Dresdner Geheimplan: DVB machen Druck auf Autofahrer

Dresden. Schneller fahren spart Geld. Wenn die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) Busse und Bahnen einsparen können, weil alle Linienbusse und Straßenbahnen dafür schneller durch die Stadt kommen, wirkt sich das deutlich auf die Kasse des Unternehmens aus. Fünf Busse und fünf Bahnen weniger im Jahr machen unterm Strich etwa fünf Millionen Euro aus, so die DVB-Rechnung. Wie das funktionieren soll, steht in einem Dokument, das Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn am nächsten Freitag vorstellen will.
4,3 Millionen Fahrgäste pro Jahr könnten die Verkehrsbetriebe gewinnen, wenn die sogenannte Reisegeschwindigkeit von Bussen und Bahnen erhöht wird. Das steht in einem Strategiepapier des Nahverkehrsunternehmens. Nötig sind demnach unter anderem Vorrang an Ampeln und freigehaltene Strecken, sodass Busse und Bahnen nicht im Alltagsstau stehen oder an Engstellen warten müssen.
Autofahrer sollen es schwerer haben
Die DVB bezeichnen das als "Push-Maßnahmen". Der englische Begriff steht für "drücken", es geht darum, den Druck zu erhöhen. In der Sprache der Verkehrsplaner sollen "negative Anreize" dazu führen, dass mehr Platz ist für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Und dass Busse und Bahnen an Ampeln zuerst fahren und auf ihren Strecken zügiger vorankommen. Solche negativen Anreize können "reduzierte Parkplätze, veränderte Ampelschaltungen oder erhöhte Parkgebühren" sein, heißt es in dem Papier. Das Ziel: Eine Veränderung des "Modal Split", also des Anteils der einzelnen Verkehrsarten am Gesamtverkehr, der sich zugunsten des ÖPNV entwickeln und letztlich dazu beitragen soll, die Klimaziele zu erreichen.
Konkrete Maßnahmen stehen nicht in dem mehr als 40 Seiten umfassenden Dokument der Verkehrsbetriebe. Die waren aber im Dezember im DVB-Aufsichtsrat ein Thema. In dem Strategiepapier heißt es dazu nur: "Leider ist nicht überall genügend Platz, um alle Verkehrsträger qualitativ ausreichend zu berücksichtigen." Auch Ampelsteuerungen allein könnten nicht alle Verkehrsprobleme lösen.
Als Beispiel dafür wird der Schillerplatz genannt. Er sei mit zwei Straßenbahnlinien, fünf Buslinien, zahlreichen Autos, Radfahrern und Fußgängern überlastet. Es müsse darüber nachgedacht werden, "wie Pkw-Fahrten verlagert und Bahnen und Busse mit separaten Spuren und intelligenten Verkehrssteuerungen verlässlicher werden können."
Straßenmarkierungen sollen Platz schaffen
Weitere Hemmstellen im Streckennetz haben die DVB in Mickten, auf der Stauffenbergalle und der Karcherallee ausgemacht. Für die Straßenbahnen attestieren sie in dem Strategiepapier eine "sehr schlechte Verkehrsqualität" unter anderem am Bahnhof Mitte, auf dem Pirnaischen Platz und dem Straßburger Platz.
Doch das ist längst noch nicht die ganze Liste, wie sie im Dezember dem 20-köpfigen Aufsichtsrat vorgelegt wurde. Dort stehen Maßnahmen, die sich nach "verkehrsrechtlichen Anordnungen" mit wenigen Pinselstrichen auf den Straßen umsetzen lassen, ohne dass zuvor im Stadtrat oder den Stadtbezirksbeiräten dazu abgestimmt werden muss. Dazu gehören unter anderem Markierungen in Altcotta, auf der Fetscherstraße, der Marienbrücke und der Tolkewitzer Straße, auf der Grundstraße samt dem Körnerplatz, der Striesener Straße, auf zwei Abschnitten des Bischofswegs, auf der Rothenburger Straße und der Maxim-Gorki-Straße.
Auf der Marienbrücke wünschen sich die DVB schon länger autofreie Schienen bis zur Haltestelle Kongresszentrum. Auf der Fetscherstraße könnte allen Linksabbiegern zwischen Blasewitzer Straße und Fetscherplatz künftig verboten werden, sich auf den Schienen einzuordnen. Auf der Grundstraße und dem Körnerplatz geht es um Busspuren, auf der Rothenburger Straße und der Maxim-Gorki-Straße bremsen die parkenden Autos die Straßenbahnen und Busse aus. "Umwidmung und Reduzierung der Flächen für Parkplätze" schlagen die DVB in ihrem Strategiepapier für Strecken vor, die so eng sind, dass Bahnen und Busse nicht schnell genug durchkommen.

Erfahrungen aus anderen Städten
Dass es Autofahrer damit in Dresden künftig schwerer haben, ist bewusst eingepreist. Solche Neuerungen "reduzieren Autofahrten in erheblichem Maße", stellen die DVB-Verantwortlichen fest. "Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass sich diese Fahrten nicht nur auf Bahnen und Busse, sondern fast zur Hälfte auch auf das Fahrrad oder den Fußverkehr verlagern." Das heißt, die DVB-Verantwortlichen sind überzeugt: Allein gute Worte und Überzeugungsarbeit reichen nicht, um mehr Menschen zum Umsteigen in Busse und Bahnen zu überzeugen. Erst, wenn auch passionierte Autofahrer merken, dass der ÖPNV Vorteile gegenüber dem eigenen Fahrzeug bietet, kann das in Größenordnungen gelingen. "Push-Maßnahmen" erzeugen den entsprechenden Druck.