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Eine Autospur weniger zum Schillerplatz - eine gute Entscheidung?

Auf der Tolkewitzer Straße in Dresden wird eine Fahrspur für Autos gesperrt - zugunsten des Straßenbahnverkehrs. Ist das eine gute Entscheidung? Ein Pro und Kontra.

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Vorm Schillerplatz soll eine Autospur zugunsten von Straßenbahnen wegfallen. Ob das gut ist? Ja, sagt Sächsische.de-Reporterin Nora Domschke (l.), nein, findet Reporterin Kay Haufe.
Vorm Schillerplatz soll eine Autospur zugunsten von Straßenbahnen wegfallen. Ob das gut ist? Ja, sagt Sächsische.de-Reporterin Nora Domschke (l.), nein, findet Reporterin Kay Haufe. © Christian Juppe

Dresden. Für Autofahrer fällt in dieser Woche eine Fahrspur auf der Tolkewitzer Straße in Richtung Schillerplatz weg. Damit steigt die Staugefahr vor der Kreuzung. Gleichzeitig werden die Straßenbahnen auf der frei werdenden Spur freie Fahrt haben und schneller vorankommen. Eine gute Entscheidung? Die beiden Sächsische.de-Reporterinnen Nora Domschke und Kay Haufe sind da geteilter Meinung.

Pro: Ein Grund, mehr Bahn zu fahren

Der Schillerplatz liegt auf meinem täglichen Arbeitsweg von Laubegast in die Innenstadt. Dafür nutze ich meistens mein Auto – obwohl ich mich auf der Tolkewitzer Straße fast immer in eine lange Warteschlange einreihen muss. Und zwar genau dort, wo die Autospur nun gestrichen wird.

Bald stehe ich mit all jenen, die von der Tolkewitzer Straße aus über das Blaue Wunder fahren wollen, gemeinsam in einer Schlange, was die Wartezeit noch einmal erheblich verlängern wird.

Andererseits muss ich zugeben: Nicht selten warten zwei, drei Straßenbahnen auf der Tolkewitzer Straße, weil sie vom Autostau ausgebremst werden. So sieht schneller ÖPNV eben auch nicht aus.

Deshalb finde ich es grundsätzlich gut, dass die Bahnen Richtung Schillerplatz bald ungehindert rollen. Dennoch sollte die Stadt diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, nun nicht im Regen – beziehungsweise im Stau – stehen lassen. Allein an Alternativen mangelt es dem Autofahrer, der aus dem Dresdner Osten in Richtung Innenstadt unterwegs ist.

Wie oft probiere ich die fast komplett neu ausgebaute Verbindung von Laubegast über die Wehlener, Schandauer und Borsbergstraße. Doch ich werde jedes Mal enttäuscht: An jeder Ampel muss ich anhalten – grüne Welle? Fehlanzeige.

Selbst mein Navi verweist mich zu jeder Tageszeit auf eine "schnellere" Route, entweder über den Schillerplatz, selbst in der Rushhour, oder über die Stübelallee und die Bodenbacher Straße. Wie kann das sein, dass ich auf der direkteren und erst kürzlich ausgebauten Route über die Schandauer Straße offenbar langsamer ans Ziel komme?

Also: Gern nutze ich künftig häufiger die Straßenbahn, wenn sie auf der Tolkewitzer Straße demnächst ungehindert zum Schillerplatz und weiter in die Innenstadt durchfahren kann. Aber: Auch für die Autofahrer sollte die Stadt eine Alternative schaffen, auf der Pkw-Verkehr ungehindert rollt.

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Kontra: Schillerplatz-Verkehr komplett verändern

Um es vorwegzunehmen: Ich bin überzeugter Bus- und Bahnfahrer, weil ich mit ihnen preisgünstig, ökologisch und in der Innenstadt sogar schneller vorankomme als mit dem Auto. Doch ich bin auch froh, mit meinem Auto schwere Dinge transportieren oder betagte Gäste abholen zu können. Beruflich würde ich einige Treffpunkte ohne Auto gar nicht erreichen. Fast täglich muss ich über den Schillerplatz und halte das, was die Stadt dort zur Entlastung des Bahnverkehrs plant, für sehr bedenklich statt förderlich.

Dieser Verkehrsknotenpunkt ist ein Nadelöhr, an dem ich sehr schätze, dass Busse und Bahnen bereits Vorrangschaltungen an den Ampeln nutzen. Autofahrer haben am Schillerplatz ohnehin nur wenige Möglichkeiten, diesen zu queren. Egal, ob man aus der Naumannstraße, der Tolkewitzer oder Kretschmerstraße in Richtung Laubegast, Innenstadt oder Blaues Wunder möchte: Diese Wege sind selbst zu verkehrsarmen Zeiten gut belegt. Jetzt eine weitere Sanktion einzubauen, zieht Kapriolen der Autofahrer nach sich, unter der auch die Bahnen wieder leiden, da bin ich ganz sicher.

Wenn eine Änderung am chronisch überlasteten Schillerplatz, dann bitte eine grundsätzliche. Zum Beispiel nur noch eine Spur für Autos in Richtung Blaues Wunder zulassen, die aber beschleunigen. Oder mutiger sein: Den Autoverkehr ganz runter und nur noch Busse und Bahnen fahren lassen. Dafür braucht man leistungsfähige Ersatzrouten. Dass die dann länger sind und möglicherweise sogar über eine Pirnaer Elbebrücke führen, müssen Autofahrer wissen. Ökologisch unsinnig, aber wer auf sein Auto nicht verzichten will, bitte.

Um die Klimaziele zu erreichen, müsste die Stadt auch in der Nähe von Körner- und Schillerplatz über Park-und-Ride-Plätze nachdenken, um den Verkehr von diesen Nadelöhren wegzuholen und funktionierende Umsteigemöglichkeiten zum ÖPNV zu schaffen. Der muss dann aber für alle attraktiv, bezahlbar und auch am Stadtrand praktikabel nutzbar sein.

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