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Katharina Thalbach bezirzt Thielemann

Die Semperoper plant für die Saison 2021/22 fünfzehn Neuproduktionen. Dafür holt sie Stars und lässt einen Altmeister ackern.

Von Bernd Klempnow
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Schauspielerin und Regisseurin Katharina Thalbach freut sich darauf, in der Semperoper Aida einmauern zu lassen.
Schauspielerin und Regisseurin Katharina Thalbach freut sich darauf, in der Semperoper Aida einmauern zu lassen. © dpa

Dresden. Diese Frau kann große Augen machen: Und mit denen dürfte sie Christian Thielemann bezirzen, wenn sie mit dem Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle im kommenden Februar an der Semperoper Dresden Verdis „Aida“ einstudiert. "Ich kenne Katharina schon gut 20 Jahre, und schon immer wollten wir was zusammen machen“, so Thielemann am Donnerstag in Dresden. „Da ich kein Theater spielen kann, musste es eben Oper sein. Ich freue mich riesig darauf, zumal ich noch nie ,Aida’ dirigiert habe.“

Die Freude ist beidseitig. „Als ich Frau Thalbach ,Aida’ angeboten habe“, so Semperoper-Intendant Peter Theiler, habe diese mit „so ein kompliziertes Stück, aber mit Christian Thielemann gerne“ reagiert. Gut anderthalb Jahrzehnte, nachdem die Schauspielerin in Dresden überaus fantasievoll „Hänsel und Gretel“ einstudiert hat, kommt sie endlich wieder. Die Bauproben der Kulissen hätten bereits stattgefunden. „Es wird gülden“, so Theiler. Traurig wird es auch, denn am Ende wird laut Libretto Aida eingemauert.

Der Hit von Verdi ist nur eine von 15 Neuproduktionen der Semperoper in der kommenden Saison 2021/22. „Die pandemiebedingte Spielpause führt dazu, dass wir ausgefallene, schon fertig geprobte Produktionen nun als zusätzliche Premieren herausbringen“, sagte Theiler bei der Präsentation der Saisonvorhaben. So gibt es quasi zusätzlich unter anderem die Opern „Don Carlo“ und „Madame Butterfly“ sowie die mitreißenden Ballettabende „A collection of short stories“ und „Peer Gynt“.

Peter Theiler. Intendant der Semperoper Dresden, plant nächste Spielzeit 15 Premieren.
Peter Theiler. Intendant der Semperoper Dresden, plant nächste Spielzeit 15 Premieren. © Ronald Bonß

Das Arbeitspensum sei enorm, so Theiler. Allein im Oktober kommen drei Premieren heraus. „Ich möchte mich bei allen Mitarbeitern des Hauses bedanken, die in der Pandemie unter schwierigen Bedingungen Hervorragendes geleistet haben.“ Kulturministerin Barbara Klepsch lobte per Grußwort: „Die Sächsische Staatsoper hat in den vergangenen Monaten ihre Türen für Publikum geöffnet, wann immer das Infektionsgeschehen es erlaubte. Dafür meinen Dank!“ Jetzt, so die Ministerin, werde es Zeit, „unsere leeren Kulturspeicher wieder aufzuladen“.

Dieses Ackern aller Sparten und Bereiche wird nicht nur bei den Neuproduktionen deutlich. Auch spannende Wiederaufnahmen von Stücken wie „Cavalleria“ und „Tote Stadt“ sind geplant, oft hochkarätig besetzt mit Stars wie Camilla Nylund, Angela Gheorghiu, Matthias Goerne, Erwin Schrott und Klaus Florian Vogt.

Auch Ballettdirektor Aaron S. Watkin legt neben den zwei Neuproduktionen seine Klassik-Adaptionen von „Dornröschen“ und „Schwanensee“ als überarbeitete, teils coronagerechte 90-Minuten-Fassung vor, die fast das gesamte Ensemble einbezieht. „Alle sollen auf die Bühne als Lohn für die langen, harten, probenintensiven Monate ohne Auftritte“, so Watkin. Es lohnt, das Spielzeitheft zu studieren. Auch wegen dessen Gestaltung mit Arbeiten des großartigen Fotokünstlers Thomas Ruff.

Ein Fachmann muss oder darf besonders oft ran – und das ist gut so. Denn nur wenige Regisseure beherrschen ihr Handwerk so wie Altmeister Peter Konwitschny. Der heute 76-Jährige, der in den 1990er-Jahren jährlich in Dresden inszeniert hatte und von Theiler vor zwei Jahren zurück für Dresden gewonnen werden konnte, bestreitet gleich drei Abende. Er eröffnet die Spielzeit mit Bellinis Belcanto-Meisterwerk „Norma“, das erstmals seit 1904 wieder in Dresden szenisch zu erleben ist. Im Januar folgt die Wiederaufnahme seines „Tannhäusers“ von 1997. Und mit Schostakowitschs Geniestreich „Die Nase“ – zuletzt 1986 von Joachim Herz am Haus einstudiert – beendet er im Juli die Spielzeit.

Christian Thielemann mochte sich am Donnerstag nicht zur seiner Nichtverlängerung durch das Land Sachsen äußern.
Christian Thielemann mochte sich am Donnerstag nicht zur seiner Nichtverlängerung durch das Land Sachsen äußern. © Robert Michael/dpa

Der Jahres-Höhepunkt freilich dürfte im zeitigen Frühjahr „Aida“ werden. Kapellmeister Thielemann, der sich „so gut gelaunt wie noch nie“ nicht zu seiner Nichtverlängerung ab 2024 äußern wollte, schwärmte von Verdis Instrumentationspalette. Nicht die opulenten, publikumswirksamen Massenszenen seien die Herausforderung, sondern „die feinen, kleinen, kammerartigen Szenen. Und das mit einer Besetzung, die ihresgleichen sucht.“

Der monatsweise Vorverkauf für die Saison 2021/22 startet Mitte Juli für den September. Karten für die Folgemonate gibt es jeweils in den Vormonaten. Bitte Infos der Website der Semperoper entnehmen.