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Brücken-Sperrung in Dresden? "Wir laufen auf ein riesiges Verkehrsproblem zu"

Es ist zwar eine vergleichsweise kleine Brücke, aber eine Sperrung würde den Verkehr in den und aus dem Dresdner Norden nahezu lahmlegen. Deshalb macht FDP-Fraktionschef Holger Zastrow nun mobil.

Von Andreas Weller
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Der Zustand der Brücke an der Königsbrücker Straße ist schlecht, stadtauswärts steht Autofahrern nur noch eine Spur zur Verfügung.
Der Zustand der Brücke an der Königsbrücker Straße ist schlecht, stadtauswärts steht Autofahrern nur noch eine Spur zur Verfügung. © Rene Meinig (Archiv)

Dresden. Konkret geht es um die Brücke zwischen der Kreuzung Hermann-Mende-Straße und der Kreuzung Magazinstraße. Dass es mit dem Bauwerk Probleme gibt, ist der Stadtverwaltung lange bekannt.

Da wegen der Baufälligkeit immer mehr vom bisherigen Straßenraum abgesperrt werden muss, bisher aber nichts zur Sanierung getan wurde, fürchtet FDP-Fraktionschef Holger Zastrow einen Totalausfall für die Königsbrücker Straße - von einer Sperrung wäre auch die Straßenbahn betroffen.

Immer mehr Absperrungen an der Brücke

Seit Jahren ist bekannt, dass die Brücke dringend einer Sanierung bedarf. Im Jahr 2018 tauchte erstmals eine Haushaltsposition dafür auf. Das bedeutet, die Verwaltung hat Geld eingeplant, um die notwendigen Arbeiten zu planen und irgendwann auszuschreiben.

In der Zeit wurde immer mehr von den Fahrbahnen abgesperrt, aus Sicherheitsgründen. Nun sind für dieses und das kommende Jahr jeweils 100.000 Euro zur "Vorbereitung" eingeplant. Diese Summe reicht selbstverständlich nicht für die notwendigen Bauarbeiten. Dazu wurde die Sperrfläche auf der Brücke über die Bahnanlagen vor wenigen Wochen vergrößert, der Zustand des Bauwerks scheint sich zuzuspitzen und stadtauswärts müssen alle Autos auf eine Spur.

Über die Brücke der Königsbrücker Straße nach der Kreuzung Hermann-Mende-Straße fahren auch Straßenbahnen, sie droht einzubrechen, deshalb soll eine neue Brücke gebaut werden.
Über die Brücke der Königsbrücker Straße nach der Kreuzung Hermann-Mende-Straße fahren auch Straßenbahnen, sie droht einzubrechen, deshalb soll eine neue Brücke gebaut werden. © René Meinig

Brücke an der Königsbrücker Straße kann spontan versagen

Die Antworten von Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) auf Anfrage von Zastrow erklären den Zustand. Demnach wurden die drei sogenannten Überbauten der Brücke zwischen 1979 und 1984 errichtet. Dabei wurden spezielle Spannglieder aus ölschlussvergütetem Spannstahl aus dem Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf verbaut. Für diese besteht laut Kühn die Gefahr von Spannungsrisskorrosion - sie drohen also zu verrosten.

"Bei diesem Prozess handelt es sich um einen zeitabhängigen Vorgang, der zu einer Reduzierung der Duktilität und Widerstandskraft des Spannstahls führt und im Ergebnis ein sprödes und schlagartiges Versagen der Spannstahlbewehrung zur Folge haben kann", so Kühn. "Ob in der Folge ein Bauwerksversagen eintritt, hängt maßgeblich von der Menge der zusätzlich im Bauwerk vorhandenen schlaffen Stabstahlbewehrung ab." Entweder bilden sich Risse und der Einsturz kündigt sich an oder das Material versagt einfach "spontan".

Gutachter: verbleibende Zeit nicht vorhersagbar

Deshalb hat die Stadt Gutachten erstellen lassen, um herauszubekommen, ob abschätzbar ist, wie lange die Brücke voraussichtlich noch halten wird. Laut Kühn haben diese ergeben, dass es nicht möglich ist, vorherzusagen, wie lange die Teile noch halten.

"Ein rechnerischer Nachweis der Resttragfähigkeit ist damit leider nicht möglich", so Kühn. "Deshalb wird derzeit ein Ersatzneubau der Brücke geplant."

Was die Stadt nun macht

Da bis zur Fertigstellung die Verkehrssicherheit für die Bundesstraße Königsbrücker Straße und die Straßenbahn-Strecke der Dresdner Verkehrsbetriebe sowie für den Eisenbahnverkehr gewährleistet sein muss, wird fleißig gemessen und immer mehr von der Fahrbahn gesperrt. An allen drei Überbauten wird ein "Schallemissionsmonitoring mit begleitender Dehnungsmessung über faseroptische Sensoren" durchgeführt.

Über das Monitoring können zukünftig Brüche der Spanndrähte lokalisiert werden. "Die Dehnungsmessungen lassen auf den Steifigkeitsverlust schließen, den die Überbauten bisher durch einen eventuellen Verlust an Spannstahlquerschnitt erlitten haben und sorgen dafür, dass Risse bereits vor der Sichtbarkeit an der Oberfläche detektiert werden", erläutert Kühn.

Weshalb die Fahrspuren gesperrt wurden

Um die Brücke zu entlasten hat die Stadt entschieden, dass auf der Strecke keine Schwerlasttransporte mehr fahren dürfen und die Fahrspuren für den übrigen Verkehr reduziert werden. "Um den Abstand der Spannstahlspannungen unter Betriebslasten zur Bruchspannung zu vergrößern", erklärt Bürgermeister Kühn.

"Die angeordnete Reduzierung der Fahrspuren ist allein dem Zustand der Überbauten und der Notwendigkeit geschuldet, das Bauwerk bis zur Fertigstellung des Ersatzneubaus möglichst ohne gravierende Reduzierung der zulässigen Gesamttonnage der Fahrzeuge unter Verkehr zu halten." Es handle sich bei dem Abschnitt um keinen bekannten Verkehrsunfallschwerpunkt.

Neue Brücke wird nicht vor 2027 begonnen

Trotz des desolaten Zustandes passiert sonst aber nicht viel in den kommenden Jahren. Laut mittelfristiger Finanzplanung der Stadt wird frühestens 2027 mit dem Ersatzneubau begonnen, der nach derzeitigen Schätzung knapp acht Millionen Euro kostet. Anfragen zu dem Thema ließ die Stadt unbeantwortet.

Zastrow: "Bei mir schrillen die Alarmglocken"

Zastrow sagt, er sei fassungslos. "Das ist die Verbindung in den Dresdner Norden und die Hauptverbindung zur gesamten Chip-Industrie." Er könne nicht nachvollziehen, dass man in der Verwaltung spätestens seit 2018 von dem Problem weiß, aber es nicht löst.

"Brücken sind in Dresden ein einziges Missverständnis - das Blaue Wunder, die Albertbrücke, die Nossener Brücke und auch die Prießnitzbrücke - überall läuft es schief." Er fordert, dass hier schnell gehandelt wird. "Bei mir schrillen die Alarmglocken - wollen wir einen totalen Verkehrskollaps im Dresdner Norden? Wir laufen auf ein riesiges Verkehrsproblem für Dresden zu."