ihre Kinder kaufen dürften. Der OB-Widerspruch sei "die einzig richtige Entscheidung".

Auch die Grünen begrüßen den Widerspruch. Fraktionschefin Agnes Scharnetzky kritisiert vor allem CDU und FDP scharf. "CDU und FDP sind einem Antrag gefolgt, der in der Debatte mit Remigrationsforderungen begründet wurde. Das entlarvt eine verheerende Haltung der betreffenden Fraktionen."

Der Verlauf der Situation schließe eine Zustimmung "aus der Abstimmungsdynamik heraus" aus. "Was uns besorgt ist das offensichtlich fehlende Verständnis bei der Dresdner CDU und FDP für die Gefahr, die von der AfD für die Demokratie und Stadtgesellschaft ausgeht. Dass die FDP es weder in Dresden noch auf Bundesebene für nötig hält, über dieses Abstimmungsverhalten ihres sächsischen Spitzenkandidaten Robert Malorny überhaupt zu sprechen lässt tief blicken. In der FDP scheint es völlig normal und akzeptiert, Anträgen einer rechtsextremen Parteien zuzustimmen und diese damit als 'normale' Partei im demokratischen Spektrum zu legitimieren."

Stadtrat muss erneut dazu abstimmen

Da nach einem Widerspruch der Stadtrat erneut über den widersprochenen Punkt abstimmen muss, setzt Hilbert diesen erneut auf die Tagesordnung, und zwar in der kommenden Sitzung am 18. April.

Innerhalb der CDU gab es scharfe Kritik daran, dass die Räte dem AfD-Antrag zugestimmt haben, sogar der Bundesvorsitzende Friedrich Merz hatte sich eingeschaltet und die Dresdner Parteifreunde gerügt. Im April könnten sie den Schritt korrigieren.

Ladzinski kündigt an, dass die AfD erneut für ihren Antrag stimmen werde. "Eine Nachteiligkeit ist für mich nicht zu erkennen, weil die Stadt zukünftig Geld spart - für Personal, das Bargeld ausgibt und Sicherheitspersonal."

Hilbert moniert, dass im Antrag auch nicht angegeben ist, woher das Geld genommen werden soll. Der Beschluss sei nicht "gedeckt",. Er kündigt bereits an: "Bei nochmaliger Beschlussfassung ohne Deckung wäre dann die Rechtswidrigkeit des Antrages zu prüfen."